Die Meldung vom 23. Juni 2023 war kurz, aber aussagekräftig genug, um Regierungen und Sicherheitsorgane überall auf der Welt aufhorchen zu lassen: »Jedes Schiff, dass durch die Straße von Hormus fährt, muss uns in Persisch über seine Nationalität, seine Fracht und sein Ziel informieren«, zitierte die staatliche iranische Nachrichtenagentur Irna Konteradmiral Alireza Tangsiri, den Oberbefehlshaber der Marine der Revolutionsgarden: »Falls wir diese Informationen nicht bekommen, werden wir das Schiff beschlagnahmen.«
Nun könnte man sagen, dass es völlig normal ist, wenn Staaten wissen wollen, wer womit in ihren Gewässern unterwegs ist, Regeln aufstellen. Doch die Straße von Hormus ist kein normales Gewässer. Am Ende des Persischen Golfs zwischen dem Oman und Iran gelegen, muss ungefähr ein Viertel des weltweiten Ölverbrauchs durch diese nur zwischen 37 und 56 Kilometer breite Meerenge transportiert werden. Damit gehört sie zu den weltweit wichtigsten Schifffahrtswegen; ein weiterer, möglicherweise noch wichtigerer, ist das Bab Al-Mandab auf der anderen Seite der arabischen Halbinsel, zwischen dem Jemen und Dschibuti: Hier müssen alle Seetransporte von Asien nach Europa durch.
Teller und Rand – der Podcast zu internationaler Politik
Stephanie Schoell
Teller und Rand ist der nd.Podcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
Und hüben wie drüben wird nun Realität, was Nahostexperten schon seit Jahrzehnten befürchtet haben: Die weltweiten Lieferketten werden von den Revolutionsgarden und ihren Verbündeten als Waffe eingesetzt, um den Westen und die arabischen Staaten unter Druck zu setzen. Mehrfach setzten die Revolutionsgarden seit dem vergangenen Jahr in der Straße von Hormus Schiffe fest, die sich nicht an die Vorgaben hielten oder in irgendeiner Verbindung zu Israel stehen. Und auf der anderen Seite beschießen die Huthi-Milizen, die den Norden des Jemen kontrollieren, Schiffe, denen sie eine Verbindung zum jüdischen Staat vorwerfen. Seit Monaten wird zudem der Frachter »Galaxy Leader« festgehalten. Die Begründung stets: Man habe das Recht, eigene Regeln aufzustellen, dürfe eigene Sanktionen gegen Israel und seine Staatsbürger verhängen, so wie es auch der Westen tue, sagt Nasser Kanaani, Sprecher des iranischen Außenministeriums, und aus den Reihen der De-facto-Regierung der Huthi sind ähnliche Aussagen zu hören. Kanaani betont vehement, man halte sich dabei »natürlich« an internationales Recht.
Die Meldung vom 23. Juni 2023 war kurz, aber aussagekräftig genug, um Regierungen und Sicherheitsorgane überall auf der Welt aufhorchen zu lassen: »Jedes Schiff, das durch die Straße von Hormus fährt, muss uns in Persisch über seine Nationalität, seine Fracht und sein Ziel informieren«, zitierte die staatliche iranische Nachrichtenagentur Irna Konteradmiral Alireza Tangsiri, den Oberbefehlshaber der Marine der Revolutionsgarden: »Falls wir diese Informationen nicht bekommen, werden wir das Schiff beschlagnahmen.«
Nun könnte man sagen, dass es völlig normal ist, wenn Staaten wissen wollen, wer womit in ihren Gewässern unterwegs ist, Regeln aufstellen. Doch die Straße von Hormus ist kein normales Gewässer. Am Ende des Persischen Golfs zwischen dem Oman und Iran gelegen, muss ungefähr ein Viertel des weltweiten Ölverbrauchs durch diese nur zwischen 37 und 56 Kilometer breite Meerenge transportiert werden. Damit gehört sie zu den weltweit wichtigsten Schifffahrtswegen; ein weiterer, möglicherweise noch wichtigerer, ist das Bab Al-Mandab auf der anderen Seite der arabischen Halbinsel, zwischen dem Jemen und Dschibuti: Hier müssen alle Seetransporte von Asien nach Europa durch.
Hüben wie drüben wird nun Realität, was Nahostexperten schon seit Jahrzehnten befürchtet haben: Die weltweiten Lieferketten werden von den Revolutionsgarden und ihren Verbündeten als Waffe eingesetzt, um den Westen und die arabischen Staaten unter Druck zu setzen. Mehrfach setzten die Revolutionsgarden seit dem vergangenen Jahr in der Straße von Hormus Schiffe fest, die sich nicht an die Vorgaben hielten oder in irgendeiner Verbindung zu Israel stehen. Und auf der anderen Seite beschießen die Huthi-Milizen, die den Norden des Jemen kontrollieren, Schiffe, denen sie eine Verbindung zum jüdischen Staat vorwerfen. Seit Monaten wird zudem der Frachter »Galaxy Leader« festgehalten. Die Begründung stets: Man habe das Recht, eigene Regeln aufzustellen, dürfe eigene Sanktionen gegen Israel und seine Staatsbürger verhängen, so wie es auch der Westen tue, sagt Nasser Kanaani, Sprecher des iranischen Außenministeriums. Aus den Reihen der De-facto-Regierung der Huthi sind ähnliche Aussagen zu hören. Kanaani betont vehement, man halte sich dabei »natürlich« an internationales Recht.
