München – Ist es wirklich der echte Hasan Ismaik, der sich da mit Shorts und Zigarre über die Löwen äußert? Oder ist es eine präsidiale Fata Morgana? Diese und gewiss noch eine Vielzahl an weiterer Gedanken sind Robert Reisinger bei der Begutachtung des 14-minütigen Wahlkampf-Videos von Sechzigs Geldgeber in den Kopf geschossen. In der AZ reagiert der Oberlöwe auf die am Dienstag veröffentlichte Aufnahme – und zwar (wort-)gewaltig.
“Als ich das leicht verschwommene Video zum ersten Mal gesehen hab, war ich fest überzeugt davon, dass es sich um einen durch Künstliche Intelligenz generierten Deep Fake handelt. Eine Satire von Fans. Erst später wurde mir klar, die Bilder sind echt”, antwortet der Präsident des TSV 1860 nicht ohne eine gehörige Prise Ironie auf AZ-Nachfrage über die Bewegtbild-Ausführungen des Hauptgesellschafters der Löwen, der unter anderem Reisinger und den Mutterverein attackiert und für einen Neuanfang geworben hatte.
TSV-1860-Präsident Reisinger: “Unsere Mitglieder würden fragen, ob ich noch ganz bei Trost bin”
Reisinger dreht den Spieß nach dem Ismaik-Video um und fragt: “Stellen Sie sich einfach die umgekehrte Situation vor, ich würde in kurzen Hosen auf einem Balkon stehen, mit einer dicken Zigarre in der Hand in eine Handykamera sprechen, unseren Mitgesellschafter mit aggressiven Vorwürfen überschütten und ihm dann über Facebook ein 100 Millionen Angebot machen.” Der Konter des Präsidenten: “Unsere Mitglieder würden zu Recht fragen, ob ich noch ganz bei Trost bin.”
Der 60-Jährige geht auch auf Ismaiks getätigte Anschuldigungen ein, er würde trotz anhaltender Erfolglosigkeit “an seinem Stuhl kleben” – und verteidigt sich mit dem Verweis auf die Tatsache, bei den vergangenen Mitgliederversammlungen nach Peter Cassalettes Rücktritt 2018 zuerst im Amt bestätigt und seitdem zwei Mal wiedergewählt: “Ich klebe nicht an meinem Stuhl. Ich bin der gewählte Präsident dieses Vereins. Das fällt Hasan Ismaik offenbar schwer zu akzeptieren.” Reisinger setzt noch einen drauf: “Ihm scheint aber auch das Vereinswesen in Deutschland insgesamt ziemlich fremd.”
Robert Reisinger über das Millionen-Angebot von Hasan Ismaik: “Kann ich unmöglich seriös kommentieren”
Schließlich kommt Reisinger auf das 100-Millionen-Euro-Angebot zu sprechen: “Ein geschäftliches Angebot, das als Facebook-Video bei uns eingeht, kann ich unmöglich seriös kommentieren”, stellte der Unternehmensberater klar, schob aber hinterher: “Ich lade aber Herrn Ismaik herzlich ein, sich mit den Vertretern des Muttervereins an einen Tisch zu setzen und uns seine Ideen detailliert zu erläutern.” In diesem Fall sei Reisinger “ganz Ohr.”
Betrachtet man Ismaiks neuste Methode, einen vereinspolitischen Umsturz zu forcieren und Reisingers teils spöttischen Gegenschlag, kommt man unweigerlich zu dem Urteil, dass die beiden Köpfe von Sechzigs Gesellschaftern wohl nie mehr an einem Tisch sitzen und über Ideen sprechen werden, wie man Sechzig wieder zu alter Stärke verhelfen kann.
Abschließend weist Reisinger zum wiederholten Male darauf hin, dass die “klubpolitischen Auseinandersetzungen zwischen den Gesellschaftern” der Sechzger “vor dem Hintergrund des 50+1-Verfahrens vor dem Bundeskartellamt” sehen müsse, da Ismaik dabei zu den “Beschwerdeführern” gehöre. Sprich: Ismaik akzeptiert die Gegebenheiten bei 1860 nicht, weshalb es Reisinger wohl schwerfällt, den Jordanier ernst zu nehmen – ob er ihn nun mit Vorwürfen überzieht oder mal schnell 100 Millionen verspricht.