Neubukow/Wittenbeck. Seit fast vier Jahren schon könnte Martina Hübsch ihren wohlverdienten Ruhestand genießen. Doch die leidenschaftliche Lehrerin steht in Neubukow weiterhin an der Tafel und bringt ihren Schülern Mathe und Physik näher.
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Die 66-Jährige unterrichtet 14 Stunden pro Woche und ist außerdem Leiterin einer 9. Klasse. „Bis zum letzten Jahr habe ich noch Vollzeit gearbeitet, also 27 Unterrichtsstunden pro Woche gehabt“, erzählt sie. Weil sie nicht von 100 auf 0 runtergehen wollte, wenn ihre Zeit an der Regionalen Schule um ist, reduzierte sie 2023 ihr Pensum. Sie stehe gern im Klassenzimmer und noch lieber im Werkraum – aktuell acht Stunden pro Woche. Mit Holz zu arbeiten, den Schülern etwas beizubringen. Das mache ihr Freude. „Also Gartenarbeit zum Beispiel würde mich nicht so erfüllen“, sagt sie und lacht.
Lehrerin aus Neubukow: Respekt und Empathie sind wichtig
Eine neue 5. Klasse habe sie vor vier Jahren eigentlich nicht übernehmen wollen – nun begleite sie die Jugendlichen an der Regionalen Schule bis zu ihrem Abschluss. „Die jungen Kollegen suchen auch meine Hilfe – das finde ich schön.“ Ihre Schüler würden sie ebenfalls respektieren. Das habe sie sich hart erarbeitet: „Man muss empathisch sein und trotzdem streng, konsequent. Und alle Forderungen und Regeln erklären, die man hat.“ Es müsse eine Gemeinschaft entstehen. „Bei mir wird keiner vorgeführt.“
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Der Unterricht habe sich stark verändert. „Vieles von dem Stoff, den wir zu DDR-Zeiten bei den naturwissenschaftlichen Fächern im Lehrplan hatten, ist gestrichen worden.“ Manchmal wisse sie gar nicht, wo sie mit ihrem ganzen Fachwissen hinsolle, sagt sie. Zugleich hat die Digitalisierung Einzug gehalten. „Die Methoden ändern sich, das muss so sein. Klar. Tafelbilder werden per Whatsapp weitergeschickt. Aber ich bin ehrlich – ich bin nach wie vor der Kreidetyp.“
Ritual: Kaffee trinken mit den Schülern
Mit ihrer vorherigen Klasse habe sie morgens ein schönes Ritual gehabt. „Wir haben zusammen Kaffee und Cappuccino oder Tee getrunken. Das hat funktioniert – und die Schüler waren trotzdem aufmerksam.“ Das sei natürlich auch an anderen Schülern nicht vorbeigegangen. „Die kamen dann in den Klassenraum, wo es noch nach Kaffee duftete, und fragten mich, ob ich das mit ihnen auch machen würde. Nein, sagte ich, das muss man sich verdienen.“
In ihren 43 Jahren als Lehrerin hat sie viel erlebt. „Ich habe 1981 als Lehrerin in Rostock angefangen“, erinnert sie sich. Ein Jahr lang war sie sogar an vier Schulen gleichzeitig angestellt – darunter Kröpelin, Neubukow und Kühlungsborn. Oft musste sie an einem Tag zu mehreren Schulen fahren. Anfang der 2000er-Jahre holte sie das sogenannte Lehrerpersonalkonzept ein. Dieses sei nach der Wende eingeführt worden, um zu verhindern, dass Lehrer ihren Job verlieren. Dafür mussten andere Fachkräfte ihre Stunden reduzieren, damit die Arbeit anders verteilt werden konnte. Die Gehaltseinbußen machten es der Alleinerziehenden nicht möglich, ihr Haus in Börgerende weiter abzuzahlen. Am Ende musste Martina Hübsch ihre Bleibe an der Ostsee aufgeben. „Ich konnte es nicht mehr stemmen“, erinnert sie sich.
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Mit Eisbaden den Stress weggewaschen
Was ihr in schwierigen Situationen wie dieser geholfen habe? „Ich versuche immer, etwas Positives zu finden. Ich bin ein Stehaufmännchen. Und vor 23 Jahren kam ich auch zum Eisbaden. Das hat den Stress weggewaschen.“ Mittlerweile sei sie in ihrer Wohnung in Hinter Bollhagen glücklich – und zum Eisbaden gehe sie immer noch.
Hin und wieder begegne sie ehemaligen Schülern. „Wenn man dann sieht, dass aus ihnen etwas geworden ist, ist das ein gutes Gefühl.“
OZ