„Putins Krieg und Deutschlands Rolle – wie undiplomatisch können Sie sein, Frau Baerbock?“, war die Frage der Sendung von Caren Miosga (54) am Sonntagabend. Tatsächlich dauerte es 14 Minuten, bis die Moderatorin die erste konkrete Frage mit Blick auf Baerbocks Verhalten stellte. Vorher gab sie der Grünen-Außenministerin überraschend viel Raum. Annalena Baerbock (43) erzählte von ihren Erfahrungen in der Ukraine, wie sie Putin und seine Kriegsführung wahrnehme und dass sie dem russischen Außenminister Sergei Lawrow immer entschieden entgegentrete, weil sonst zu viel von dessen „Lügen“ in der Öffentlichkeit hängen bleiben würde.

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Und auch, dass sie die Aussage des Papstes, die Ukraine brauche Mut zu einer weiße Flagge, nicht verstehen könne. „Manchmal wünsche ich mir, man würde mit denjenigen mal zusammen in die Ukraine fahren“, sagte sie.

Papst Franziskus empfiehlt Ukraine Mut zu „weißer Fahne“

„Wenn man sieht, dass man besiegt ist, dass es nicht gut läuft, muss man den Mut haben, zu verhandeln“, sagte der Papst dem Schweizer Fernsehen.

Doch dann stellte Misoga die erste Frage, die wirklich auf das politische Verhalten Baerbocks zielte. „Ich würde gerne erfahren, warum sie wie kommunizieren“, sagte die Moderatorin. Gemeint war, dass Baerbock in der Vergangenheit regelmäßig betont hatte, wie nah ihr die Situation in der Ukraine sowie im Gazastreifen gingen. Auch als zweifache Mutter. „Bei ihren öffentlichen Auftritten fällt auf, dass sie ungewöhnlich emotional sprechen“, sagte Miosga. „Lassen Sie diese Gefühle bewusst zu?“

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Baerbock schien auf diese Frage sichtlich gerührt und musste schlucken. „In beiden Moment konnte ich gar nicht anders“, sagte sie. Das sei nun mal ihre Art von Politik. Sie glaube, dass sie so die Menschen gut erreiche.

Baerbock: „Wer Frieden will, muss alles dafür tun“

„Sie sind Außenministerin geworden, in der ganz klar die Illusion eines friedlichen Russlands längst zerplatzt war. Glauben Sie, dass diese Erkenntnis bei allen in der Regierung, vor allem in der SPD, in vollem Ausmaß angekommen ist?“, wollte Miosga danach von Baerbock wissen. Darauf antwortete Politikerin mit einem knappen „Ja“ und ergänzte: „Mit diesem Russland, mit diesem Putin Russland wird es auf absehbare Zeit keine Sicherheit geben.“ Baerbock sprach sich in diesem Zuge auch für eine volle Unterstützung der Ukraine aus. „Wer Frieden will, muss alles dafür tun, dass die Ukraine diesen Krieg nicht verliert.“ Mit Blick auf die Frage zur Sendung war Deutschlands Rolle in Putin Kriegs jedenfalls geklärt.

Fast. Denn Miosga lenkte das Gespräch zur Taurus Debatte und dem klaren Nein des Kanzler über die Lieferung der Marschflugkörper. Haben Sie gewusst, dass er das tun würde?“, fragte sie Baerbock.

Diese wand sich um eine konkrete Antwort herum. „Wir sind ja logischerweise ständig im Gespräch“, antwortete sie und erzählte dann, dass die Frage nach weitreichenden Waffensystemen im vergangenen Sommer schon einmal diskutiert worden sei – bis Miosga sie unterbrach: „Bleiben Sie doch bitte dabei. Ist die Debatte jetzt zu Ende, weil der Kanzler sagt: Ich bin der Kanzler?“ Doch auch hier gab die Außenministerin keine eindeutige Antwort. Der Kanzler hätte deutlich gemacht, dass die Nato und Deutschland keine Kriegspartei werden dürfe. Aber: „Das besprechen wir gemeinsam vertraulich, damit wir gemeinsam zu einer Entscheidung kommen.“

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Die Gäste forderten Baerbock nicht heraus

Vertraulich und gemütlich blieb die Runde auch mit den beiden anderen Gästen. Eingeladen waren die Politikwissenschaftlerin Minna Ålander und der Außenkorrespondent der ZEIT in Moskau, Michael Thumann.

„Wie definiert Putin Kriegsbeteiligung und wann er sich wie provoziert fühlt?“, wollte Misoga mit Blick auf die Absage zur Taurus-Lieferung von Thumann wissen. „Das ist sehr flexibel bei Putin, weil er es gerade so dreht, wie er es braucht“, antwortete dieser

Thumann erklärte daraufhin, wie der russische Präsident in seiner Kriegsstrategie vorgeht: „Putin versucht maximale Verunsicherung zu verbreiten.“ Deswegen setze er auch immer wieder die Atomwaffe und ihren möglichen Gebrauch ein. Doch laut Thumann würde Putin bei solchen Aussagen nie konkret werden. „Er lässt immer offen, was er eigentlich machen wird“, so Thumann.

Der Journalist zog dabei auch einen Vergleich zur deutschen Kriegsführung. „Die Bundesregierung macht den Fehler, dass wir viel zu viel erzählen, was wir eigentlich genau machen oder was wir nicht machen“, sagte der Thumann. Mit Blick auf die Taurus-Lieferung fragte er: „Warum lassen wir es nicht einfach offen? Warum lassen wir die in Moskau nicht einfach ein bisschen schmoren?“ Deutschland schließe immer zu schnell aus.

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Zu deutlich ausgeschlossen wurde laut Thumann auch durch die Reaktion Deutschlands auf Emmanuel Macrons Aussage, dass Bodentruppen in der Ukraine nicht auszuschließen seien. „Warum stellt sich der Kanzler hin und schließt gleich aus?“ Er würde Russland nicht die Sicherheit geben, dass Deutschland bestimmte Dinge nicht tue.

Baerbock verweigerte die Antwort auf eine spontane Frage

Baerbock kommentiert diese Aussage, dass Deutschland eben noch nicht so viel Erfahrung in Sachen Kriegsführung hätte. In anderen Ländern seien „psychologische Kriegsspielchen“ viel präsenter. Doch auch hier entwickelte sich keine angeregte Diskussion. Die Sendung tröpfelte dahin. Von den Gästen kam untereinander keine Widerrede. Die Politikwissenschaftlerin Minna Ålander äußerte sich kaum und wenn dann nur sehr knapp. Auch Miosga schaffte es nicht, durch spannende Fragen einen Spannungsbogen zu erzeugen.

Nur einmal kam es noch zu einem Schlagabtausch. Als Thumann erzählte, wie der deutsche Botschafter in Russland nach dem Abhörskandal beim Besuch des russischen Außenministeriums von russischen Journalisten belagert wurde, fragte Miosga Baerbock: „Wie lautet die Antwort der Chefin?“ „Wir haben ja von klugen Strategien erfahren, man sollte sie im Ungewissen lassen. Deswegen verkünde ich sie jetzt nicht im deutschen Fernsehen“, konterte Baerbock darauf. Dieser kurze Ausbruch ging allerdings in einem freundlichen Lachen von Thulmann und einem „Ja, das ist gut“, unter.

Diese Szene stand dann auch stellvertretend als Antwort auf die Frage zur Sendung: Undiplomatisch musste an diesem Abend niemand sein. Schon gar nicht Frau Baerbock.



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