»Wir sind nicht alle, es fehlen die Gefangenen«, skandieren junge Menschen in Sprechchören. Sie stehen vor einer Kette von Polizist*innen, die sich vor einem Haus in der Grünberger Straße in Friedrichshain postiert haben. Nach wie vor befinden sich die Behörden am Sonntagabend auf der Suche nach Ernst-Volker Staub und Burkard Garweg. In der Grünberger Straße wird gerade eine Wohnung durchsucht.
Lahmgelegter Verkehr, ein Hubschrauber, der über der Szenerie kreist: Schnell finden sich an den Rändern der Absperrungen etliche Schaulustige zusammen. Gleich um die Ecke befindet sich die Simon-Dach-Straße, ein beliebtes Ausgehviertel in Friedrichshain. Eine junge Frau ruft aufgeregt in ihr Telefon: »Hier ist gerade ein großer Polizeieinsatz. Morgen bin ich vielleicht in der Bildzeitung«.
»Überall Polizei – nirgendwo Gerechtigkeit« lautet eine der Parolen, die die kleine Gruppe protestierender Linker skandiert. »Wir sind alle 129a« eine andere. Die Protestierenden waren über die Fahndung nach Ex-RAF-Mitgliedern in Berlin informiert, wurden vom konkreten Einsatz aber auch überrascht. »Wir waren in einem nahen Stadtteilladen und sahen, dass in der Nachbarschaft plötzlich die Polizei aufgefahren ist«, sagt einer von ihnen.
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Ein anderer ist enttäuscht, dass die Proteste so klein blieben. »Vor einigen Jahren wären mehr Menschen auf die Straße gegangen, wenn mitten in Friedrichshain die Polizei so auffährt«, sagt er. Eine Frau erinnert daran, dass Ende Januar 2020 nur wenige Häuser weiter Maria B. durch eine Polizeikugel gestorben ist. Sie befand sich einer psychischen Ausnahmesituation, als Mitbewohner*innen die Polizei riefen. »Seit Marias Tod beobachte ich jeden Polizeieinsatz genau«, erklärt die Frau.
Gegen 23 Uhr wird der Einsatz an der Grünberger Straße laut Polizeiangaben ohne Festnahme beendet. Am Montagvormittag wird die Wohnung allerdings erneut durchsucht. Zeitgleich gibt es eine Razzia in einem Haus in der Corinthstraße in der Nähe des S-Bahnhofs Ostkreuz. Ganz in der Nähe, am Markgrafendamm, befindet sich das Bauwagenareal, das die Polizei mit einem großen Aufgebot bereits am Sonntagmorgen zu durchsuchen begann. Am Montag setzten die Behörden hier ihre Ermittlungen fort.
Ihren Erkenntnissen zufolge soll Volker Garweg zeitweise am Markgrafendamm gelebt haben. Ein Bauwagen, seine mutmaßliche Unterkunft, wurde zur weiteren Untersuchung abtransportiert. Von Garweg waren zuletzt neue Fotos aufgetaucht. Wie die Behörden am Montag bekannt geben, stammen sie aus der Wohnung der bereits verhafteten Daniela Klette.
Auch nach Abtransport des Bauwagens standen Polizist*innen mit umgehängten Maschinenpistolen vor dem Gelände. Männer in weißen Ganzkörperanzügen nahmen Spuren auf. Auf einem nahegelegenen Parkplatz waren neben Polizeiwagen auch Fahrzeuge des Technischen Hilfswerks und ein gepanzertes Offensivfahrzeug aufgefahren.
Auch am Bauwagenareal versammelten sich Anwohner*innen vor den Absperrungen. »Wir haben im letzten Jahr die Polizei angerufen, als durch eine Baustelle die Wände in unseren Wohnungen Risse bekamen. Doch sie haben uns an das Bauamt verwiesen«, sagte ein Bewohner des Laskerkiezes am Sonntag. Jetzt seien sie doch gekommen – »für die Mitglieder einer Gruppe, die sich seit über 25 Jahren aufgelöst hat«.
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