Brüssel. In der Europäischen Union sind derzeit 821 Banden mit über 25.000 Mitgliedern aktiv, die von Europol zu den gefährlichsten kriminellen Netzwerken zählen. Das geht aus einem Bericht der europäischen Polizeibehörde hervor, der am Freitag in Brüssel vorgestellt wurde. „Wir wissen, wer sie sind, wie sie organisiert sind, in welche kriminellen Geschäfte sie involviert sind, wie und wo sie operieren, mit wem sie zusammenarbeiten und wie sie versuchen, die Polizei auszutricksen“, sagte Europol-Direktorin Catherine De Bolle. Jedes zweite Bandennetzwerk ist der Analyse zufolge in Drogendeals verwickelt, ein Drittel konzentriere sich ausschließlich auf den Drogenhandel. „Der illegale Drogenmarkt ist eine der wichtigsten Ursachen für Gewalt und das Einkommen der Banden“, sagte die belgische Innenministerin Annelies Verlinden. Der Drogenhandel findet am häufigsten in Belgien, Deutschland, Italien, den Niederlanden und Spanien statt.

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„Zombie-Droge“ auf dem Vormarsch

Fast immer geht es um Kokain, in einigen anderen Fällen auch um synthetische Drogen und Cannabis. „Wir beobachten, dass immer gefährlichere synthetische Drogen Europa überschwemmen“, sagte Belgiens Justizminister Paul Van Tigchelt. Die sogenannte Zombie-Droge tauche in Belgien und anderen EU-Ländern immer häufiger auf. Dabei handelt es sich um Xylazin, ein in der Tiermedizin häufig verwendetes Beruhigungsmittel. Weitere häufige Verbrechen sind Betrug, Einbrüche und Diebstahl, Menschenhandel sowie der Schmuggel von Migranten.

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Der Bericht zeigt erstmals das Ausmaß der Bandenkriminalität in Europa. Alle EU-Mitgliedstaaten und 17 Partnerländer von Europol haben dafür Daten bereitgestellt. Die kriminellen Netzwerke erstrecken sich demnach in den meisten Fällen über zwei bis sieben Länder, sodass eine enge Zusammenarbeit der nationalen Polizeibehörden und Europol notwendig ist.

Jugendliche oft in Drogenhandel verwickelt

Immer häufiger spielen sich die kriminellen Handlungen in der Öffentlichkeit ab und gefährden die Sicherheit der Bevölkerung, sagte die belgische Innenministerin. Dem Bericht zufolge haben vor allem drogenbedingte Gewaltdelikte und Machtkämpfe auf den Straßen vieler EU-Städte zugenommen. Zudem würden mehr Menschen Opfer von Betrug und anderen Delikten werden. Um einer Strafverfolgung zu entgehen, missbrauchen die Banden häufig Jugendliche für den Drogenhandel und andere kriminelle Aktivitäten.

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Die größten Gruppen sind Europol zufolge hierarchisch strukturiert und basieren auf Familien oder Clans. Um unentdeckt zu bleiben, operieren 86 Prozent der gefährlichsten Banden über legale Unternehmen, sagte die Europol-Chefin. Dazu infiltrierten sie entweder große Konzerne, um in ihrem Schatten Straftaten zu begehen oder sie würden eigen Unternehmen grünen, um Geld aus kriminellen Aktivitäten zu waschen. Korruption und Gewalt stünden an der Tagesordnung. Besonders ausgeprägt seien diese legalen Strukturen bei alteingesessenen Banden. Dadurch gelingt es ihnen auch leichter, unter dem Radar der Behörden zu bleiben, sagte De Bolle. Häufig würden die Gewinne aus dem Drogenhandel in Immobilien, Supermärkte und Hotels in ganz Europa investiert.

Die meisten Bandennetzwerke haben Mitglieder aus einer Vielzahl an Staaten. Die wichtigsten Nationalitäten sind Albanien, Belgien, Frankreich, Deutschland, Italien, die Niederlande, Polen, Spanien, die Türkei und die Ukraine. In osteuropäischen Banden sind häufig Polen und Ukrainer die Führungsmitglieder. Doch es gebe häufig auch Verbindungen nach Russland.

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Europol und die EU-Kommission rufen dazu auf, die internationale Zusammenarbeit zu stärken und den Fokus der Ermittlungen auf die besonders gefährlichen Banden zu konzentrieren. „Wir müssen mehr Informationen unter den Behörden teilen“, sagte EU-Justizkommissar Didier Reynders. Er forderte zudem eine bessere finanzielle Ausstattung der Polizei und Justiz.

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