Liebe Leserin, lieber Leser,
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sind Sie auf Tiktok? Der Videoplattform, die von dem chinesischen Unternehmen ByteDance betrieben wird und zu den sich am schnellsten verbreitenden mobilen Apps der Welt gehört? Wenn ja, werden Sie dort vermutlich die starke Präsenz der AfD bemerkt haben, die mitunter Filmchen verbreitet, mit denen sie demokratische Parteien verunglimpfen möchte und eigene Leute heroisiert. Wenn nicht, teilen Sie vielleicht Bedenken, dass auf Tiktok der Daten- und Jugendschutz verletzt wird und China Spionage betreibt.
Für seriöse Politik ist es eine schwere Entscheidung, sich dort zu tummeln. Es ist ein soziales Medium, das vor allem viele junge Menschen erreicht. Viral gehen dort oft Klamauk oder Spott und Häme über andere. Das ist nichts für Demokraten und die Bundesregierung.
Bundeskanzler Olaf Scholz am Donnerstag beim Bürgerdialog in Dresden.
Quelle: Sebastian Kahnert/dpa
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Bundestagspräsidentin Bärbel Bas hatte sich ordentlich in die Nesseln gesetzt, als sie während ihrer Corona-Isolation 2022 auf Tiktok das Kinderlind „Ich schaff‘ das schon“ von Rolf Zuckowski im Playback imitierte. Dem Amt nicht angemessen, lautete postwendend scharfe Kritik. Bas entschuldigte sich und löschte den Clip. Aber das Netz vergisst nie. Das kurze Handyvideo ist bis heute zu finden. Bas wollte witzig und „eine von ihnen“ auf der Plattform sein. Aber es passte einfach nicht.
Man stelle sich Olaf Scholz vor, wie er lustig sein wolle und dabei peinlich wirken könnte, lauteten noch bis vor Kurzem Befürchtungen im Kanzleramt. 2022 hatte Regierungssprecher Steffen Hebestreit im RND-Podcast „Geyer & Niesmann“ außerdem gesagt: „Das Bundespresseamt hatte bereits einen Prüfvermerk angelegt, der klar sagte: Wir sollten gut überlegen, ob wir als deutsche Bundesregierung auf einer chinesischen Plattform präsent sein wollen.“ Das habe ihn davon überzeugt, darauf vorerst zu verzichten.
Wagt Scholz den Tiktok-Tango?
Nun kommt die Kehrtwende. Der Kanzler hat sie in einem live übertragenen Gespräch am Donnerstagabend mit Bürgerinnen und Bürgern in Dresden verraten. Und das ging so:
Nachdem der Talk schon eine Weile lief, kam Monika Reiche an die Reihe. Geboren in Dresden, wie sie sagte, und sichtlich in Brass über die AfD. Sie selbst sei nicht in den „asozialen Medien“, schickte sie voraus. Sie habe aber gelesen, dass die AfD bei Tiktok 190.000 Follower habe – und die CDU nur lächerliche 400. Ob die SPD da überhaupt was mache, wisse sie nicht. Reiche sagte: „Ich mache mir ganz große Sorgen, dass die kackbraune Soße über die Leute gegossen wird, und die demokratischen Parteien SPD – CDU nehme ich auch noch dazu –, dass die einfach gar nicht existieren.“ Und sie fragte: „Wie schaffen Sie das, dass Sie in den sozialen Medien bitte aktiver sind?“ Ich war sehr überrascht über das, was Scholz dann aufbot.
Erst einmal gab er Frau Reiche recht. Was sie gelesen habe, stimme. Bei der Verbreitung von AfD-Inhalten können die anderen Parteien auf Tiktok also derzeit nicht mithalten. „Und deshalb gehen jetzt auch alle Möglichen da ebenfalls rein, auch die Bundesregierung diskutiert das. Und ich halte das auch für richtig“, erläuterte der Bundeskanzler. Denn man müsse auf allen Kanälen präsent sein und wahrgenommen werden mit den Informationen, die man zu liefern habe, sagte Scholz, und meint mit „man“ wohl sich.
