Berlin. Der Bundesdatenschutzbeauftragte (BfDI) hat skeptisch auf die Ankündigung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) reagiert, dass die Bundesregierung demnächst auf der chinesischen Videoplattform Tiktok präsent sein könnte. „Sollte die Bundesregierung einen Account betreiben, wie der Bundeskanzler es angekündigt hat, dann wird der BfDI sich noch einmal verstärkt mit dem Thema befassen“, sagte der Sprecher der Aufsichtsbehörde, Christof Stein, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Grundsätzlich haben öffentliche Stellen bei sozialen Medien eine Vorbildfunktion und sollten diese nur nutzen, wenn es rechtskonform möglich ist.“

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Bisher habe man noch keine umfassende datenschutzrechtliche Prüfung von Tiktok durchgeführt. Allerdings habe der Datenschutzbeauftragte „die Bundesministerien und -behörden schon 2021 auf unsere Bedenken hingewiesen, weil es immer wieder neue sehr ernst zu nehmende Hinweise auf potenzielle Datenschutzverletzungen bei Tiktok gab und gibt“, so Stein. „Das belegen auch erste technische Prüfungen der App.“ Die Datenschützer raten dem Bund unter anderem davon ab, die App auf Diensthandys zu installieren.

„Ich halte das auch für richtig“: Olaf Scholz spricht sich für Tiktok-Start aus

Scholz hatte sich am Donnerstagabend dafür ausgesprochen, dass die Bundesregierung künftig auf der Social-Media-Plattform Tiktok präsent sein soll. „Auch die Bundesregierung diskutiert das und ich halte das auch für richtig“, sagte er bei einem Bürgerdialog in Dresden auf eine Frage danach, wieso die AfD bei Tiktok sehr präsent sei, Parteien der Mitte aber kaum. Es sei wichtig, auf allen Kanälen aktiv zu sein und wahrgenommen werden zu können, betonte der Kanzler. In der Bundesregierung und in den Ministerien werde seit Monaten diskutiert, in welchen sozialen Medien sie präsent sein sollten und in welchen nicht.

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Tiktok wird von dem chinesischen Unternehmen ByteDance betrieben und vor allem von Jugendlichen genutzt, um Kurzvideos hochzuladen und zu konsumieren. Die AfD erreicht dort mehr User als alle anderen deutschen Parteien zusammen.

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Vor 15 Monaten hatte Regierungssprecher Steffen Hebestreit dem RND noch gesagt, man habe sich gegen einen Account auf Tiktok entschieden. Bereits bei Amtsantritt habe er einen Prüfvermerk des Bundespresseamtes vorgefunden, der davor warnte: „Wir sollten gut überlegen, ob wir als deutsche Bundesregierung auf einer chinesischen Plattform präsent sein wollen“, hieß es darin laut Hebestreit. Das habe ihn davon überzeugt, darauf vorerst zu verzichten, sagte der Regierungssprecher.

Auch über Facebook-Auftritt gibt es Streit

Über einen Auftritt der Bundesregierung im US-Netzwerk Facebook gibt es sogar einen Rechtsstreit zwischen Bundesregierung und Bundesdatenschutzbeauftragtem. Der BfDI hatte das Bundespresseamt im Februar 2013 angewiesen, die Facebook-Fanpage der Bundesregierung einzustellen. Der Betrieb einer Facebook-Fanpage sei wegen der umfassenden Verarbeitung personenbezogener Daten der User nicht datenschutzkonform möglich, erklärte die Aufsichtsbehörde unter Verweis auf eigene Prüfungen.

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Das Bundespresseamt, dessen Chef Hebestreit ist, reichte dagegen Klage ein und verweigerte einen Rückzug. Man habe Kelbers Bescheid eingehend geprüft und entschieden, diesen gerichtlich überprüfen zu lassen, um „in einer Art Musterverfahren Rechtsklarheit für den Betrieb von Facebook-Seiten zu schaffen“, so eine Sprecherin. Bis dahin bleibe der Facebook-Auftritt ein „wichtiger Bestandteil“ der Öffentlichkeitsarbeit des Bundespresseamts: „Um die Bürgerinnen und Bürger zu erreichen, müssen wir uns an deren tatsächlicher Mediennutzung orientieren.“



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