Kanzler Scholz will weiter keine Marschflugkörper liefern: Deutschland könne sich nicht an deren Einsatz beteilligen. Andere Länder anscheinend schon.
Scholz bleibt bei Nein
Bundeskanzler Olaf Scholz hat seine ablehnende Haltung zur derzeitigen Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine mit einem möglichen Angriff auf Ziele in Moskau begründet. Es handele sich bei dem Marschflugkörper mit einer Reichweite von 500 Kilometern um eine Waffe, „die, wenn sie falsch eingesetzt wird, ein konkretes Ziel irgendwo in Moskau erreichen kann“, sagte Scholz am Donnerstag bei einem Bürgerdialog in Dresden.
In Anspielung auf Großbritannien und Frankreich, die der Ukraine anders als die USA und Deutschland bereits Marschflugkörper geliefert haben, fügte er hinzu: „Deshalb ist es so, dass – ich formuliere das mal in aller diplomatischen Abstraktheit – auch Andere Sorge dafür getragen haben, dass sie genau wissen, wo was landet.“ Im Falle Deutschlands würde dies bedeuten, dass man sich an dem Einsatz von Taurus beteiligen müsse. „Das wiederum halte ich für ausgeschlossen“, betonte Scholz. Das sei die Begründung, warum er glaube, dass es gegenwärtig für eine Lieferung von Taurus keinen Anlass gebe.
Der Kanzler fügte hinzu, dass er über die Kritik „irritiert“ sei, weil meist unterschlagen werde, dass Deutschland der Ukraine auch so sehr viel mehr Waffen liefere als fast alle anderen Länder. Deutschland habe in diesem Jahr im Haushalt sieben Milliarden Euro für Waffenlieferungen vorgesehen. Das nächste EU-Land liege bei der Ankündigung von drei Milliarden Euro – „die noch hinterlegt werden müssen“, sagte er in Anspielung auf Frankreich. Falls der US-Kongress keine neuen Mittel freigebe, werde Deutschland sogar der Hauptlieferant sein, obwohl es nur eine Mittelmacht sei. „Insgesamt müssen sich da einige noch mehr Mühe geben“, sagte er mit Blick auf andere europäische Staaten. Deutschland habe zudem mit den USA und Großbritannien als erstes Mehrfachraketenwerfer geliefert und zusammen mit den USA auch schwere Kampfpanzer, sagte Scholz. (rtr)
Selenskyj drängt auf weitere Militärhilfe
Angesichts der schwierigen Lage an der Front hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj einmal mehr um militärische Unterstützung aus dem Westen im Abwehrkampf gegen Russland geworben. „Die globale Stabilität beruht ausschließlich auf dem Mut und der Hingabe der ukrainischen Kämpfer und unserer ganzen Nation“, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache am Donnerstag. Es sei offensichtlich, dass Putins Ambitionen weit über die Ukraine hinaus reichten.
„Eine Welt, in der der Terror gewinnt, würde niemandem gefallen. Deshalb muss Putin verlieren“, sagte Selenskyj. „Unsere Leute in der Ukraine sind in der Lage, das zu gewährleisten – mit ausreichender Unterstützung.“ Zugleich zeigte er sich zufrieden mit seinen Besuchen in Albanien und Saudi-Arabien in den vergangenen Tagen.
Vor rund zwei Wochen musste sich die ukrainische Armee nach schweren Kämpfen aus der östlichen Stadt Awdijiwka zurückziehen. Seitdem hat sie Probleme, die Frontlinie zu stabilisieren. Harte Kämpfe fänden an dem Frontabschnitt entlang der Linie der Dörfer Tonenke, Orliwka, Semeniwka und Berdytschi statt, teilte der ukrainische Oberbefehlshaber Olexander Syrskyj via Telegram mit. Der Generaloberst war an den Abschnitt im Donezker Gebiet gereist, um sich einen Überblick über die Lage zu verschaffen. (dpa)
Forderungen nach Taurus-Lieferungen an Ukraine
Nach der ukrainischen Niederlage in Awdijiwka wurden Forderungen an Deutschland noch lauter, dem von Russland angegriffenen Land die geforderten Taurus-Marschflugkörper zu liefern. Auch das Europaparlament drang am Donnerstag in einer entsprechenden – rechtlich allerdings unverbindlichen – Resolution auf eine solche Lieferung. Bundeskanzler Olaf Scholz weigert sich jedoch bislang, diese zu liefern und begründet dies mit dem Risiko einer Verwicklung Deutschlands in den Krieg. (dpa)
Russland will Opfer von Flugzeugabsturz übergeben
Der Nachrichtenagentur RIA zufolge will Russland die Leichen der Opfer eines Militärflugzeugabsturzes vom Januar übergeben. RIA zitierte dabei die russische Menschenrechtskommissarin Tatjana Moskalkowa. Sie sagte der Agentur, dass sie wegen der Leichen in Kontakt mit ukrainischen Beamten stehe.
