Endlich fragt mal jemand: „Soll Deutschland konservativer werden?” lautete jedenfalls das Thema der ersten „hart aber fair”-Sendung nach der kurzen Frühjahrspause der Talkshow. Und zur mentalen Einstimmung auf die erhoffte Grundsatzdebatte hatte die ARD zuvor eine einstündige Reportage über Friedrich Merz ausgestrahlt, in der mehr oder weniger prominente CDU-Vertreter zu Wort kamen. Das war dann richtig konservativ. Und fast alle Interviewten scheinen Merz als künftigen Kanzlerkandidaten zu unterstützen. Nur NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst hielt sich vornehm zurück.

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Viel Neues war in der Sendung allerdings nicht zu erfahren, außer der Information, dass sich Merz und Söder jeden Montag um 8 Uhr zu einer Videokonferenz treffen. Worüber dabei gesprochen wird, war jedoch nicht zu erfahren. Dafür gab es als kleine Entschädigung hübsche Bilder von der schmucken Adenauer-Villa am Comer See, die offenbar immer noch ein Tagungsort der Christdemokraten ist. Und das Bekenntnis des Oppositionsführers, dass seine CDU „wieder auch eine konservative Partei” werden müsse.

Das würde Söder heute wohl nicht mehr so sagen

Eröffnet wurde „hart aber fair” dann mit einem knapp 15-minütigen Gespräch zwischen Moderator Louis Klamroth und Söder. Der schloss dabei einen Machtkampf um die Kanzlerkandidatur aus. Zwischen ihm und Merz gebe es große inhaltliche Übereinstimmungen und ohnehin sei „der CDU-Vorsitzende normalerweise der klare Favorit“, sagte er.

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Eine Zusammenarbeit mit der AfD komme hingegen nicht infrage, die Brandmauer stehe. Anders als mit der neuen Partei von Sahra Wagenknecht, mit der sich Söder offenbar durchaus eine Zusammenarbeit vorstellen kann. Wie die aussehen soll, blieb allerdings sein Geheimnis. Und als Klamroth, angeregt durch den clownesken Aufmarsch der Islamisten am vergangenen Wochenende in Hamburg („Das Kalifat ist die Lösung”), auf das Thema Islam zu sprechen kam, geriet der sonst so souveräne Söder für einen Moment ins Schwimmen. Schuld war ein Zitat Söders aus dem Jahr 2012, wonach der Islam zu Bayern gehöre. Das würde der Franke heute offenbar nicht mehr so sagen.

Döner zum Aufbacken gelebte Integration?

Danach wurde in großer Runde weiter diskutiert, allerdings nicht über das Thema der Sendung. Der Thüringer CDU-Vorsitzende Mario Voigt erging sich in Allgemeinplätzen über das kommende neue Grundsatzprogramm der CDU, sprach in diesem Zusammenhang von einem positiven Weltbild, von Freiheit und Sicherheit. Aber auch – tatsächlich! – von der Thüringer Bratwurst, die zumindest in Thüringen auch zur Leitkultur, zum Brauchtum gehöre, und von Voigt erfuhr man dann auch, dass Döner zum Aufbacken gelebte Integration sei. Wohl bekomm’s.

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Das Bündnis Sahra Wagenknecht wurde im Januar gegründet. In bundesweiten Umfragen steht die Partei bei 5 Prozent oder sogar etwas darüber.

Überraschend aggressiv – ein Vorgeschmack auf den Wahlkampf?

Wagenknecht, ebenfalls zu Gast, knöpfte sich – eines ihrer Lieblingsthemen – das arrogante grüne Milieu vor und sah sogar das Aldi-Schnitzel in Gefahr. Die Muslima Khola Maryam Hübsch relativierte dann wenig überzeugend den skandalösen Aufmarsch der Islamisten in Hamburg und sprach plötzlich vom Gaza-Krieg. Was Klamroth zu Recht sofort unterbrach.

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Überraschend, weil plötzlich aggressiv, geriet der Juso-Vorsitzende Philipp Türmer mit Mario Voigt aneinander. Ein Streit, der einen unangenehmen Vorgeschmack auf den bevorstehenden Wahlkampf gab. Und für den Journalisten Robin Alexander ist die wieder aufgeflammte Diskussion um die deutsche Leitkultur ein alter Hut. Und ganz nebenbei relativierte er Söders Verzicht auf die Kanzlerkandidatur mit dem Satz: „Wenn Merz einen schweren Fehler macht, ist Söder in drei Sekunden wieder da.”

Fazit: Der Erkenntnisgewinn an diesem Abend war gering. Und über das Thema der Sendung wird wohl ein anderes Mal diskutiert – mit oder ohne Thüringer Bratwurst.



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