Giesing – Wenn man so will, war der entspannte hochsommerliche Frühlingstag wie gemacht für die Technik-Panne im Grünwalder. Die Straßenparty in Giesing ging halt einfach noch ein Stünderl weiter, die Fans nahmen es insgesamt gelassen. Und anders als im November 2017, als gegen den TSV Buchbach der Strom im Stadion komplett ausfiel, konnte die Partie gegen Viktoria Köln ja immerhin noch gespielt werden. Also einfach nur mal wieder eine nette Gschicht, die Löwen, die dabei waren, irgendwann ihren Enkeln erzählen werden? Nicht ganz. Der Vorgang ist schon über die Anekdote hinaus bemerkenswert – aus symbolischen und praktischen Gründen.

Lautsprecher-Ausfall: Ein Anlass für die Stadt, Sechzig ernster zu nehmen – und die Sicherheit

Symbolisch steht der Technikausfall dafür, dass die Stadt dem TSV 1860 kein guter Vermieter ist. Es gibt ja nicht nur die große Umbau-Frage, sondern auch ein Hier und Jetzt. Und da zahlen die Löwen für sehr schwierige Bedingungen eine sehr hohe Miete. Die Stadt gibt sich mit dem einzigen Mieter, der ein Stadion dieser Größe wirklich braucht und füllt, viel zu wenig Mühe. Das fängt bei den Vermarktungsmöglichkeiten an, geht über eine ernsthafte Prüfung, ob nicht unkompliziert mehr Fans in die Westkurve können, weiter – und hört ganz offensichtlich nicht mal bei der Stromversorgung auf. Ein Argument gegen den Standort Giesing übrigens war der Ausfall ganz sicher nicht. Eher im Gegenteil: Anders als bei Veranstaltungsorten in der Einöde konnten sich die Fans wieder vor die Wirtschaften der Nachbarschaft und an den Grünspitz verteilen, ein großer Vorteil des attraktiven Umfelds, in dem sich so auch An- und Abfahrtsströme viel mehr entzerren. Weil  sich viele Fans gerne viele Stunden daheim in ihrem lebendigen Viertel aufhalten – anders als auf Beton-Esplanaden vor modernen Arenen im Nirgendwo.

Irritierend sind die Vorgänge vom Samstag aber nicht nur symbolisch, sondern auch ganz praktisch. Die Stadt ist nicht nur Eigentümerin des Stadions, sie genehmigt auch Großveranstaltungen. Dass es offenbar keinen Plan B gibt, der einfach greift, wenn Lautsprecher ausfallen, ist vollkommen absurd. Es ist auch schlicht gefährlich. Was, wenn es kein entspannter hochsommerlicher Tag ist, sondern es um den Abstieg geht, wenn 1500 Dresden- oder Bayern-Fans auf der Grünwalder Straße stehen und doch nicht ins Stadion dürfen?

Dass ernsthaft erst Megafone herbeigeschafft werden müssen (und, wenn das denn der Plan B sein sollte, nicht einfach bereit liegen) darf nicht sein. Da geht es nicht um ein Bashing der ach so bösen Fußballfans. Auch im Olympiastadion können Situationen entstehen, in denen vermieden werden muss, dass Menschenmassen in die eine und in die entgegengesetzte Richtung drängen, selbst im klassischen Konzert will man wohl wissen, wenn es sprichwörtlich hinten brennt.

Die Stadt sollte den Ausfall zum Anlass für einige Überlegungen nehmen, damit er nur eine nette Anekdote bleibt. Dass Sechzig daheim in Giesing annehmbare Bedingungen bekommt.  Und: im Notfall niemand unnötig in Gefahr gerät.





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