Er überstand 11 Chefredakteur*innen und die Einstellung der Medienseite. Nun geht Tagesspiegel-Medienredakteur Joachim Huber in Rente. Eine Würdigung.
Die Zeiten sind ja gerade ein bisschen verrückt. Da hat also Kulturstaatsministerin Claudia Roth bei der Berlinale nur der jüdisch-israelischen Hälfte des Duos Yuval Abraham und Basel Adra zugeklatscht. Die wurden für ihren Dokumentarfilm „No Other Land“ über die Konfliktlage zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten ausgezeichnet. Wahrscheinlich kommt demnächst noch die Ansage, Roth habe auch nur mit einer Hand Applaus gespendet. Bevor sich hier die Berlinale ihren nächsten Bären aufbindet, sollte dringend an der Streitkultur hierzulande gearbeitet werden.
Wie das geht, hat einer gezeigt, der nun geht: Joachim Huber, der geschätzte Medienredakteur des Tagesspiegels. Es geht das Gerücht, er sei schon in der Medienredaktion des Berliner Intelligenzblattes geboren worden. Als ich anno 2000 bei der taz anfing, war er jedenfalls schon da und blieb insgesamt 34 Jahre. In dieser Zeit hat Joachim elf Chefredakteur*innen kommen und gehen sehen, mit denen auch nicht immer alles rundlief.
„Wer Medienjournalismus betreibt, lebt teilweise auch gefährlich“, hat Joachim am Mittwochabend bei seiner Verabschiedung gesagt und dennoch die „innere Liberalität, die den Tagesspiegel auszeichnet“, gelobt. Joachim kann aushalten und streiten.
Er kennt sich besser aus
Mit feinem, manchmal ironisch-fiesem Witz nimmt er dann Intendant*innen und Medienpolitiker*innen auseinander. Aber nicht, um sie vorzuführen. Er kennt sich bloß im Zweifel einfach durch seine lange Laufzeit besser in Themen aus als sie selbst.
Ihm geht es darum, die reichlich vorhandenen Absurditäten unseres Systems liebevoll aufzuspießen. So wie jetzt, wo es eine Beitragsansage der KEF gibt. Und die Medienpolitik „ach nö“ sagt. Nur um sich dann zu wundern, dass ihr Problem trotzdem nicht verschwindet. Es ist jetzt bloß auf den Herbst verschoben, wo sie dann entscheiden müssen. „Tja, wie geht es nun, dass Medien- und Kulturpolitik gestärkt werden können? Ich möchte hier gern eine ehrliche Antwort von der Politik“, sagt die Mitbewohnerin.
Joachim Huber wird aber nicht nur als Medienjournalist in Erinnerung bleiben. Zu Beginn der Coronapandemie erkrankte er so schwer, dass es um Leben und Tod ging. Joachim hat durchgehalten und mutig Zeugnis abgelegt, gegen die Coronaleugner. Das eigene Schicksal öffentlich zu machen, dazu gehört Mut, Anstand und Haltung.
Und dann hat Joachim wie selbstverständlich als Medienjournalist weitergearbeitet. Wie es sein Blatt ihm dankt? Der Tagesspiegel hat bei der jüngsten Blattreform ausgerechnet die Medienseite gestrichen und die Medienredaktion aufgelöst. Das ist so absurd wie Claudia Roths einhändiges Klatschen. Bleibt zu hoffen, dass Joachim Huber auch das noch mal mit seiner feinen Ironie aufspießt. Wir applaudieren ihm hier jedenfalls mit beiden Händen und nehmen