Hoffnung auf Baerbock: Feministische Außenpolitik? Im Iran schießen Polizisten gezielt auf Augen iranischer Frauen
Dienstag, 05.03.2024, 12:19
Der gesellschaftliche iranische Widerstand gegen das Mullah-Regime hatte große Hoffnung in die feministische Außenpolitik von Annalena Baerbock gesetzt. Doch bislang kämpfen die mutigen Demonstrantinnen im Iran allein und opfern im Sinne der Freiheit sogar ihr Augenlicht.
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Die Rufe „Frau-Leben-Freiheit“ bedrängen zunehmend das iranische Mullah-Regime
Bereits drei Mal sind die Iraner in Massenprotesten auf die Straßen gegangen, in 2017, 2019 und 2022. Die islamische Republik steht in einer massiven Krise innerhalb ihrer Gesellschaft, denn die Proteste entwickeln sich zunehmend zu einer Widerstandsbewegung, die von Frauen angeführt wird. Dem schließen sich Minderheiten und vor allem eine desillusionierte iranische Jugend an. Mit dem Ruf „Frau – Leben – Freiheit“ fordern sie den Wechsel des Mullah-Regimes.
Vor zwei Jahren war es insbesondere der Tod der 22-jährigen Mahsa Amini, die von der iranischen Sittenpolizei verhaftet worden war, der die Straßenproteste entzündete. Doch die Glut ist nicht erloschen, die Form der Proteste hat sich lediglich in einen weiter verbreiteten zivilen Ungehorsam verwandelt. Frauen legen in aller Öffentlichkeit die Verschleierung ab, die als ein Druckmittel der Iranischen Republik gelten und fordern demokratische Mitbestimmungsrechte.
Über den Experten Shams Ul Haq
Shams Ul Haq, gebürtiger Pakistaner, begann seine journalistische Karriere im Jahre 2007 mit einem Interview mit Benazir Bhutto. Seitdem ist er als freier Journalist mit Fokus auf den Mittleren Osten tätig. Er arbeitet(e) unter anderem für FOCUS, ZDF, FAZ, Table.Media und The Nation. Der Terrorismus-Experte recherchiert auch investigativ in Flüchtlingsunterkünften (Buch:
Eine ihrer bekanntesten Vertreterinnen ist die in den USA lebende iranische Aktivistin Masih Alinejad. Sie fordert, dass gesamte System der Islamischen Republik als Terrororganisation zu brandmarken, da sie einen Krieg gegen die Demokratie führen. „Der Westen muss sich entscheiden, ob er die Islamische Republik unterstützen will, oder ob er Unterstützer der iranischen Bevölkerung sein will, die dieses Regime loswerden will. Wir können diesen Kampf nur gewinnen, wenn die Demokratien sich gegen die Autokratien vereinigen. Erstens durch die Ächtung als Terrororganisation und Zweitens durch die Klassifizierung als ein System der Gender-Apartheit.“
Die Hoffnung auf Deutschlands feministische Außenpolitik
Der Antritt der Grünen-Politikerin Annalena Baerbock als deutsche Ministerin und ihre öffentlichkeitswirksame Verkündung einer feministischen Außenpolitik hat nicht nur bei der iranischen Auslandsopposition Hoffnungen geweckt. Alinejad sagt: „Die deutsche Außenpolitik steht für Feminismus, also sollten sie hier auch die Führung übernehmen. Sie können die Vereinten Nationen auffordern, den Iran als Gender-Apartheit zu klassifizieren, denn die Islamische Republik ist gegen Frauen. Wenn die deutsche Politik die iranischen Frauen unterstützt, werden weniger Menschen leiden.“
Des Weiteren könnte die deutsche Politik ihre Handelspartner auffordern, den Handel mit der Islamischen Republik komplett einzustellen, zumindest solange bis die politischen Gefangenen in Freiheit sind, bis alle Zweistaatler, also zum Beispiel Iraner mit einem deutschen Pass, aus den Gefängnissen entlassen wurden.
Das iranische Regierung, die Alinejad als Dronenlieferant für Russland und einen der größten Sponsoren für terroristische Strukturen wie die Hamas, die Hisbollah, oder die Huthi-Rebellen im Jemen bezeichnet, reagiert auf die Proteste der Frauen mit perfider Brutalität. Sie weist Ihre Sicherheitskräfte an, auf die Augen der unbewaffneten Frauen zu schießen.
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Wenn Polizisten gezielt auf die Augen schießen
Eine Methode zur Verbreitung von Angst und Schrecken bei den gewaltlosen Protesten sind die Schüsse von Gummigeschossen oder auch Metallkugeln aus kurzer Distanz. Das Ziel sind die Augen. Bei den Demonstrationen auf dem Tahrir-Platz gab es 2011 bei den ägyptischen Sicherheitskräften sogenannte „Augenjäger“, auch bei den Demonstrationen gegen die chilenische Regierung im Jahr 2019 kam es zu mehr als 300 solcher gezielter Augenverletzungen.
Frauen wie die Iranerin Kosa Eftekhari rennen trotzdem in die Straßen, blicken in die Gewehrmündungen und verlieren ihr Augenlicht. Warum? “Weil wir nichts mehr zu verlieren haben. Freiheit kommt nicht umsonst. Für sie und für Millionen anderer Iraner.“ Diese mutigen Frauen tragen ihre Augenklappe mit Würde.
Auch wenn die Islamische Republik oder Russland dafür bekannt sind, ihre Dissidenten zu vergiften oder ihre Oppositionellen selbst in Ländern wie Deutschland, Großbritannien, Belgien umzubringen, ist der Kampfwille von Masih Alinejad ungebrochen:
„Wir haben keine Angst um unser eigenes Leben, aber es macht uns Angst zu sehen, dass ein so barbarisches Regime Frauen festsetzen, sie umbringen oder vergewaltigen kann und trotzdem an der Macht bleibt. Und dass die deutsche Regierung diesem Regime die Hand schüttelt, die französische Regierung ihnen die Hand schüttelt, die Regierung der Niederlande, Schweden, die ganze Welt. Das macht uns Angst. Der Westen versteht nicht, dass dieses Regime seine eigenen Bürger im Iran umbringt, und dass sie ihre Ideologie weiterverbreiten. Der Islamismus wird die ganze Welt infizieren. Das macht wirklich Angst.“
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Dieser Text stammt von einem Expert aus dem FOCUS online EXPERTS Circle. Unsere Experts verfügen über hohes Fachwissen in ihrem Themenbereich und sind nicht Teil der Redaktion. Mehr erfahren.
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