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Organspenderegister: So werden Sie online zum Organspender


Ab heute kann jeder seine Haltung zur Organspende in einer Onlinedatenbank eintragen. Wer hat darauf Zugriff? Und kann man sich umentscheiden? Die wichtigsten Antworten



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Organspenderegister

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Organspenderegister: Ja oder Nein? Die meisten Deutschen befürworten eine Organspende. Doch die wenigsten halten es offiziell fest. Das soll ein Onlineregister ändern.
Ja oder Nein? Die meisten Deutschen befürworten eine Organspende. Doch die wenigsten halten es offiziell fest. Das soll ein Onlineregister ändern.
© Hauke-Christian Dittrich/​dpa

In Deutschland warten derzeit etwa 8.400 Menschen auf ein neues Organ. Gleichzeitig liegt die Bundesrepublik bei der Zahl der Organspender auf den hinteren Rängen der Tabelle. Nach langem Vorlauf soll von diesem Montag an das digitale Organspenderegister seine Arbeit in Deutschland aufnehmen. Politik und Gesundheitswesen erhoffen sich dadurch mehr Klarheit bei der Frage, ob Bürgerinnen und Bürger für oder gegen eine Organspende sind. Transplantationsmediziner hoffen, dass Gespräche mit Angehörigen über eine Organspende einfacher werden. Ist eine Anmeldung im Register Pflicht? Wer hat darauf Zugriff? Und kann man sich auch wieder abmelden? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick

Alle Fragen im Überblick:

Wozu dient dieses Register?

In Deutschland gibt es bereits mehrere Möglichkeiten, sich für oder gegen eine Organspende zu entscheiden: Neben einer mündlichen Erklärung können Bürgerinnen und Bürger ihre Entscheidung schriftlich – in Form einer Patientenverfügung oder eines Organspendeausweises – festhalten. Nun soll dies um eine digitale Möglichkeit erweitert werden: das Organspenderegister.

Viele Kliniken machen die Erfahrung, dass Menschen, die als Organspender infrage kommen, sich nicht vorher für oder gegen eine Spende entschieden haben. Auch viele Angehörige fühlen sich in einem solchen Fall überfordert und entscheiden sich deshalb gegen eine Transplantation. Das digitale Spendenregister soll helfen, dass möglichst viele ihre Haltung zur Organspende klar dokumentieren und damit auch Entscheidungswege verkürzen.

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Ist eine Anmeldung Pflicht?

Nein, ähnlich wie der Organspendeausweis oder die Patientenverfügung ist das Verfahren freiwillig und kostenlos. Möglich ist die Anmeldung für Personen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr – ein Widerspruch gegen eine Spende kann bereits mit Vollendung des 14. Lebensjahres hinterlegt werden. 

Sowohl für das Eintragen als auch für das Abrufen der Erklärungen sind digitale Authentifizierungsverfahren vorgesehen. Voraussetzung ist etwa ein Personalausweis mit Onlinefunktion und Pin (eID).

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Wer hat Zugriff auf die Daten?

Die Entscheidung für oder gegen eine Organ- und Gewebespende wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) dokumentiert. Auch die Daten für den Organspendeausweis, die Patientenverfügung oder die elektronische Patientenakte werden dort bereits gesammelt.

Die Daten vom Onlineregister sind allerdings nicht sofort abrufbar. Von diesem Montag an ist es möglich, von zu Hause aus seine Haltung in dem Register zu dokumentieren. Erst in einem zweiten Schritt ist geplant, dass Kliniken, die Organe entnehmen, im Register hinterlegte Erklärungen suchen und abrufen können. Die Krankenhäuser müssen dafür aus Datenschutzgründen Personen benennen, die Zugang zum Register bekommen. 

Eine Abfrage ist ausschließlich dann zulässig, wenn der Tod eines möglichen Organspenders festgestellt worden ist, unmittelbar bevorsteht oder als bereits eingetreten vermutet wird. Bis zum 1. Juli müssen alle Entnahmekrankenhäuser an das Register angebunden sein und abrufberechtigte Personen (Ärztinnen und Ärzte, pflegerische Transplantationsbeauftragte) benannt haben.

Spätestens bis zum 30. September erhalten Versicherte dann eine weitere Möglichkeit des Zugangs zum Register. Dann soll es möglich sein, dass sie Erklärungen auch direkt mithilfe ihrer GesundheitsID eintragen können. Diese sogenannte digitale Identität erhält man über Krankenkassen-Apps und die elektronische Patientenakte.

Für Gewebespenden gibt es eine Ausnahme, da diese in Deutschland dezentral organisiert sind. Es gibt also viel mehr Einrichtungen – auch außerklinische. Für sie müssen erst organisatorische und rechtliche Voraussetzungen geschaffen werden. Deshalb werden die behördlich zugelassenen Gewebeeinrichtungen bis zum 1. Januar 2025 an das Register angebunden.

