Sie sind wohl derzeit das begehrteste Objekt für viele Athleten und Sportler auf der ganzen Welt. Die bronzenen, silbernen und goldenen Medaillen für die in wenigen Monaten anstehenden Olympischen Sommerspiele werden von Juwelieren in der Pariser Münzprägeanstalt Monnaie de Paris gefertigt. In jedem Amulett ist in der Mitte ein Stück des stählernen Eiffelturms eingearbeitet, 18 Gramm schwer. Das Metall wurde bei früheren Renovierungen, so bewarb es das Olympische Komitee, entnommen und an einem “geheimen Ort” für die sportliche Auszeichnung aufbewahrt.

Die mehr als 1.150 Jahre alte Prägestätte verkauft normalerweise Gold- oder Silbermünzen und schmiedet staatliche Verdienstorden in ihrem Atelier direkt an der Seine. Und spätestens bis zum 26. Juli, dem Tag der olympischen Eröffnungsfeier, sollte sie auch die 5.084 Medaillen in der sechseckigen Form von Frankreichs geografischen Umrissen ausgeliefert haben. Doch dieser wichtige Auftrag könnte nun in Gefahr sein. Seit mehr als drei Wochen hat ein Teil der Belegschaft von Monnaie de Paris die Arbeit niedergelegt. Sie fordern mehr Gehalt. “Das bisherige Angebot für uns ist lächerlich gering”, sagt Etienne Coste von der Gewerkschaft CGT Finances und schnaubt dabei verächtlich in den Telefonhörer. “Ohne die Medaillen läuft bei Olympia nichts – und die Expertise der Angestellten ist seit vielen Jahren nicht honoriert worden.”

Angestellte mit 2.000 Euro Nettolohn sollten nur 50 Euro mehr erhalten. Das würde für viele Mitarbeiter gerade einmal die zuletzt gestiegenen Ausgaben für Strom decken, kritisiert der Gewerkschaftsvertreter. Auch fordert die CGT Finances für die Medaillenmacher eine Prämie von rund 2.000 Euro als Zulage vor den Spielen. Die Gespräche mit der Geschäftsführung von Monnaie de Paris sind zunächst ohne Ergebnis geblieben. Seit Donnerstag wird wieder verhandelt. Laut Coste sind die Medaillen zwar schon zugeschnitten, aber bei den meisten fehlten die Gravuren und die letzte Polierung, auch müssten sie noch in die eigens hergestellten Schatullen verpackt werden.

Branchenübergreifende Streikpause ist gescheitert

Die Medaillenmechaniker sind nicht die Einzigen, die vor den Olympischen Spielen mehr Geld und Prämien fordern. In dieser Woche hat die CGT, größte Gewerkschaft für staatliche Angestellte, einen möglichen Streik in den Sommermonaten angekündigt. Zuvor hatte bereits Force Ouvrière, die zweitgrößte Gewerkschaft im öffentlichen Dienst, ebenfalls mit einem Arbeitskampf gedroht. Zu den Streikenden könnten beispielsweise Angestellte in Krankenhäusern, Bauarbeiter, Zug- und Metroführerinnen, die Müllabfuhr, Erzieher und Polizisten zählen. Auch Angestellte des Eiffelturms, dem weltweit bekannten Wahrzeichen der Stadt, kämpfen nun um eine einmalige Prämie. 

Ihre Forderungen begründen die Gewerkschaften mit der häufig verhängten Urlaubssperre für den Ferienmonat August – und den damit verbundenen höheren Kosten für beispielsweise die Kinderbetreuung. Auch soll mehr Lohn für die zusätzlichen Belastungen durch die Spiele gezahlt werden. Um Geld allein geht es aber nicht. So sollen befristete Olympia-Jobs in dauerhafte Arbeitsverhältnisse umgewandelt werden. Außerdem sollten Angestellte zu Hause arbeiten und auch in der Hochphase Urlaubstage einlegen dürfen. Doch die Organisation sei chaotisch – noch immer wüssten viele Beamte nicht, wo und wie sie im Sommer arbeiten müssten, wer die Kinderbetreuung übernehmen könne.

Damit sind die französische Regierung und das Olympische Komitee darin gescheitert, eine branchenübergreifende Streikpause während der fünfwöchigen Olympiade und Paralympics zu erreichen. Noch vor wenigen Wochen sagte der Präsident des Organisationskomitees für die Olympischen und Paralympischen Spiele (Cojop) von Paris 2024, Tony Estanguet, er erhoffe sich für diesen Sommer einen sozialen Waffenstillstand. “Niemand soll das Fest verderben”, sagte er. Gleichzeitig verkündigte die Regierung, einige während der Olympischen Spiele arbeitenden öffentlichen Bediensteten Prämien in Höhe von 500, 1.000 oder sogar 1.500 Euro auszuzahlen. Offen blieb aber, wer diese beanspruchen kann.



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