München – Es gibt mal wieder eine spannende Personaldebatte im Münchner Rathaus: Die Amtszeit von Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner endet im Februar. Dass der CSUler wiedergewählt wird, gilt als ausgeschlossen. Denn diesmal darf die SPD jemanden für den Posten vorschlagen. Wen – das wollen Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und SPD-Chef Christian Köning am Dienstagvormittag bei einer Pressekonferenz bekannt geben.

Doch schon am Montag zeichnete sich ab, wer Baumgärtner in seinem Amt beerben könnte: der Ingolstädter Oberbürgermeister Christian Scharpf (SPD). Darüber hatte kürzlich zunächst der “Münchner Merkur” spekuliert. Die AZ hörte am Montag von mehreren SPDlern, dass Scharpf tatsächlich gute Aussichten habe.

Scharpf hat schon für Münchens Ex-OB Ude gearbeitet

Er ist Jurist und arbeitete viele Jahre für das Münchner Rathaus. Zum Beispiel war er von 2010 bis 2012 persönlicher Mitarbeiter des damaligen Oberbürgermeisters Christian Ude. Auch für OB Dieter Reiter arbeitete er im Direktorium, bis er 2020 die Wahl in Ingolstadt, seiner Heimat, gewann.

Von dort hört die AZ, dass sich mit Scharpf im Ingolstädter Rathaus Stil und Ton zum Positiven verändert habe. Scharpf habe vieles angestoßen, was sich zwar nicht so einfach mit zwei, drei Wörtern auf Wahlplakate drucken lässt, aber überfällig gewesen sei. Zum Beispiel, dass Ingolstadt Anteile seiner Stadtwerke zurückkaufte.

Die nächste OB-Wahl in Ingolstadt ist – so wie in München – 2026. Würde Scharpf in München als Wirtschaftsreferent anfangen, müsste er sein Amt vorzeitig niederlegen. Der OB der 140.000-Einwohner-Stadt müsste sich dann also daran gewöhnen, wieder derjenige zu sein, der Weisungen erhält. Zumindest erst einmal.

Ob Reiter bis zum Ende der Amtszeit weitermacht?

Auch Dieter Reiter (SPD) war, bevor er OB wurde, Wirtschaftsreferent. Chef der Wiesn zu sein, verschafft einem Aufmerksamkeit – und die kann freilich nicht schaden. Zumal nicht ausgemacht ist, wie lange Dieter Reiter wirklich Münchner OB bleibt. Zwar hat er angekündigt, 2026 erneut zu kandidieren. Und freilich sind die Chancen eines Amtsinhabers immer hoch. Doch ob der heute 66-Jährige bis zum Ende seiner Amtszeit bleibt?

Aus den SPD-Kreisen, mit denen die AZ gesprochen hat, mag niemand bestätigen, dass es Absprachen gibt, dass Scharpf etwa zur Hälfte der Amtszeit übernimmt. “Bis dahin fließt noch viel Wasser die Isar hinunter”, sagt einer, der viel zu sagen hat im Rathaus.

Doch zumindest bestätigt er, dass die Idee, Scharpf für das Wirtschaftsreferat vorzuschlagen, von Dieter Reiter ausgegangen sei. Und nicht so sehr von seiner Partei. Innerhalb der Münchner SPD soll Scharpf nicht mehr sonderlich bekannt sein. Schließlich hat er (zumindest beruflich) München 2020 verlassen. Zum gleichen Zeitpunkt zog bei der Kommunalwahl eine neue Generation der SPD ins Rathaus ein.

Womöglich wäre so manchen ein anderer lieber 

Womöglich wäre der ein anderer Kandidat lieber gewesen: Florian Schardt (42). Er trat bei der Landtagswahl für die SPD im nördlichen Münchner Umland an und war Chef der SPD im Landkreis. Schardt ist Unternehmer, hat unter anderem ein Start-up gegründet, das Jugendliche und Ausbildungsbetriebe zusammenbringt.co

Florian Schardt ist Unternehmer. Und bei der SPD.
Florian Schardt ist Unternehmer. Und bei der SPD.
© IHK München und Oberbayern
Florian Schardt ist Unternehmer. Und bei der SPD.

von IHK München und Oberbayern

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Vertreter des Wirtschaftsforums der Sozialdemokratie in München seien Anfang des Jahres auf ihn zugekommen mit der Anfrage, ob er sich das Amt nicht vorstellen könne, erzählt Schardt am Telefon. Und das konnte er. Die Vorstellung, dass mal ein Unternehmer mit dem Blick der Wirtschaft den Sprung in eine Verwaltung schafft, habe ihm gefallen. Schließlich passiere das selten.

Schardt ist auch Vizepräsident der IHK für München und Oberbayern. Und das sei wiederum selten für einen Sozialdemokraten. Aber relativ schnell habe er auch mitbekommen, dass sich die Entscheidung der SPD in eine andere Richtung entwickeln könnte.

Scharpfs Kinder und seine Frau leben in München 

Nämlich hin zu Christian Scharpf. Ihn könnte, heißt es, nicht nur die Aussicht, als Wirtschaftsreferent die Chancen auf den Chefsessel im Rathaus zu erhöhen, umtreiben. Sondern auch Privates: Seine Frau und seine vier Kinder leben in München.

Natürlich hätte die AZ gerne mit Christian Scharpf über all diese Gerüchte gesprochen. Allerdings teilte er der AZ mit, dass er sich derzeit nicht äußern werde. Ein “Nein” ist das nicht. Und in Ingolstadt findet so mancher: “Wenn er eindeutig hinter der Stadt stehen würde, fiele die Antwort klarer aus.”

Aber was, wenn Scharpf doch in Ingolstadt Chef bleiben mag – anstatt neben vielen anderen in München auf der Referentenbank Platz zu nehmen? Dann könnte womöglich Personalreferent Andreas Mickisch (SPD) ins Wirtschaftsreferat wechseln, heißt es. Und dann wäre plötzlich er auf einem aussichtsreichen Posten für eine der nächsten Wahlen.





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