Entdeckung auf Grönland: Neu entdeckte Riesenviren sollen jetzt die Eisschmelze bremsen

  • E-Mail

  • Teilen




  • Mehr
  • Twitter



  • Drucken



  • Fehler melden


    Sie haben einen Fehler gefunden?

    Bitte markieren Sie die entsprechenden Wörter im Text. Mit nur zwei Klicks melden Sie den Fehler der Redaktion.

    In der Pflanze steckt keine Gentechnik

    Aber keine Sorge:
    Gentechnish verändert

    sind die

Montag, 10.06.2024, 21:17

Die Eisschmelze in Grönland bedroht das weltweite Klima. Ein schwarzer Algenteppich auf dem Eis beschleunigt den Vorgang. Jetzt sollen neu entdeckte Riesenviren helfen.

30 Millionen Tonnen Eis schmelzen laut neuesten Erkenntnissen pro Stunde in Grönland. Erschreckende Zahlen, zumal so nicht nur der Lebensraum von Eisbären bedroht ist, sondern auch das Klima in Europa massiv von der Eismasse im Norden abhängt.

Denn durch das zusätzliche Schmelzwasser erhöht sich die Instabilität der Atmosphäre und beeinflusst die nordatlantischen Meeresströmungen. Die Folgen: Stärkere Temperaturschwankungen mit häufigeren Extremwetterereignissen, wärmere Sommer, Salzwasserintrusion ins Grundwasser und natürlich der Anstieg des Meeresspiegels. Obwohl ein Großteil des Eises ohnehin unter der Wasseroberfläche liegt, befürchten Fachleute, dass die Meere am Ende des möglicherweise auch über einige tausend Jahre andauernden Eisschmelzens stolze sieben Meter höher stehen würden als heute.

Grund genug, die Eisschmelze möglichst auszubremsen. Ein Ansatz ist die Bekämpfung eines schwarzen Algenfilms, der sich über Teile des grönländischen Eisschildes auszubreiten scheint und durch seine dunkle Färbung das wärmende Sonnenlicht aufnimmt, statt es zu reflektieren. Eine neuen Studie, angeführt von Laura Perini der Universität Aarhus in Dänemark, möchte nun einen potenziellen Helfer im Kampf gegen die Algen gefunden haben: Riesenviren.

FOCUS online Earth widmet sich der Klimakrise und ihrer Bewältigung.

Faktenzentriert. Fundiert. Konstruktiv.
Jeden
Freitag als Newsletter.

* Mit einem * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder

Mit Riesenviren gegen bedrohliche Gletscheralgen

Das zehnköpfige Forscherteam mit Beteiligten von Universitäten aus Dänemark, Deutschland, Österreich, der Schweiz und den USA berichtet davon, erstmals Riesenviren auch auf dem grönländischen Eisschild entdeckt zu haben. Was zunächst wie eine Bedrohung aus dem nächsten Marvel-Blockbuster klingt, ist tatsächlich ein Grund zur Freude.

Schließlich sind diese „Riesenviren“, die ihren Namen durch Bakterien-ähnliche Durchmesser von rund 2,5 Mikrometern erhalten, besonders hungrig auf die dunklen Schnee- und Gletschereisalgen von Grönland. Doktor Rey Mourot des GeoForschungsZentrum Potsdam (kurz: GFZ) war an der Studie beteiligt. Die Algen würden das Schmelzen der Gletscheroberfläche vielerorts um bis zu 30 Prozent beschleunigen, sagt Mourot zu FOCUS online Earth.

Besonders problematisch: Die durch die Schmelze entstandene Feuchtigkeit gefällt den Algen. „Da unser Planet wärmer wird, nimmt die Verfügbarkeit von flüssigem Wasser zu und Algen entwickeln sich noch stärker. Das schafft eine Rückkopplungsschleife, die zu einem schnellen Gletscherschmelzen führt“. Angesichts der schwerwiegenden Folgen des Gletscherschmelzens hätten diese Mikroalgen „dramatische Auswirkungen auf die Zukunft unseres Planeten“, mahnt Dr. Mourot.

Wirksamkeit noch weitestgehend unerforscht

Wie die Forschenden nun aber festgestellt haben, infizieren und töten Riesenviren eben diese Algen und bremsen so deren Verbreitung. Zumindest liegt diese Folgerung nahe. Ähnliche Riesenviren haben bereits zuvor Algen im Meer befallen, was nun auch mit den sogenannten Schnee- und Gletschereisalgen passiert.

In diesem Fall könnte sich der dunkle Algenteppich künftig zurückbilden und die Rückstrahlfähigkeit der Eisoberflächen wiederherstellen. Die Sonne würde vom Eis besser reflektiert und die Eisschmelze etwas verlangsamt werden. Sicher sind diese Erkenntnisse allerdings noch nicht und so, erzählt Mourot, „ist noch vieles über diese Riesenviren ein Rätsel“.

Auch Dr. Olaf Eisen, Professor für Glaziologie (die Wissenschaft von Eis und Schnee) an der Universität Bremen, zeigt sich gegenüber FOCUS Online Earth vorsichtig optimistisch: „Sollte man die Rückstrahleigenschaft der Oberfläche durch eine Reduzierung der Algen erhöhen können, würde es zu einer Verringerung der Schmelze kommen. Aber vermutlich nur in kleinerem Umfang“. Schließlich würde vor allem die Nässe der Oberfläche zur stärkeren Erwärmung beitragen, welche auch unabhängig von Algen geschehe.

+++ Keine Klima-News mehr verpassen – abonnieren Sie unseren WhatsApp-Kanal +++

„Die Nutzung dieser Viren ist sinnlos, wenn …“

Der tatsächliche Massenverlust der Gletscher in Grönland würde durch eine Populationskontrolle der Algen „nur in kleinem Maße verzögert, nicht aber kompensiert“ werden können. Um das Abschmelzen des grönländischen Eisschildes zu verlangsamen, müsse der Anteil der Treibhausgase in der Atmosphäre deutlich reduziert werden, so der Experte.

Obwohl sie von der Entdeckung ihres Teams begeistert sei, relativiert auch Mourot die Zukunftsaussichten der Riesenviren: „Die Nutzung dieser Viren […] ist sinnlos, wenn wir nicht die Kohlenstoffemissionen reduzieren und den globalen Temperaturanstieg stoppen“. Nichtsdestotrotz forsche Laura Perini, die leitende Wissenschaftlerin der Studie, weiter an den Wirkungen der Riesenviren – diesmal basierend auf Laborversuchen.

Die große Rettung für das schmelzende Grönlandeis ist von den Algenfressern trotzdem nicht zu erwarten. Denn solange wir nicht andere Katalysatoren wie Treibhausgase weltweit reduzieren, sieht Dr. Eisen in solchen Ansätzen allenfalls ein „symptomatische Therapie“.





Source link www.focus.de