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Tiktok oder kein Tiktok – das ist hier die Frage: Bundeskanzler Olaf Scholz beim Bürgerdialog in Dresden.
Quelle: Sebastian Kahnert/dpa
Aber wie würde der recht steife Sozialdemokrat ausgerechnet Tiktok bespielen? Tanzen, singen? Oder sich in Selbstironie üben und international Schlagzeilen machen wie mit seiner schwarzen Augenklappe nach einem Sturz beim Joggen?
Der 65-Jährige lieferte dann einen Vorgeschmack, der so erfrischend ist, dass man auf eine Fortsetzung hofft. Man solle soziale Medien nicht pauschal verfluchen, mahnte er. Aber eins treibe ihn um. Und zwar dies: „Wenn man früher so im Kollegenkreis war, oder seine Freunde hatte im Sportverein, in der Kneipe, was weiß ich, oder im Familienkreis, und da hat jemand was erzählt, was eben gar nicht geht. Da haben die anderen gesagt: Das geht nicht, lass es, Kumpel!“ Und der habe das dann auch gelassen.
„Echt, Alter, das ist Quatsch!“
Heute sei das so: „Jetzt geht so einer ins Netz und findet tausend andere weltweit, die sagen auch so was Komisches und denken, das muss ja doch ein ernsthafter Gedanke sein.“ Nun das große Aber. Er wisse noch nicht, wie man in der Welt von heute den Effekt von früher wieder hinbekomme, dass einem jemand auf die Schulter klopft und sagt: „Echt, Alter, das ist Quatsch.“ Das sei doch eine gute „Wirklichkeitskontrolle, die uns allen im Leben nützt“. Es gehöre dazu, dass es jemanden gibt, der einen bremst, wenn man krude Gedanken habe. So komme es auf uns alle an. „Man muss auch mal widersprechen und so wie früher sagen: Quatsch.“
Man darf gespannt sein, wie Scholz den ganzen Quatsch auf Tiktok einer Wirklichkeitskontrolle unterziehen wird. Zwei Möglichkeiten: Echt, Alter – entweder blamiert er sich oder er wird Kult.
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Steile These
Donald Trump auf der CPAC: Ein Heimspiel für den selbst erklärten Dissidenten.
Quelle: IMAGO/MediaPunch
Wäre es nicht so traurig, müsste man jetzt lachen. Der Ex-US-Präsident erklärt sich in einer Rede auf der Conservative Political Action Conference bei Washington zum Außenseiter in einem totalitären Staat. So lange Trump nicht wieder Präsident wird, sind die USA vermutlich sicher vor Totalitarismus. Immerhin gilt er als Anstifter des Sturms auf den US-Kongress im Januar 2021, weil er über seine Wahlniederlage gegen Joe Biden nicht hinwegkam. Neulich hatte sich Trump mit Alexej Nawalny verglichen. Jenem Putin-Kritiker, der in Gefangenschaft in Sibirien ums Leben kam – und vermutlich vom Regime ermordet wurde. Putins Vorgehen gegen die Ukraine hat Trump übrigens als „genial“ bezeichnet. Putin sei sehr klug, er kenne ihn sehr gut.
