Die DR Kongo erhält erstmals eine Regierungschefin. Judith Suminwa Tuluka ist eine langjährige Vertraute des Präsidenten Félix Tshisekedi.
BERLIN taz | Ein gutes Vierteljahr nach der Wiederwahl von Präsident Félix Tshisekedi bekommt die Demokratische Republik Kongo nun auch eine neue Regierung. Judith Suminwa Tuluka, bisher Planungsministerin, wurde am späten Montagabend zur neuen Premierministerin ernannt.
Suminwa ist die erste Frau auf einem so hohen Posten in dem 110 Millionen Einwohner zählenden Land und ihre Ernennung wird als neueste Großtat des Staatschefs bejubelt. Präsident Tshisekedi habe sich damit als „Champion der positiven Männlichkeit“ bewiesen, freute sich etwa Umweltministerin Eve Bazaiba, bisher die prominenteste Frau in Kongos Regierung, und bedankte sich bei Tshisekedi unterwürfig: „Dank Ihres politischen Willens findet mein Kampf zur Förderung der Frauenrechte einen Sinn.“
Die neue Regierungschefin muss nun ein neues Kabinett bilden – keine einfache Aufgabe. Schon ihre Ernennung dauerte sechs Wochen, nachdem Amtsvorgänger Sama Lukonde am 20. Februar seinen Rücktritt einreichte und die Regierung seitdem nur noch geschäftsführend im Amt gewesen ist. Die Sondierungsgespräche führte seitdem Augustin Kabuya, Generalsekretär von Tshisekedis Partei UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt), die seit den Wahlen 2023 die stärkste Kraft im Parlament ist.
Die UDPS hält zwar nur 70 von 500 Sitzen im Unterhaus des kongolesischen Parlaments, aber sie ist damit der größte Bestandteil von Tshisekedis Parteienbündnis USN (Heilige Union der Nation), dem rund 90 Prozent aller Abgeordneten angehören. Effektive Opposition gibt es in Kongos Institutionen kaum noch, nachdem Tshisekedis Amtsvorgänger Joseph Kabila mit seinen Verbündeten die Wahlen boykottierte und der Hauptoppositionelle Moïse Katumbi mit seinem Parteienbündnis Ensemble in den offiziellen Wahlergebnissen viel schlechter abschnitt als erwartet. Seine Anhänger führen das auf massive Wahlfälschung zurück.
Zunehmender Machtanspruch der Präsidentenpartei
Die UDPS rückt inzwischen Kabila und Katumbi in die Nähe der im Osten des Landes erstarkenden Rebellenbewegung M23 (Bewegung des 23. März) und reagiert auf Kritik zunehmend dünnhäutig. Dass nun die neue Premierministerin, anders als ihr Vorgänger, der UDPS angehört, zeugt vom zunehmenden Machtanspruch der Präsidentenpartei. Sie will in Tshisekedis zweiter Amtszeit freie Hand zum Durchregieren haben.
Die 56-jährige Suminwa überrascht dennoch, denn genannt wurden aus der UDPS zuvor immer andere Namen. Sie ist mit Präsident Félix Tshisekedi aus Brüssel befreundet, wo sie beide in den 1990er Jahren studierten. Nach dem Ende des Kongokrieges 2003 arbeitete sie zunächst beim UN-Entwicklungsprogramm UNDP, das damals Armutsbekämpfungsprogramme ausarbeitete. 2020 stieß sie in Tshisekedis Entourage vor, als stellvertretende Koordinatorin des „Präsidialen Komitees für strategische Wachsamkeit“, ein politisches Beratergremium.
2023 übernahm sie Kongos Planungsministerium, das Entwicklungspläne erstellt, eng mit dem UNDP kooperiert und erster Ansprechpartner ausländischer Geber in der Entwicklungszusammenarbeit ist. Von daher ist sie europäischen Partnern ein vertrautes Gesicht.
Wie weit Suminas Macht reichen wird, bleibt unklar. Innerhalb der UDPS dürfte ihr Aufstieg mehr Enttäuschte als Zufriedene hervorbringen. Ihr kurzer Draht zum Präsidenten dürfte ihr aber nützlich sein in einem eher informellen Regierungssystem, in dem die zentralen Entscheidungen im engsten Umfeld des Präsidenten fallen und Ministerien eher ausführende als gestaltende Organe sind.