Moskau beschuldigt Kiew, das Flugzeug vom Typ Iljuschin Il-76 in der russischen Region Belgorod abgeschossen und 74 Menschen an Bord getötet zu haben. Darunter befanden sich 65 gefangene ukrainische Soldaten, die gegen russische Kriegsgefangene ausgetauscht werden sollten. Die Ukraine hatte bisher weder bestätigt noch dementiert, dass sie das Flugzeug abgeschossen hat. (rtr)
Teils für die Ukraine: Frankreich bestellt 2000 Drohnen
Frankreich bestellt 2000 Kamikaze-Drohnen und will einige von ihnen an die Ukraine liefern. „Ich habe die Entscheidung getroffen, 2000 Stück ferngesteuerte Munition zu bestellen, für den Bedarf der französischen Armee wie auch für die Ukraine“, sagte der französische Verteidigungsminister Sébastien Lecornu am Donnerstag bei einem Besuch des französischen Drohnen-Herstellers Delair im Großraum Toulouse. Die 100 ersten Drohnen sollen der Ukraine bis zum Sommer geliefert werden.
„Kamikaze-Drohnen sind absolut grundlegend bei der Ausführung von (militärischen) Einsätzen“, sagte Lecornu. Die ersten Drohnen sollen bei Delair und dem Rüstungskonzern Nexter bestellt werden.
Im Kampf gegen die russischen Angriffstruppen nutzt die Ukraine in großem Umfang mit Sprengstoff beladene Drohnen, die beim Einschlag ins Ziel detonieren. Die ukrainischen Streitkräfte sind allerdings seit geraumer Zeit mit einem Mangel an Munition konfrontiert und dringend auf weitere Lieferungen westlicher Verbündeter angewiesen. (afp)
Wirbel um Scholz-Botschaft an Putin
Bundeskanzler Olaf Scholz hat mit einer Botschaft an den russischen Präsidenten Wladimir Putin bei einem Bürgergespräch in Dresden für Diskussionen in den sozialen Medien gesorgt. Bei der Veranstaltung am Donnerstagabend hatte ihm ein Teilnehmer einen Bogen Aufkleber mit dem Slogan „Diplomaten statt Granaten“ überreicht mit der Bitte, ihn an seine Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zu übergeben. Scholz sagte daraufhin mit erhobener Faust: „Ja, Diplomaten statt Granaten ist der Satz, den wir gemeinsam skandieren Richtung Kreml nach Moskau.“
Scholz hatte Anfang der Woche der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern eine klare Absage erteilt. Baerbocks Grüne dringen dagegen auf eine Lieferung des Waffensystems mit einer Reichweite von 500 Kilometern. Auf diese größere Aufgeschlossenheit der Grünen für die Lieferung neuer Waffensysteme an die von Russland angegriffene Ukraine war möglicherweise die Bitte des Teilnehmers der Veranstaltung gemünzt, den Slogan an Baerbock weiterzugeben.
Für seine Reaktion erntete der Kanzler auf der Plattform X (früher Twitter) Kritik. Viele nahmen ihn aber auch in Schutz. Regierungssprecher Steffen Hebestreit betonte dort am Abend:: „Der Kanzler zitiert den Slogan – mit dem Zusatz, dass die Forderung an Moskau zu richten ist.“ (dpa)
USA nennen Putins Äußerungen „unverantwortlich“
Die USA haben die Aussagen des russischen Präsidenten Wladimir Putin zu den Gefahren eines neuen Nuklearkonflikts als „unverantwortliche Rhetorik“ verurteilt. „Das ist nicht die Art und Weise, wie ein nuklear bewaffnetes Land sprechen sollte“, sagte Außenministeriumssprecher Matthew Miller am Donnerstag Journalisten. Washington habe „in der Vergangenheit vertraulich und direkt mit Russland über die Folgen des Einsatzes einer Atomwaffe kommuniziert“, fügte Miller hinzu. Dem Sprecher zufolge haben die USA jedoch „keine Hinweise darauf, dass Russland den Einsatz einer Atomwaffe vorbereitet“.