Wie unsere Leserinnen und Leser auf die Lage schauen
An dieser Stelle geben wir Ihnen das Wort
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Armin Oehl zum Kommentar zum Umgang mit der derzeitigen Krisenlage:
„Der Kommentar gehört auf die Titelseite jeder Tageszeitung, in alle Nachrichtensendungen – bis jede/jeder es gelesen oder gehört hat. Sie bringen das wirkliche Problem unserer Zeit auf den Punkt. Ich möchte Sie ermuntern, allen auch künftig ins Gewissen zu reden, wenn es mal wieder geboten scheint.“
Martin Verweij aus Lemgo zum selben Thema:
„Alle Probleme aufgezählt, aber Optimismus bewahrt! Grandios und herzerfrischend. Uns geht es hier in Deutschland bedeutend besser, als es manchmal den Anschein hat.“
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Ulrich Holzhauer zum Kommentar über Scholz’ noch nicht vollzogene Zeitenwende:
„Zur Taurus-Problematik sollte man noch hinzufügen, dass Scholz die Lieferung richtigerweise nicht nur wegen der Technik und Reichweite ablehnt, sondern er hat offenbar Kenntnisse darüber, dass die Hemmschwelle, gegen Russland Krieg zu führen, bei den Europäern abnimmt. Nicht nur CDU-Politiker, auch Frankreichs Präsident Macron schließt Bodentruppen nicht mehr aus. Dass wieder deutsche Soldaten gegen Russland kämpfen, wäre eine Katastrophe.“
Martin Gebhardt aus Rühen bei Wolfsburg:
„Seit Wochen wundere ich mich über die Berichterstattung zur Bundeswehr. Ich habe, ohne ein Militärexperte zu sein, kein Verständnis dafür, wie über den Zustand der Bundeswehr, aktuell über fehlende Munition, berichtet wird. Wir werden doch schon in vielen politischen Bereichen ausgelacht. Halten Sie es wirklich für angemessen, unter Berufung auf die Pressefreiheit, täglich unsere Schwächen zu thematisieren? Es handelt sich hier um ein sensibles Thema und führt nach meiner Einschätzung zur Verlängerung der Kriegsereignisse insgesamt. Ein Herr Putin wird dadurch eingeladen, den Verhandlungstisch auszuschlagen.“
Thomas Fischer zum Text über Demokratie und Rechtstaat:
„Da muss erst ein bulgarischer Politikwissenschaftler wie Stefan Kolev kommen, um uns zu sagen, wie wir mit der AfD umgehen sollen! Ein Großteil der Bevölkerung weiß es ja – man muss mit den AfD-Wählern reden, sie fragen, warum sie sich für die Partei entscheiden. Mit Verteufeln, Ausgrenzung und Hetze gegen die AfD hat noch keiner eine Wahl gewonnen – nur sachliche Argumente und Diskussionen bringen uns weiter! Ob das jemals alle Parteien und Politiker schnallen – ich glaube es nicht.“
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Meine Kollegin Alisha Mendgen hat mit jenem Landrat gesprochen, der Geflüchtete zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet. Christian Herrgott – der vor weniger als einem Monat gewählt wurde – hat die Republik ganz schön aufgemischt. Seine Beweggründe lesen Sie hier. Und wie Alisha dazu steht, hier.
Oft wird in Talkshows wild durcheinandergestritten. Nicht so bei der TV-Sendung „Maybrit Illner“ am Donnerstagabend, was außerordentlichen Tiefgang ermöglichte. „Putin droht, Europa zerstritten – Ukraine auf verlorenem Posten?“ lautete die Frage und es gab hochspannende Antworten. Meine Kollegin Ann-Kathrin Schaub hat sie eingesammelt.
Carlo Masala.
Quelle: ZDF/Svea Pietschmann
Die Klimabewegung demonstriert gemeinsam mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Mein Kollege Jan Sternberg kümmert sich um die Frage, ob aus Fridays for Future nun Fridays for Everything wird, und nennt die Chancen und Risiken.
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Die Tarifverhandlungen zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL sind mal wieder gescheitert. Es drohen – mal wieder – neue Streiks. Dabei sollte eigentlich noch bis Sonntag verhandelt werden. Was jetzt auf Sie zukommt, falls Sie auf die Bahn angewiesen sind, hat Jana Freiberger zusammengetragen.
Das Autorenteam dieses Newsletters meldet sich am Dienstag wieder. Dann berichtet mein Kollege Markus Decker. Bis dahin!
Herzlich
Ihre Kristina Dunz
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