Haidhausen – Er scheint den Münchnern gefehlt zu haben. Seit Oktober ist der Lucky Punch Club im ehemaligen Gasteig fast jedes Wochenende ausverkauft. Ins Leben gerufen hat den Comedy-Club Michael Mittermeier, der damit aufstrebenden Comedians in der Stadt eine Plattform bieten will. Das ist ihm gelungen.

Gespielt wird an sechs Abenden pro Woche. Für alle, die es selbst einmal ausprobieren möchten, gibt es regelmäßig Comedy-Workshops. Der nächste findet am 3. Mai statt, Infos findet man auf der Website des Clubs.

AZ: Wo fand die Münchner Comedy-Szene eigentlich vor dem Lucky Punch Club statt?
VAN GÖNS: Es gab zwar schon Kabaretträume, wie das Vereinsheim. Aber die Stand-Up-Comedy-Szene, wie wir sie nach amerikanischem Vorbild kennen, kommt aus kleinen Bars, Hinterräumen. Das schwappte 2017 nach München.

Wie war es in anderen deutschen Städten?
MITTERMEIER: Ich kannte das eigentlich nur aus New York, wo ich einige Zeit gelebt habe. Ich fand das immer seltsam. Comedy hat in Deutschland geboomt, auch als ich selbst Mitte der 90er Jahre hochgeschossen bin. Da habe ich auf Rock am Ring vor 60.000 Leuten gespielt. Aber es gab keine Comedy Clubs!

Michael Mittermeier füllt selbst große Hallen. Trotzdem unterstützt er die kleine Comedy-Szene.
Michael Mittermeier füllt selbst große Hallen. Trotzdem unterstützt er die kleine Comedy-Szene.
© Sigi Müller
Michael Mittermeier füllt selbst große Hallen. Trotzdem unterstützt er die kleine Comedy-Szene.

von Sigi Müller

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Was ist der Unterschied zwischen Comedy und Kabarett?
MITTERMEIER: Wir sind ein reiner Stand-Up-Comedy-Club. Hier gibt es einen Moderator, den Host, und mehrere Comedians. Der Host wärmt das Publikum auf, spricht mit den Leuten und dann macht jeder sein Set. Das ist eine Show, etwas anderes, als wenn du dir ein Kabarett-Programm anschaust. Der Kabarettist geht auf die Bühne, macht sein Programm, und nach 90 Minuten geht er wieder runter. Eine Comedy-Show hat eine andere Energie.
VAN GÖNS: Ich habe das Gefühl, dass bei der Comedy die Leute auf der Bühne persönlicher, ehrlicher, direkter sind. Es gibt den schönen Satz: “truth in comedy”. Das Witzigste ist das, was ehrlich ist.

Michael Mittermeier: “Comedians sprechen über das echte Leben, und das ist auch oft politisch.”

Was für Menschen sind die Comedians?
MITTERMEIER: Da ist der junge Student, der ist weiß und hetero. Als Nächstes kommt ein iranstämmiger Comedian, dann eine Frau mit Wurzeln in Peru. Und die sprechen über die Dinge, die sie erleben. Das ist anders als im Kabarett. Die Comedians sprechen über das echte Leben, und das ist auch oft politisch. Im Kabarett wird sich oft was ausgedacht und von außen draufgeschaut.

Müssen die Leute vor Ihnen erst Probe-Performen?
VAN GÖNS: Nein. Dafür haben wir kleine Open Mics, zum Beispiel freitags, moderiert von zwei unserer Newcomerinnen. Da treten auch Leute auf, die wir überhaupt nicht kennen.

Und das geht gut?
VAN GÖNS: Das ist Comedy! Dafür sind solche Abende da. Da kann man Leute sehen, die ihren ersten Auftritt haben. Wir bieten aber auch Comedy-Workshops an. Da können die Leute intensiv reinschnuppern und sich dann überlegen, auf die Open Mic-Bühne zu gehen.

Lucky Punch Comedy Club in München: “Wir legen nicht fest, was die Leute spielen”

Ich war einmal im Lucky Punch Club. An dem Abend haben drei Comedians über ihre vermeintlichen körperlichen Defizite gesprochen. Sind das typische Comedy-Themen?
VAN GÖNS: Das meine ich mit ehrlich. Die Themen sind persönlich. Aber ein bestimmtes, angesagtes Thema gibt es nicht.
MITTERMEIER: Es gibt auch Abende, an denen sich jeder Comedian thematisch in einer völlig anderen Welt bewegt. Wir legen nicht fest, was die Leute spielen. Jeder macht das, was er für richtig hält an dem Abend.