In seiner Rede zur Lage der Nation hatte Putin zuvor den Westen vor dem Hintergrund des Ukraine-Konflikts vor einer nuklearen Eskalation gewarnt. „Sie sollten endlich begreifen, dass auch wir über Waffen verfügen, die Ziele auf ihrem Territorium treffen können“, sagte der russische Präsident. Berichte, wonach Russland die Stationierung einer Atomwaffe im Weltraum vorbereite, nannte er einen „Trick“ der USA, um Moskau zu Rüstungskontrollgesprächen „zu ihren Bedingungen“ zu bewegen. (afp)
Chefredakteur von unabhängiger Zeitung verhaftet
Der Chefredakteur der unabhängigen Zeitung „Nowaja Gaseta“ ist unter dem Vorwurf der Verunglimpfung russischer Truppen festgenommen worden. Sergej Sokolow sei am Donnerstag in Moskau von Beamten des Zentrums zum Kampf gegen Extremismus in Gewahrsam genommen worden, teilte die Zeitung mit. Die Vorwürfe bezögen sich auf von der „Nowaja Gaseta“ auf ihrem Telegram-Kanal veröffentlichtes Material. Ein Gericht verhängte später eine Geldstrafe von 30 000 Rubel (etwa 300 Euro).
Die Organisation Reporter ohne Grenzen schrieb auf der früher als Twitter bekannten Plattform X, die Festnahme sei ein weiterer Beweis für „die Gewalt der Zensur in Russland“.
Sokolow ist seit September Chefredakteur der „Nowaja Gaseta“, nachdem sein Vorgänger, Friedensnobelpreisträger Dmitri Muratow, von den russischen Behörden als Agent des Auslands eingestuft worden war. Das russische Parlament hatte kurz nach Beginn des Angriffs gegen die Ukraine ein Gesetz erlassen, das die Verunglimpfung des Militärs oder die Verbreitung „falscher Informationen“ über die Aktionen des Landes in der Ukraine verbietet. Wenig später erklärte die renommierte „Nowaja Gaseta“, sie werde für die Dauer des Krieges ihr Erscheinen einstellen. Andere Zeitungen wurden verboten.
Ins Ausland abgewanderten Mitarbeiter der „Nowaja Gaseta“ haben ein neues Projekt gegründet, die „Nowaja Gaseta Europa“, die den Invasionskrieg scharf kritisiert hat. (ap)
Polen kauft Gefechts-Kommandosystem von den USA
Polen hat ein Abkommen mit den USA über den Kauf eines integrierten Gefechts-Kommandosystems (IBCS) im Wert von 2,5 Milliarden Dollar (rund 2,32 Milliarden Euro) unterzeichnet. „Die polnische Armee erwirbt ein operationelles Gehirn für Flug- und Raketenabwehrsysteme“, sagte Polens Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz am Donnerstag. Polen werde somit das „zweite Land nach den USA, das über das modernste integrierte Kommandosystem verfügt“, fügte Kosiniak-Kamysz hinzu.
Das IBCS soll das polnische Mittelstrecken-Flugabwehrsystem Wisla, das Patriot-Raketen verwendet, und das Kurzstrecken-Flugabwehrsystem Narew, das auf den britischen Camm-Raketen basiert, integrieren und koordinieren.
Der US-Botschafter in Polen, Mark Brzezinski, hob im Onlinedienst X, vormals Twitter, die Bedeutung des Geschäfts hervor: „Wir haben in der Ukraine mit eigenen Augen gesehen, wie wichtig die Flug- und Raketenabwehr ist“, schrieb er auf Polnisch. Das IBCS soll Polen dem Abkommen zufolge bis 2031 erhalten.
Das Nato- und EU-Mitglied Polen hat in den vergangenen Jahren wichtige Militäreinkäufe getätigt, zumeist von den USA und Südkorea. Warschaus Verteidigungshaushalt entspricht vier Prozent des polnischen Bruttoinlandsprodukts und ist somit das anteilig höchste aller Nato-Mitglieder. (afp)
Ukraine meldet Abschuss russischer Kampfflugzeuge
Die Ukraine hat eigenen Angaben zufolge im Februar eine Rekordzahl russischer Kampfflugzeuge vom Himmel geholt. Wie das Verteidigungsministerium in Kiew am Donnerstag mitteilte, schoss die Luftverteidigung zehn russische Kampfjets vom Typ Su-34, zwei vom Typ Su-35 sowie ein Aufklärungsflugzeug vom Typ A-50 ab. Dies sei der „größte Erfolg“ seit Oktober 2022, fügte das Ministerium hinzu.
Drei der Su-34 Kampfjets wurden nach Angaben des neuen Oberbefehlshabers des ukrainischen Heers, Olexander Pawljuk, in der Nacht zum Donnerstag abgeschossen, während sie Marschflugkörper auf „unsere Infanterie-Stellungen im Osten“ abfeuerten. Kiew gab zudem an, im Januar ein weiteres A-50 Flugzeug abgeschossen zu haben.
