BERLIN/MOSKAU. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat versprochen, nach der Veröffentlichung eines mutmaßlich abgehörten Gesprächs deutscher Luftwaffen-Offiziere, die Angelegenheit schnell aufzuklären. Das sei wichtig, um mögliche außenpolitische Schäden zu vermeiden, sagte der Sozialdemokrat am Samstag am Rande eines Besuchs im Vatikan. Am Freitag hatte die Chefin des russischen Staatssenders RT, Margarita Simonjan, die etwa 38minütige Aufnahme veröffentlicht. Darin sollen sich die Offiziere über die mögliche Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern für die Ukraine unterhalten, sowie über deren hypothetischen Einsatz auf der von Rußland völkerrechtswidrig errichteten Krim-Brücke.

Ob die Aufnahme authentisch ist, wurde von offizieller Seite nicht bestätigt, nach Informationen des ZDF soll es sich aber nicht um eine Fälschung halten. Brisant: In dem Gespräch sagen die Offiziere, Großbritannien habe „ein paar Leute vor Ort“, um Kiews Militär bei der Verwendung der von London gelieferten Shadow-Stone-Marschflugkörper zu unterstützen. Erst in der vergangenen Woche hatte Bundeskanzler Scholz seine Ablehnung zu deutschen Taurus-Lieferungen damit begründet, daß „was an Zielsteuerung und an Begleitung der Zielsteuerung vonseiten der Briten und Franzosen gemacht wird“, nicht in Deutschland gemacht werden könne.

Einige Beobachter verstanden das als die Aussage, Briten und Franzosen würden die Ukraine mit eigenen Streitkräften unterstützen. Großbritanniens Premierminister Rishi Sunak (Tories) stritt das entschieden ab.

Unionspolitiker will Scholz im Verteidigungsausschuss anhören

Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Florian Hahn (CSU), forderte nun, daß Scholz sich im Verteidigungsausschuss des Bundestags rechtfertigt. Hahn zufolge belege das mutmaßliche Gespräch nämlich, daß deutsche Taurus-Marschflugkörper in der Ukraine auch ohne anwesende Bundeswehr-Kräfte verwendet werden könnten. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sei darüber ebenfalls informiert. Es sei „kaum vorstellbar“, daß der Kanzler das nicht wisse. Scholz hatte die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern mehrmals mit dem Argument abgelehnt, dafür brauche es deutsche Soldaten auf ukrainischem Boden.

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), forderte eine bessere Spionageabwehr. Auf diesem Gebiet sei Deutschland „offensichtlich vulnerabel“, sagte die 65jährige dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Auch der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Johann Wadephul (CDU) forderte die Ampel auf, schärfere Vorschriften für den Schutz sensibler Kommunikation einzuführen. (st)



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