Beethoven, Chopin und Anti-Vietnam-Konzerte: Maurizio Pollini verstand sich nicht nur als Pianist, sondern mischte sich auch in politische Debatten ein. Nun ist der legendäre Künstler im Alter von 82 Jahren gestorben.

Er war der aufgeklärte, der “fortschrittliche” Pianist seiner Zeit, vielleicht der sprödeste, empfindlichste, grüblerischste unter den großen Virtuosen. Dass Maurizio Pollini brillant und mit überragender Intelligenz Klavier spielte, dafür wurde er vom Publikum jahrzehntelang verehrt. Aber er war nie ein Kämpfer für Schönklang oder Gefühlskunst, nie der Held im Tastenzirkus. Für Chopin setzte Pollini auf kristallklare Energie, für Bachs Wohltemperiertes Klavier oder Beethovens 32 Sonaten auf eine eiserne Formlogik, für Schubert, Schumann oder Brahms, für Debussy oder Schönberg auf Poesie, Prägnanz, Geradlinigkeit. Tatsächlich hätte er sich mit seiner handwerklichen und geistigen Souveränität begnügen können. Mit dem, was Joachim Kaiser in dieser Zeitung schon früh, die Berliner Karajan-Schlagzeile aus den dreißiger Jahren fortschreibend, zum Fanal erhoben hatte: Das Wunder Pollini.



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