Karl Lauterbach will unser Gesundheitssystem umkrempeln. Dazu zählt etwa sein Vorhaben, die Zahl der Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Deutschland künftig durch Vorsorge-Gutscheine zu senken. „Wir wollen deutschlandweit bei Kindern und Jugendlichen, bei 25-Jährigen, bei 35-Jährigen und bei 50-Jährigen mit einem Gutschein-System alle auffordern, sich die Werte messen zu lassen: den Blutdruck, auch den Risikofaktor Zuckerkrankheit“, sagte er der „Bild am Sonntag“.

„Sie kriegen so etwas wie einen Gutschein. Das werden wir später über die elektronische Patientenakte abwickeln. Und mit diesem Gutschein können Sie sich dann die Blutwerte bestimmen lassen. Und wenn die Werte auffällig sind, dann können Sie über die Hausärzte die Behandlungen beginnen.“

Risikobestimmung schon bei kleinen Kindern

Vorbeugung, schon bei den Jüngsten – wie sinnvoll ist das? „Ich finde diese Lauterbach-Initiative sehr gut“, erklärt Heribert Schunkert, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Deutschen Herzstiftung im Gespräch mit FOCUS online.

„Deutschland tut weniger in Sachen Herz-Kreislauf-Vorsorge als andere Länder. Da können wir von anderen lernen.“ Er nennt als Beispiel England. Ein Land, das sonst eher für sein Gesundheitssystem kritisiert wird. Dort gebe es ein Anreizsystem, das die Vorsorge-Situation deutlich verbessert habe.

Dass künftig routinemäßig Untersuchungen in verschiedenen Altersgruppen durchgeführt werden sollen, hält der Direktor der Klinik für Herz- und Kreislauferkrankungen am Deutschen Herzzentrum München ebenfalls für sinnvoll.

Bei Kindern etwa könnten schon frühzeitig Krankheiten wie die familiäre Hypercholesterinämie, eine erbliche – unerkannt folgenschwere – Cholesterin-Stoffwechsel-Störung, festgestellt werden. Je früher diese behandelt wird, desto besser für die Betroffenen.

Und auch bei jüngeren Erwachsenen gebe es deutliche Vorteile in der frühen Vorsorge. „Dann lassen sich schon rechtzeitig die Risikofaktoren erkennen, die später zu Herzkreislauferkrankungen führen können.“ Dazu zählt der Kardiologe etwa Übergewicht, ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel.

Sind 90 Prozent der Erkrankungen vermeidbar?

„Unter idealen Vorbeuge-Bedingungen ließen sich fast 90 Prozent aller Herz-Kreislauf-Erkrankungen vermeiden“, lautet eine weitere These von Lauterbach. „Es gibt keine so tödliche Krankheit, wo so viel Tod unnötig ist. Und es ist traurig, dass wir in Deutschland so wenig erreicht haben.“

„Die 90 Prozent sind vielleicht etwas optimistisch“, ordnet Schunkert diese Aussage ein. Allerdings gehe es ja gar nicht alleine darum, wie viel Prozent der Krankheiten sich generell vermeiden ließen. „Sondern vielmehr darum, diese hinauszuzögern. Wir wollen gesunde Lebensjahre gewinnen.“ Er erklärt: „Für die Lebensqualität macht es einen erheblichen Unterschied, ob jemand mit 65 Jahren oder mit 75 Jahren einen Herzinfarkt erleidet. Es gibt nicht einen Schalter, mit dem man diese Krankheit einfach ausschaltet. Einfach aus dem Lebenslauf rausradiert. Aber es ist ein großer Unterschied, ob die Krankheit und alle folgenden Beschwerden fünf oder zehn Jahre später auftritt.“

Und er gibt Lauterbach in noch einem Punkt recht: „Dass wir in Deutschland die Situation verbessern müssen, stimmt. Es gibt hierzulande viel mehr Menschen, die Raubbau mit ihrem Körper treiben als solche, die sich um ihre Gesundheit kümmern. Und diesen Anteil gilt es zu verschieben.“ Die Kapazitäten dafür hätten wir hierzulande.

Wie Sie Ihr Herz schützen

Auch wenn Lauterbach schon Vorsorgeuntersuchungen im jungen Alter anpeilt, das Risiko, etwa für einen Infarkt, steigt mit zunehmendem Alter. Zwar kann man dagegen nichts tun, aber bestimmte Risikofaktoren lassen sich deutlich beeinflussen. Laut Deutscher Herzstiftung gehören folgende Punkte dazu, um die Herzgesundheit zu fördern:

  • Stressreduktion
  • ausreichend Bewegung, am besten Ausdauersportarten wie Wandern, Radfahren, Joggen und Schwimmen etc.
  • eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst und Gemüse sowie Vollkornprodukten und wenig Fleisch
  • Zigaretten meiden
  • Alkohol meiden
  • auf den Blutdruck achten
  • Übergewicht und Bauchfett vermeiden bzw. reduzieren

mit Agenturmaterial





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