Der Polizist, der bei dem Messerangriff auf dem Mannheimer Marktplatz schwer verletzt worden ist, ist tot. Das teilten die Staatsanwaltschaft Karlsruhe, das Polizeipräsidium Mannheim und das Landeskriminalamt am Sonntagabend mit. Bei dem Angriff am Freitagvormittag waren mehrere Menschen verletzt worden.

“Er wurde unmittelbar nach der Tat notoperiert und in ein künstliches Koma versetzt, erlag aber in den späten Nachmittagsstunden des 2. Juni seinen schweren Verletzungen”, teilten die Behörden mit. “Wir trauern um einen Polizeibeamten, der für unsere Sicherheit sein Leben gegeben hat.”

Das Motiv des 25-jährigen Täters ist indes noch immer unklar. Bisher war der Mann, der in Afghanistan geboren wurde, aber 2014 als Jugendlicher nach Deutschland kam, nicht vernehmungsfähig – er war in den Minuten nach der Attacke ebenfalls verletzt worden. Bisher war er polizeilich nicht in Erscheinung getreten, er ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt im hessischen Heppenheim.

Der mutmaßliche Täter hatte Teilnehmer einer Kundgebung der “Bürgerbewegung Pax Europa” auf dem Mannheimer Marktplatz angegriffen und sechs Menschen verletzt, darunter den Polizisten, der nun seinen schweren Verletzungen erlegen ist. Den Angreifer schoss die Polizei nieder, nachdem er auf den Beamten eingestochen hatte.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann zeigt sich “erschüttert”

“Die Nachricht erschüttert mich bis ins Mark”, teilte Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Sonntagabend mit. Die Gedanken seien bei der Familie, den Angehörigen und den Kolleginnen und Kollegen, so der Grünen-Politiker. “Uns allen führt diese fürchterliche Tat schmerzhaft vor Augen, welchem oft unkalkulierbaren Risiko Polizeibeamte tagtäglich ausgesetzt sind.” Der Dienst von Polizistinnen und Polizisten für den Staat, das Gemeinwesen, die freiheitlich-demokratische Grundordnung sei nicht hoch genug zu würdigen. “Wir sind Ihnen als Gesellschaft zu höchstem Respekt und Wertschätzung verpflichtet.” “Dies sind Momente, in denen die Welt stillzustehen scheint”, erklärte Innenminister Thomas Strobl (CDU). “Die gesamte Polizei Baden-Württemberg wird ihm stets und für immer ein ehrendes Andenken bewahren.”

Bei der Attacke auf dem Mannheimer Marktplatz wurde auch das Vorstandsmitglied von Pax Europa verletzt: Michael Stürzenberger, ein antiislamischer Aktivist. Die Schatzmeisterin des Vereins sagte, die Attacke sei gezielt gegen den 59-Jährigen gerichtet gewesen, der mit einem Messer im Gesicht verletzt worden sei. 2003 und 2004 machte sich Stürzenberger als Pressesprecher der Münchner CSU einen Namen. 2011 kam er einem Parteiausschluss wegen seiner Haltung zum Islam zuvor, trat aus der CSU aus und wechselte zur Partei “Die Freiheit”. Seit 2013 beobachtet ihn der bayerische Verfassungsschutz.

Zwei Tage nach der Tat gibt es eine Mahnwache – sowie eine AfD-Kundgebung

Die Deutsche Polizeigewerkschaft reagierte betroffen, aber auch wütend. “Die Gewalt, die uns täglich begegnet, ist schonungslos brutal, menschenverachtend und oft tödlich”, sagte Landeschef Ralf Kusterer. Die Kampagnen gegen Hass und Hetze würden oft nicht einmal im Ansatz die Probleme treffen, die Polizistinnen und Polizisten täglich ertragen müssten. “Mit Diskussionen um Demokratie und Meinungsfreiheit erreicht man weder schuld- und deliktsunfähige Täter noch religiöse Fanatiker, deren Gedankenwelt uns völlig fremd und absurd erscheint.”

Angesichts der Messerattacke hatte ein überparteiliches Bündnis für Sonntagnachmittag zu einer Mahnwache gegen Gewalt und Hass in Mannheim aufgerufen. Auf dem Marktplatz fand zeitgleich eine Kundgebung der Jungen Alternative statt. Die Versammlung der Jugendorganisation der AfD lief unter dem Motto “Remigration hätte diese Tat verhindert!”. Auf Videos im Internet ist zu sehen, wie Demonstranten in der Innenstadt eine lange Menschenkette bilden – und wie die Polizei mit einer Gruppe von Antifa-Aktivisten zusammenprallt. Die schwenkten rote Fahnen und zündeten Bengalos. Auf dem Marktplatz wurde der Slogan “Nazis raus” skandiert.



Source link www.sueddeutsche.de