Im Dezember 1982 wurde nach neunjährigen Verhandlungen das internationale Seerechtsabkommen vereinbart. Für Meerengen ist darin das Passagerecht für alle Schiffe vorgesehen, die nicht in feindlicher Absicht gegen einen der Anrainerstaaten unterwegs sind. Gleichzeitig dürfen diese eigene Regeln aufstellen, die aber das internationale Recht nicht aushebeln dürfen. Auch der Jemen, Dschibuti, Oman und Iran haben das Abkommen unterzeichnet. Der Iran hat das Abkommen aber nie ratifiziert. Israel und die Vereinigten Staaten gehören nicht mal zu den Unterzeichnerstaaten.
Am Beispiel der beiden Meerengen und des Nahostkonflikts zeigt sich, wie wenig internationale Abkommen im Ernstfall helfen, warum die arabischen Staaten mit Hochdruck an einem Ausbau der Infrastruktur zu Land arbeiten und Beziehungen zu Israel mittlerweile als alternativlos angesehen werden. Und auch: Warum das für mindestens einen Staat in der Region zum Problem wird.
In der Straße von Hormus verlaufen die Fahrtrouten gar nicht durch iranische, sondern durch Gewässer des Oman und der Vereinigten Arabischen Emirate. Allerdings bestreitet Kanaani den Grenzverlauf, was wiederum im Oman für Überraschung sorgt: »Wir waren immer davon ausgegangen, dass der Grenzverlauf klar ist«, sagt Informationsminister Dr. Abdullah Bin Nasser Al-Harassi. Mehr tun, als die Vereinten Nationen einzuschalten, möglicherweise auch vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag zu klagen, kann man allerdings nicht.
Und dann gibt es immer auch dieses Problem: 2018 hatte US-Präsident Donald Trump das Atomabkommen mit dem Iran einseitig gekündigt, neue Sanktionen verhängt, denen kein Beschluss des Uno-Sicherheitsrats zugrunde liegt. Von Zeit zu Zeit kontrolliert das US-Militär im Indischen Ozean, ob Schiffe iranisches Öl geladen haben, und beansprucht für sich, auch Kriegsschiffe durch möglicherweise iranische Gewässer fahren zu lassen. Im Jemen gibt es ein grundlegendes Problem: Das Land wird zum großen Teil nicht mehr durch eine international anerkannte Regierung kontrolliert, sondern von der Huthi-Organisation, deren Führung mehrfach erklärt hat, dass für sie internationale Verträge nicht gelten.
Die Unsicherheit hat dazu geführt, dass vor allem die Staaten auf der arabischen Halbinsel nun an einem Ausbau der länderübergreifenden Infrastruktur arbeiten: Ein Netz aus Bahntrassen und Pipelines soll entstehen, das idealerweise vom Indischen Ozean bis ans Mittelmeer oder gar bis nach Europa reicht, um unabhängiger von den beiden Meerengen zu werden. Und mitten auf einem der Wege gelegen: Israel. Wie nah auch Saudi-Arabien mittlerweile an den jüdischen Staat gerückt ist, wird an der saudischen Grenze nach Jordanien sichtbar: Dort endet unvermittelt die neue Bahnlinie von Riad aus, und mittlerweile sagt man auch offen, dass diese Strecke so bald wie möglich durch Jordanien bis nach Israel weitergebaut werden soll. Auch Pläne für Pipelines und andere Infrastruktur sind schon weit fortgeschritten.
All das sorgt an einem weiteren Nadelöhr in der Region für große Sorgen: Ägypten ist finanziell von den Einnahmen aus dem Suezkanal abhängig. Als die Huthi begannen, Schiffe zu beschießen, große Reedereien zeitweise den viel längeren Weg um das Horn von Afrika wählten, wirkte sich das in Kairo sehr schmerzhaft aus. Langfristige Einnahmeausfälle könnte sich das chronisch klamme Land nicht leisten. Die gesellschaftlichen und politischen Folgen wären fatal: Präsident Abdel Fattah Al-Sisi hat fast elf Jahre, nachdem er sich an die Macht geputscht hat, wegen der tiefen Wirtschaftskrise viel von seiner Strahlkraft verloren; die Preise für grundlegende Güter bleiben nur wegen der staatlichen Subventionen einigermaßen bezahlbar. Und möglich sind diese Zuschüsse nur, weil der Kanal ein einigermaßen stabiles Einkommen abwirft.
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