Der Lucky Punch Comedy Club befindet sich im ehemaligen Carl Amery Saal im Gasteig am Rosenheimer Platz.
Der Lucky Punch Comedy Club befindet sich im ehemaligen Carl Amery Saal im Gasteig am Rosenheimer Platz.
© Sigi Müller
Der Lucky Punch Comedy Club befindet sich im ehemaligen Carl Amery Saal im Gasteig am Rosenheimer Platz.

von Sigi Müller

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Was sind typische München-Themen?
MITTERMEIER: Während der Wiesn spricht man mal übers Oktoberfest, klar. Aber ich war mal eine Weile in Berlin. Da sprechen neun von zehn Comedians über Berlin, wie es am Kotti und in der U4 aussieht. Als Nicht-Berliner warst du thematisch ausgesperrt. Die Münchner Szene hat das nie gehabt. Aber manchmal sitzt das München-Klischee sogar in der ersten Reihe. An einem Abend saß da eine Frau mit einem Pelz. Ich dachte, der ist fake, wollte einen Witz machen und spreche sie auf ihren Leoparden an. Da sagt sie voller Stolz: Nein, der ist aus zwei Leoparden gemacht. Hat die einen Mantel aus zwei Leoparden um den Hals! (lacht)

Gibt es Themen, bei denen ihr sagt: bitte nicht?
MITTERMEIER: Tabus gibt es nicht. Die Frage ist, wie du darüber sprichst. Du kannst eine sehr gute Nummer über Sexismus machen, darfst aber selbst nicht sexistisch sein. Wenn jemand zu weit geht, weil er besonders hart sein will, würde ich einschreiten. Aber warum soll es verbotene Themen geben? Auf der einen Seite zitieren Journalisten immer Tucholksy mit ‘Satire darf alles’ und auf der anderen Seite kommen sie mir dann mit vermeintlichen Tabu-Themen an. Ich kann auch eine Nummer über Krieg machen. Das ist zwar hart, aber klar in der Sache. Ich muss doch den Krieg lächerlich machen, damit es den Leuten den Schrecken nimmt.

Michael Mittermeier will Comedy-Talente aus München fördern: “Es läuft echt richtig gut”

Viele Comedians sprechen direkt mit dem Publikum. Ist das eine neue Kunstform?
MELLEIN: Das nennt sich Crowdwork und ist vor allem eine Aufgabe des Moderators. Die Improvisation mit dem Publikum ist dazu da, die Show warm zu bekommen. Aber manche Comedians machen das auch als Teil ihres Sets. Wenn zum Beispiel jemand rein ruft – was wir ausdrücklich nicht empfehlen (lacht) – kann es dazu führen, dass der Comedian anfängt, zu improvisieren.
VAN GÖNS: Irgendjemand hat einmal gesagt: als Comedian spielt man das Publikum wie sein Instrument.

Und wer ist das Publikum?
MITTERMEIER: Es ist extremst gemischt. Ganz Junge, Mittelalte, auch Ältere. Die mischen sich super mit den Jungen – und gehen teilweise noch mehr ab, weil die das noch nie gesehen haben. Das macht mir einen Riesenspaß, deshalb möchte ich auch selber so oft wie möglich präsent sein.

Euer Konzept ist also von Anfang an voll aufgegangen?
MITTERMEIER: Es läuft echt richtig gut, wir sind oft ausverkauft und superhappy. Wir freuen uns auch, dass Comedians aus anderen Städten bei uns auftreten wollen. Zum Beispiel Filiz Tasdan aus Berlin – im Moment eine der besten Frauen auf der Bühne. Und wenn solche Leute zu uns kommen, um mal ein Solo auszuprobieren, macht uns das stolz.
VAN GÖNS: Was über allem stand, war: Support der Münchner Szene. Das ist uns gelungen. Ich selbst habe meinen anderen Job gekündigt und kann durch den Club jetzt sogar als Vollzeit-Comedian arbeiten. Das hätte ich mir nie erträumen lassen.

V.l.: Hauke van Göns, Michael Mittermeier und David Mellein im AZ-Interview.
V.l.: Hauke van Göns, Michael Mittermeier und David Mellein im AZ-Interview.
© Sigi Müller
V.l.: Hauke van Göns, Michael Mittermeier und David Mellein im AZ-Interview.

von Sigi Müller

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Was kommt besonders gut an?
VAN GÖNS: Unsere Impro-Abende laufen erstaunlich gut. Aber der Mix macht’s. Wir spielen an sechs Abenden die Woche verschiedene Formate, zum Beispiel auch eine Show nur auf Englisch. Außerdem bieten wir demnächst wieder Newcomer-Workshops an, die sich unter anderem auch speziell an Frauen richten.

Gibt es ein paar Münchner, die demnächst groß werden?
MITTERMEIER: Alle spannenden Comedians, die jetzt gerade passieren, kommen mittlerweile aus der Stand-up-Szene. Ich sehe hier Talente und denke schon nach drei Monaten: what the hell! Ich möchte jetzt keinen Namen herausgreifen. Aber irgendeiner wird mal rausspringen.


Infos und Termine: Lucky Punch Comedy Club





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