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Welche Regelung gilt überhaupt bei der Organspende?

In Deutschland gilt derzeit eine Abwandlung der sogenannten erweiterten Zustimmungslösung. Das bedeutet, dass eine Organ- oder Gewebeentnahme nur dann möglich ist, wenn die verstorbene Person dieser zu Lebzeiten zugestimmt hat. Der Unterschied zur Zustimmungslösung besteht darin, dass es gesetzlich vorgeschrieben ist, Bürgerinnen und Bürger regelmäßig ergebnisoffen und neutral über die Möglichkeit der Organ- und Gewebespende zu informieren. Damit sollen sie dazu ermutigt werden, eine Entscheidung zu treffen.

Man ist nicht gezwungen, sich zu Lebzeiten für oder gegen eine Organspende zu entscheiden. Hat sich die verstorbene Person aber nicht aktiv entschieden, müssen dies die Hinterbliebenen übernehmen.

Bei einer Widerspruchslösung, die etwa Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach fordert, wäre jeder Bürger ein potenzieller Organspender – außer, er hat ausdrücklich widersprochen. Dies gilt unter anderem in Schweden, Finnland und Kroatien.

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Wie viele Spender gibt es jährlich?

Laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation haben im vergangenen Jahr insgesamt 965 Menschen nach ihrem Tod ein oder mehrere Organe gespendet. Das sind zwar mehr als noch 2022, als es nur 869 Organspender gab.

Doch das reicht bei Weitem nicht aus: In Deutschland warten derzeit etwa 8.400 Menschen auf ein neues Organ. Die meisten von ihnen warten auf eine Spenderniere. Gleichzeitig liegt Deutschland im internationalen Bereich bei der Zahl der Organspender auf den hinteren Rängen der Tabelle.

“Die Lücke zwischen Spendern und Empfängern ist weiterhin viel zu groß”, sagt der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH), Thomas Schmitz-Rixen. “Mit jedem Tag, der bis zur Transplantation vergeht, verschlechtert sich der Zustand der Betroffenen und damit auch ihre Chancen auf ein gutes Ergebnis.”

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Was sagen Experten über das Register?

“Viele Menschen sind zwar zur Organspende bereit, dokumentieren das aber nicht”, sagt Schmitz-Rixen. “Insofern ist diese Möglichkeit ein Fortschritt.” Einen erheblichen Anstieg der Zahlen erwartet er allerdings nicht. “Nur weil nun etwas in ein Register eingetragen werden kann, erklären sich nicht automatisch mehr Menschen zur Organspende bereit”, sagte er. Er forderte eine verstärkte Aufklärung der Gesellschaft sowie die Einführung einer Widerspruchslösung bei der Organspende.

Die Etablierung eines Organspenderegisters sei grundsätzlich positiv zu bewerten, sagt auch Prof. Dr. Felix Braun, geschäftsführender Oberarzt und Transplantationsbeauftragter am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein. “Dieses ermöglicht, die Entscheidung über die Bereitschaft zur Organspende abzurufen.” Inwieweit das Register angenommen wird, bleibe abzuwarten. 

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisiert derweil den komplizierten Zugang zum Register. Ursprünglich war geplant, dass Bürger auch über die Bürgerämter der Kommunen unbürokratisch Zugriff erhalten sollten. Diese einfache Handhabung scheitert allerdings an der fehlenden technischen Ausstattung der Ämter und der unklaren Finanzierung. Vorstand Eugen Brysch verweist darauf, dass auch ältere Bürger ohne Internetwissen Zugang zum Register haben müssten.

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Haben andere europäische Länder ähnliche Register?

Ähnliche Register gibt es in mehreren EU-Ländern. In Dänemark wurde es 2010 eingeführt, bis Ende vergangenen Jahres waren dort 28 Prozent aller über 15-Jährigen registriert. Großbritannien führte bereits 1994 ein Organspenderegister ein, die Niederlande folgten 1998. Während in Großbritannien die Eintragung freiwillig ist, wurde sie in den Niederlanden verpflichtend. Eine britisch-niederländische Studie zeigte, dass sich nur etwas mehr als die Hälfte der Bevölkerung in das britische Register eintrug, während in den Niederlanden alle Personen registriert sind. Die Schweiz sperrte aufgrund der Anfälligkeit für Hackerangriffe 2022 ihr Register. Frühestens 2026 soll es einen neuen Versuch geben.

Einen Anstieg der Spenderzahlen in der Schweiz hat es durch das Register nicht gegeben. Auch in den Niederlanden stieg die Zahl der Spender nicht nennenswert.

Mit Material der Nachrichtenagenturen KNA und dpa

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