Mehr Frauen in die Politik? Das wäre dringend nötig. Denn besonders auf kommunaler Ebene fehlt es an Frauen. Auch in den nordrhein-westfälischen Stadt- und Kreisparlamenten ist der Anteil an Frauen gemessen an der Gesamtzahl der Mandate gering. Dort ist aktuell nicht einmal jeder dritte Sitz weiblich besetzt. In den Großstädten liegt er mit 35 Prozent etwas höher als auf dem Land, wo der Frauenanteil lediglich 27 Prozent beträgt.
Die schwarz-grüne Landesregierung an Rhein und Ruhr strebt nun eine Änderung des Kommunalwahlgesetzes an – noch vor der nächsten Kommunalwahl im kommenden Jahr. Sie hat einen entsprechenden Antrag in den Landtag in Düsseldorf eingebracht. Allerdings ist dies eher eine freiwillige Absichtserklärung für Parteien und Wählergruppen. Sie sollen sich stärker bemühen, bei der Aufstellung von Wahlvorschlägen Geschlechterparität anzustreben.
Woran es liegt, dass Frauen in der Kommunalpolitik unterrepräsentiert sind, lässt sich nicht klar sagen. Einen entscheidenden Einfluss kommt indes den Parteien bei der Aufstellung der Wahlvorschläge zu. Die Grünen und die Linken in NRW etwa setzen auf Geschlechterparität bei der Besetzung ihrer Wahlvorschläge und Vorstandsposten.
nd.DieWoche – unser wöchentlicher Newsletter
Mit unserem wöchentlichen Newsletter nd.DieWoche schauen Sie auf die wichtigsten Themen der Woche und lesen die Highlights unserer Samstagsausgabe bereits am Freitag. Hier das kostenlose Abo holen.
Dennoch kann sich die Landesregierung nicht dazu durchringen, ein entsprechend verbindliches Gesetz zu schaffen. Weiterhin sollen Parteien und Wählergruppen selbst entscheiden, wie sie »das Ziel einer gleichberechtigten Teilhabe von Frauen in den Kommunalvertretungen erreichen möchten«, berichtet die »WAZ« unter Berufung auf die Landesregierung. Gegen verpflichtende Paritätsregelungen stehen Wahlvorschlagsfreiheit und Chancengleichheit; sie dürfen nicht eingeschränkt werden. Das betonen vor allem Liberale und Konservative.
Auch Juristen haben starke Bedenken. In Gesetze gehörten keine rechtlich unverbindlichen Appelle, schreibt etwa Rechtswissenschaftler Janbernd Oebbecke in einer Stellungnahme. Es müsse eine andere politische Form gewählt werden, meint er. Kritiker verweisen gerne auf andere Bundesländer. Der Blick nach Hessen, Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz offenbare, dass Geschlechter-Vorschriften kaum praktikabel seien und deren Einführung keinen deutlich höheren Frauenanteil in der Kommunalpolitik zur Folge hatte.
Andere bemängeln, die Arbeitsroutinen in der ehrenamtlichen Lokalpolitik sei für Frauen schwierig mit beruflichen und familiären Pflichten vereinbar. Frauen, die Vollzeit arbeiten und sich dazu um ihre Familie kümmern müssen, überlegten sich zweimal, ob sie für ein Mandat kandidierten. Im Durchschnitt übernehmen Frauen auch heute noch in Partnerschaften mehr Fürsorgearbeit als Männer.
Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft