Berlin. Angesichts der massiven Schäden durch Hochwasser in Bayern und Baden-Württemberg hat die Debatte über politische Konsequenzen begonnen. „Voraussichtlich sind wieder viele Menschen betroffen, weil die Politik beim Natur- und Klimaschutz zögert“, erklärte der Präsident des größten deutschen Umweltverbandes Nabu, Jörg-Andreas Krüger. Bund und Länder gäben teils mehr Geld für die Beseitigung der Flutschäden als für den Klimaschutz aus. „Dabei wissen wir genau, was zu tun ist: Die Natur braucht mehr Raum, um so vor Hoch­wasser zu schützen. Das hat gleichzeitig große Effekte für den natürlichen Klimaschutz.“

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Zugleich kritisierte der Nabu, dass Flutschäden in Deutschland nicht ausreichend durch Versicherungen abgedeckt würden. Studien zeigten, dass von rund 40,5 Milliarden Euro Hochwasser­schäden im Jahr 2021 nur rund 8,5 Milliarden Euro von den Versicherungen übernommen wurden.

Bereits nach den Überflutungen im Saarland Mitte Mai waren deshalb Rufe nach einer Versicherungs­pflicht gegen Elementarschäden laut geworden.

Angesichts der Unwetter bekräftigte der Vorsitzende der Minister­präsidenten­konferenz, Hessens Regierungschef Boris Rhein, die Forderung nun: „Wir alle sehen, dass Extrem­wetter­ereignisse zunehmen“, sagte der CDU‑Politiker dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Wir brauchen deshalb zügig eine Pflichtversicherung für Elementarschäden, um Betroffenen unter die Arme zu greifen und gleichzeitig die Solidargemeinschaft zu entlasten.“

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Der Ministerpräsident forderte den Bund zum Handeln auf. „Naturkatastrophen wie Unwetter oder Stürme dürfen weder Menschen in den finanziellen Ruin treiben noch in vollem Umfang alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler belasten. Deshalb muss sich die Bundesregierung bewegen und endlich die Pflichtversicherung auf den Weg bringen“, sagte Rhein weiter. Die Länder würden das Thema am 20. Juni bei der nächsten MPK unter hessischem Vorsitz deshalb wieder auf den Tisch legen, kündigte der MPK-Chef an.

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Versicherungen und Eigentümer gegen Pflicht

Die Versicherungsbranche und die Eigentümerverbände sehen eine solche Pflicht skeptisch. Die Bundesländer müssten beim Schutz vor Wetterextremem das Thema Prävention in den Fokus nehmen, erklärte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. „Eine Pflichtversicherung als alleiniges Mittel hilft niemandem – weder Hausbesitzern noch Ländern und Kommunen“, betonte er. „Aus unserer Sicht diskutieren wir damit am entscheidenden Thema vorbei. Oberste Priorität sollten klimaangepasstes Planen, Bauen und Sanieren haben.“ Prävention sollte fester Bestandteil der Landes­bauordnungen werden. „Sonst können wir uns schon jetzt auf Milliarden­schäden bei künftigen Hochwassern gefasst machen.“

Der Immobilienverband Deutschland erklärte auf RND-Anfrage, alle Gebäudeeigentümer seien für den Schutz ihres Eigentums selbst zuständig. Zudem unterscheide sich das Risiko einer Naturkatastrophe von Region zu Region, sagte Verbandssprecher Stephen Paul. Eine allgemeine Pflicht, die alle Eigentümerinnen und Eigentümer unabhängig vom Standort gleichermaßen beträfe, sei demnach abzulehnen – zumal noch offen sei, ob es letztendlich der Vermieter oder der Mieter sei, der die zusätzlichen Kosten für die Pflichtversicherung tragen müsse.

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Aus Sicht des Deutschen Mieterbunds (DMB) liegt diese Verantwortung naturgemäß klar aufseiten der Eigentümer. DMB-Bundesdirektorin Melanie Weber-Moritz forderte bereits im März in einer Stellungnahme, dass eine Versicherung – ob verpflichtend, oder nicht – berücksichtigen müsse, dass die zusätzlichen Kosten nicht auf die Mieter übertragen werden.

Ob der Mieterbund eine mögliche Pflicht zur Versicherung befürworte oder nicht, ließ er in seiner Antwort auf die RND-Anfrage derweil offen: „Als Vertreter der Mieterinnen und Mieter in Deutschland ist es uns besonders wichtig, dass es durch die Einführung etwaiger neuer verpflichtender Versicherungen nicht zu einer weiteren finanziellen Belastung von Mieterinnen und Mietern kommt“, teilte Sprecherin Jutta Hartmann lediglich mit.



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