Hannover. Der niedersächsische Staatsgerichtshof in Bückeburg hat am Montag verhandelt, ob die niedersächsische Landesregierung die Vornamen der deutschen Tatverdächtigen der Krawalle in der Silvesternacht 2023 nennen muss. Der AfD-Landtagsabgeordnete Stephan Bothe klagt auf Veröffentlichung, da sich die Landesregierung weigert, die Namen zu nennen. Eine Entscheidung will das niedersächsische Verfassungsgericht am 2. Mai verkünden. Es könnte auf eine Niederlage für die Landesregierung hinauslaufen.

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In der Silvesternacht zum 1. Januar 2023 war es an 22 Orten in Niedersachsen zu Ausschreitungen gekommen. Die Polizei registrierte 34 Angriffe auf Polizisten, Feuerwehrleute und Sanitäter. 18 Einsatzkräfte wurden verletzt. Bothe hatte daraufhin behauptet, die Angreifer hätten „in der Masse einen Migrationshintergrund“. Tatsächlich besaßen von 35 Tatverdächtigen 27 die deutsche Staatsangehörigkeit, von denen acht wiederum eine weitere Nationalität haben.

Wie heißen die 19 deutschen Täter?

Bothe wollte mehr wissen. Es geht ihm um die 19 Tatverdächtigen mit ausschließlich deutschem Pass. Im Februar 2023 verlangte er in einer Landtagsanfrage Auskunft über deren Vornamen. Die Landesregierung antwortete, die Vornamen seien nicht öffentlich bekannt und würden auch nicht veröffentlicht. Es sei zu befürchten, dass durch das Bekanntwerden der Vornamen schutzwürdige Interessen Dritter verletzt würden. Daran hält die Landesregierung fest.

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Die AfD will sich damit nicht zufriedengeben. Bothe meint, sein Fragerecht als Abgeordneter dürfe nicht „unter dem Deckmantel eines angeblichen Persönlichkeitsschutzes von Straftätern ausgehebelt werden“. Es sei „abwegig“, dass die Täter durch die Nennung der Vornamen identifiziert werden könnten. „Mir ging es darum, ein transparentes Lagebild zu schaffen, damit ich meine politische Arbeit danach ausrichten kann“, sagte der AfD-Politiker am Montag vor dem Staatsgerichtshof.

Es deutet sich an, dass das Verfassungsgericht die Landesregierung möglicherweise verurteilen könnte, die Namen zu nennen – nicht öffentlich, aber in vertraulicher Sitzung. Der Präsident des Staatsgerichtshofs, Wilhelm Mestwerdt, skizzierte die zwei Kernfragen des Falls: Durfte die Landesregierung die Antwort verweigern? Das wäre der Fall, wenn das Nennen der Namen die Täter erkennbar machen und sie bloßstellen könnte. Und: „Kann die Antwort in vertraulicher Sitzung erfolgen?“ Warum die AfD nach den Namen frage, sei hingegen irrelevant.

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Sören Hauptstein, früher Ratsherr in Hannover und Anwalt von Bothe, argumentierte, eine Identifizierung sei „nahezu ausgeschlossen“ bei 22 Tatorten, darunter Großstädte wie Hannover. „Die Nennung der Namen in nicht öffentlicher Sitzung wäre möglich gewesen. Mindestens das hätten sie machen müssen. Die Ablehnung der Landesregierung war verfassungswidrig.“

Will die AfD stigmatisieren?

Dem hielt Innenstaatssekretär Stephan Manke entgegen, die Grundrechte der Täter seien bereits verletzt, wenn nur die Möglichkeit der Identifizierung bestehe. Durch Berichterstattung und Videos im Internet seien Orte und Tatverdächtige bereits stark eingegrenzt. Außerdem könnten Unbeteiligte in Verdacht geraten. Eine vertrauliche Sitzung sei nicht geeignet. „Der Abgeordnete begehrt die Informationen für die öffentliche politische Debatte. Bei Vertraulichkeit sind die Informationen für ihn schlicht unbrauchbar.“

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Das wiederum rief Hauptstein auf den Plan: „Herr Manke maßt sich an, zu behaupten, Herr Bothe wolle die Informationen nutzen, um zu stigmatisieren.“

Dieser Artikel erschien erstmals in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung.



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