Die Nachrichtenagentur AFP konnte die Angaben zunächst nicht verifizieren, russische Behörden kommentierten die Zahlen nicht. Russische Militärblogger hatten über die Zerstörung des A-50 Flugzeugs berichtet, diese aber mit Beschuss durch eigene Truppen erklärt. Das britische Verteidigungsministerium hatte am Dienstag den Abschuss zweier A-50 gemeldet.
Zwei Jahre nach der russischen Invasion hat die Ukraine zur Priorität erklärt, „Russland vom Himmel zu holen“. Kiew erwartet in Kürze die Lieferung von F-16 Kampfjets aus dem Westen. (afp)
Timoschenko warnt vor „Abschaffung“ der Demokratie
Die ukrainische Oppositionspolitikerin und ehemalige Ministerpräsidentin Julia Timoschenko hat Präsident Wolodymyr Selenskyj vor der „Abschaffung“ der Demokratie in dem Land gewarnt. Der Krieg gegen Russland zwinge Selenskyj „sicherlich dazu, die Macht zu konsolidieren, sie überschaubarer und klarer zu halten“, sagte Timoschenko dem Nachrichtenportal ZDFheute.de. Dabei dürfe der Präsident „die Demokratie aber nicht abschaffen“, forderte die Oppositionelle.
Selenskyj dürfe die „teilweise während des Krieges“ erforderliche Machtkonsolidierung nicht „mehr als nötig nutzen“, argumentierte Timoschenko. Der Pluralismus müsse bleiben. „Demokratie, Pressefreiheit, alles, was für uns wertvoll war, was uns von Russland unterschied, all dies muss bewahrt und vermehrt werden“, forderte die ehemalige Regierungschefin. Seit Beginn des Krieges habe es „praktisch kein Treffen“ mehr zwischen den Fraktionsführern des Parlaments und Selenskyj gegeben, kritisierte sie.
Timoschenko wurde als im Westen umjubelte Galionsfigur der sogenannten orangenen Revolution im Jahr 2004 bekannt. 2011 wurde sie wegen Amtsmissbrauchs im Zusammenhang mit einem umstrittenen Gasgeschäft mit Russland zu sieben Jahren Haft verurteilt. 2014 wurde sie im Zuge des Umsturzes in der Ukraine freigelassen. (afp)
Siegessicherer Putin warnt Westen vor Truppeneinsatz
Kremlchef Wladimir Putin demonstrierte zu Beginn des dritten Jahres seines Angriffskrieges derweil Siegesgewissheit und warnte den Westen vor dem Einsatz von Bodentruppen. Die Folgen eines solchen Schrittes könnten tragisch sein, sagte Putin am Donnerstag in seiner Rede zur Lage der Nation. Das Publikum aus mehr als 1000 Vertretern aus Politik, Militär, Wirtschaft, Kultur und Religion spendete dem 71-Jährigen, der am 17. März zum fünften Mal bei der Präsidentenwahl antritt, immer wieder tosenden Applaus während der mehr als zweistündigen Rede. (dpa)
Polen fordert Änderungen an EU-Agrarpolitik
In Polen protestieren Landwirte seit Wochen gegen die EU-Agrarpolitik und die Einfuhr von Produkten aus der Ukraine. Sie wollen verhindern, dass billigeres ukrainisches Getreide auf den heimischen Markt gelangt. Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine vor zwei Jahren hatte Brüssel alle Importzölle und –quoten für landwirtschaftliche Produkte aus der Ukraine ausgesetzt, um dem Land wirtschaftlich zu helfen.
Polens Regierung will sich angesichts der Bauernproteste dafür einsetzen, dass die EU einige Regelungen ihrer Agrarpolitik aussetzt oder abändert. Dabei geht es auch um die sogenannte Green-Deal-Strategie, mit der die EU bis 2050 klimaneutral werden will. Diese umfasst Maßnahmen in verschiedenen Bereichen wie Energie, Verkehr, Industrie und Landwirtschaft.
Es gehe nicht darum, den gesamten Green Deal zu kippen oder zu verwerfen, sagte Polens Regierungschef Donald Tusk nach langen Verhandlungen mit Vertretern der Bauernverbände. „Aber in der Zeit des Krieges und des zollfreien Handels (mit der Ukraine) sind praktisch alle Bestimmungen des Green Deals ein weiterer Schlag und müssen ausgesetzt oder zurückgezogen werden.“ (dpa)