Kurz vor dem CDU-Parteitag hat Präsidiumsmitglied Jens Spahn für einen selbstbewussten Kurs geworben, um bei einer künftigen Regierungsbildung ohne SPD und Grüne auszukommen. «Wir wollen eine bürgerliche Politik, eine Politik, die Leistung wertschätzt, die wertebasiert ist, die auf Marktwirtschaft setzt. Und die geht nun mal mit Grünen und SPD schlecht. Das sind immer Kompromisse nach links», sagte Spahn der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Bei der am Montag anstehenden ersten Wiederwahl von Parteichef Friedrich Merz rechne er «mit einem starken Ergebnis, mit viel Rückenwind und Unterstützung» für den Vorsitzenden.
Die Union müsse bei der Bundestagswahl mit fünf, maximal zehn konkreten Punkten antreten, forderte Spahn. Es gehe um Steuerentlastungen, die Abschaffung des Bürgergeldes, das Rückabwickeln des Heizungsgesetzes und die Begrenzung irregulärer Migration. «Wir müssen antreten mit diesen klaren Positionen, von denen klar ist, wenn wir regieren, kommen die auch genau so.» Wenn die Union in Verantwortung kommen sollte und ihre wichtigsten Punkte nicht durchsetze, «war das möglicherweise der letzte Schuss der demokratischen Mitte». Die Ansage müsse sein: «Keine Koalition, ohne dass diese Punkte umgesetzt sind.»
Spahn nannte den Parteitag eine Zwischenetappe auf dem Weg zur Bundestagswahl im nächsten Jahr. «Dass wir überhaupt wieder so stark sind, hat viel mit Friedrich Merz zu tun.» In Umfragen liegen CDU/CSU seit langem trotz viel Kritik an der Ampel-Regierung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) bei 30 Prozent, bei Allensbach auf 32,5 Prozent. Bei der Wahl 2021 hatte die Union nur 24,1 Prozent erreicht. Der CDU-Politiker unterstrich: «Mit dem neuen Grundsatzprogramm läuten wir im Grunde eine neue christlich-demokratische Ära ein. Das wird das Signal des Parteitages sein.»
«CDU-Chef immer auch ein natürlicher Kanzlerkandidat»
Zur Frage, ob ein sehr gutes Ergebnis für Merz bei dessen Wiederwahl auch eine Vorentscheidung bei der Suche nach einem Kanzlerkandidaten sei, antwortete Spahn, Merz und CSU-Chef Markus Söder würden im Herbst gemeinsam einen Vorschlag machen. «Aber natürlich ist ein CDU-Vorsitzender immer auch ein natürlicher Kanzlerkandidat», fügte er hinzu. Neben Merz gelten auch Söder und der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst als mögliche Unions-Kanzlerkandidaten.
Auf die Frage, ob er in der Auseinandersetzung um die K-Frage mit ähnlichen Sticheleien Söders gegen Merz wie im Jahr 2021 gegen den damaligen CDU-Chef Armin Laschet rechne, sagte Spahn: «Jeder, den ich in Bayern und in Deutschland kenne in der Union, will, dass wir nächstes Jahr die Wahl gewinnen, dass wir die Ampel ablösen. Und jeder wird dabei mithelfen. Auch Markus Söder, da bin ich ganz sicher.» Alle in der Führung der Union wollten den gemeinsamen Erfolg. «Wir wollen ab 2025 wieder den Kanzler stellen. Das muss der Korpsgeist sein. Und jeder, der nicht mithilft, dass das rüberkommt, der wird ein paar Fragen beantworten müssen.»
Seitenhieb auf Scholz
Auf die Frage, ob es ein Nachteil sei, dass Merz keine Regierungserfahrung vorweisen könne, entgegnete Spahn: «Er kann auf einen breiten politischen und wirtschaftlichen Erfahrungsschatz zurückgreifen.» Merz führe zudem die größte Oppositionsfraktion und -partei. «Man sieht übrigens an Olaf Scholz, dass selbst Regierungserfahrung als Hamburger Bürgermeister, also als Ministerpräsident, und Finanzminister nicht unbedingt einen guten Bundeskanzler macht.»
«Grüne müssen sich ziemlich verändern»
Mit Blick auf mögliche Machtoptionen der Union nach der Bundestagswahl 2025 sieht Spahn eine Zusammenarbeit mit den Grünen wie auch mit der SPD skeptisch. «Mit diesen Bundes-Grünen, die sich so reideologisieren, sehe ich aktuell nicht, wie eine Zusammenarbeit funktionieren soll», sagte er etwas mit Blick auf den Atomausstieg. Spahn ergänzte: «Wenn die Grünen wieder koalitionsfähig werden wollen, müssen sie sich ziemlich verändern.»
Er werbe dafür, «dass wir rauskommen aus dieser Logik, dass wir immer zuerst an SPD und Grüne denken, wenn es ums Regieren geht», betonte Spahn. «Wir als CDU/CSU müssen so stark werden, dass wir ohne SPD und Grüne regieren können und so stark werden, dass wir eben auch Vertrauen zurückgewinnen können von denjenigen, die aus Frust möglicherweise AfD wählen wollen.» Wer AfD wähle, mache eine Koalition nach links wahrscheinlicher.
Auf die Frage, dass dann nur die FDP als Partner bliebe, die in Umfragen aktuell um die fünf Prozent pendelt, sagte Spahn, bei der Wahl 2013 habe es eine ähnliche Ausgangslage gegeben. Damals flog die FDP aus dem Bundestag. Die Union habe die absolute Mehrheit mit 41,5 Prozent nur um fünf Mandate verfehlt. Dies zeige ihm, dass eine solche Konstellation wieder machbar sei. Er rechne aber nicht damit, dass der Parteitag über Koalitionsfragen diskutiere. Es gehe um eigene Stärke und eigenes Profil. «Koalitionswahlkämpfe führt man schon gar nicht in der Opposition.»
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Kurz vor dem CDU-Parteitag hat Präsidiumsmitglied Jens Spahn für einen selbstbewussten Kurs geworben, um bei einer künftigen Regierungsbildung ohne SPD und Grüne auszukommen. «Wir wollen eine bürgerliche Politik, eine Politik, die Leistung wertschätzt, die wertebasiert ist, die auf Marktwirtschaft setzt. Und die geht nun mal mit Grünen und SPD schlecht. Das sind immer Kompromisse nach links», sagte Spahn der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Bei der am Montag anstehenden ersten Wiederwahl von Parteichef Friedrich Merz rechne er «mit einem starken Ergebnis, mit viel Rückenwind und Unterstützung» für den Vorsitzenden.