Pönitz. Sie haben Kickbox-Techniken kennengelernt, Videos gedreht, Comics gezeichnet und einer 95-jährigen Zeitzeugin zugehört: Die Schülerinnen und Schüler der Grund- und Gemeinschaftsschule (GGS) Pönitz waren während der Toleranztage gefordert. Jetzt trägt die Schule den Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ – auch als Ansporn, den Einsatz gegen Diskriminierung fortzusetzen.
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„Mein Vater wurde in der Haft gefoltert und erhielt Berufsverbot. Meine kleine Schwester wurde ermordet.“ Ruhig und freundlich berichtete die Hamburgerin Antje Kosemund, Jahrgang 1928, den 45 Neuntklässlern der Pönitzer Schule vom Terror, den ihre Familie während der Nazi-Zeit erlitt. Antje Kosemund stammt aus einer Familie „linker Sozialdemokraten“, wie sie sagt, deren Mitglieder sich im antifaschistischen Kampfbund engagierten.
Die kleine Schwester ist ermordet worden
Die kleine Schwester Irma sei entwicklungsverzögert gewesen, berichtete Antje Kosemund. Sie wurde früh der Familie entrissen, nach Wien deportiert und dort schließlich getötet. Erst 1996 konnte Antje Kosemund die sterblichen Überreste Irmas – deren präpariertes Gehirn – auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg beisetzen lassen. Viele Zeitzeugen gibt es nicht mehr, die jungen Menschen von derlei Schicksalen berichten können. Umso wichtiger war es Andrea Rönnfeldt, die 95-Jährige an die Schule in Pönitz zu holen: „Wir sind sehr dankbar dafür, dass sie hier ist.“
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Einem anderen Programm widmeten sich Fünftklässler in der Sporthalle. „Wie macht man eine richtige Faust?“, fragt Tjorben Kasch, Kickbox-Europameister vom Verein Baltic Warriors in Hutzfeld. Die Mädchen und Jungen bemühten sich, boxten ihren Trainingspartnern gegen die flachen Hände. Groß war der Jubel, als Kasch demonstrierte, wie er einen Menschen – in diesem Fall Sportlehrer Kido-Sun Chung – mit einem Tritt umwerfen kann. „Es geht dabei vor allem um Selbstbehauptung“, betont Klassenlehrer Moritz Meyer, „und darum, wie man sich passiv schützen kann.“
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Jetzt trägt die Grund- und Gemeinschaftsschule mit Oberstufe Pönitz den Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ und gehört damit zu einem bundesweiten Netzwerk. Mindestens 70 Prozent aller Menschen, die an einer Schule arbeiten und lernen, müssen für diesen Titel einer Selbstverpflichtung zustimmen: Sie verpflichten sich, gegen jede Form von Diskriminierung einzutreten. Insgesamt 4300 Schulen gehören dem Netzwerk an.
LN