Eine österreichische FH schafft wegen KI die Bachelorarbeit in bisheriger Form ab. Gut so, denn es gibt bessere Vorbereitungen auf das Berufsleben.

Eine Person sitzt in einer Bibliothek auf dem Boden zwischen Bücherregalen und liest

Ob ich eine gute Arbeit über einen toten Menschen schreiben kann, sagt wenig darüber aus, ob ich ein guter Journalist werde Foto: Image Source/DEEPOL/plainpicture

Eine Wiener Fachhochschule geht mit der Zeit: Bachelorarbeiten in der jetzigen Form sollen künftig zumindest in einem Studienbereich passé sein. Abgeschafft werden sie jedoch nicht ganz. Das verhindert das derzeitige Hochschulgesetz Österreichs. Schade, denn die Frage, wofür es noch Bachelorarbeiten braucht, ist berechtigt.

Vorweg ein Hinweis in eigener Sache: Ich selbst studiere „Journalismus und Medienmanagement“ an besagter Fachhochschule der Wirtschaftskammer Wien. In meinem Studiengang wird sich anders als bei „Management und Entrepreneurship“ nichts ändern. Das stört mich nicht, ich schreibe gerne und die Bachelorarbeit wird mir hoffentlich auch gelingen. Trotzdem zweifle ich daran, welchen Mehrwert es für meine berufliche Zukunft haben wird, wenn ich mich ein Semester lang vorwiegend darauf konzentriere, eine Arbeit über den galizischen Schriftsteller und Autor Joseph Roth zu schreiben. Ob ich eine gute Bachelorarbeit über einen Menschen, der seit 85 Jahren tot ist, schreiben kann, sagt recht wenig darüber aus, ob ich auch ein guter Journalist werde.

Natürlich will ich damit nicht die gesamte wissenschaftliche Praxis infrage stellen. Es gibt viele Bereiche, in denen es von größter Wichtigkeit ist, ebendiese Praxis auch im Zuge einer Bachelorarbeit zu erlernen. Vor allem in Studiengängen, in denen akademische Karrieren häufig angestrebt werden. Jedoch ist es unbestritten, dass ein großer Teil der studierenden Massen eben keine akademische Laufbahn im Sinn hat, sondern sich von ihrem Studium viel eher eine Qualifikation für eine berufliche Zukunft erhofft. Und wer vergleichende Literaturwissenschaft oder alte Geschichte studiert, wird über kurz oder lang auch einen Master und Ph.D. machen müssen, um für Professuren oder Lehrstühle infrage zu kommen.

Nicht nur Eigenleistung

Und dann ist da noch die künstliche Intelligenz. ChatGPT und Gemini heißen die beiden Verantwortlichen für die neuen Entwicklungen, was Bachelorarbeiten angeht. Bereits im Dezember vergangenen Jahres kündigte die Wirtschaftsuniversität Prag an, Bachelorarbeiten aufgrund des immer weiter verbreiteten Einsatzes von KI abzuschaffen. Nun zieht die FH Wien der WKW nach. Studierende des Bereichs „Management and Entrepeneurship“ werden künftig nicht mehr anhand der Bachelorarbeit bewertet, sondern an einer Gruppenpräsentation, in der Forschungsschritte erklärt und diskutiert werden sollen. „Wir wollen den Fokus viel stärker in Richtung Hochschuldiskussion, Hochschulargumentation und auch kritische Auseinandersetzung verschieben“, sagt Studienbereichsleiter Manfred Schieber in einem Beitrag des österreichischen Nachrichtenprogramms „Zeit im Bild“. Der Grund: Viele Arbeiten werden mithilfe von KI erstellt. Das zu beweisen, ist allerdings schwierig.

Das Problem, dass wissenschaftliche Arbeiten in manchen Fällen nicht nur auf Eigenleistungen beruhen, gibt es jedoch schon länger. Abschreiben, Plagiate und Ghostwriter sind nichts Neues. Auf eine Stufe mit künstlicher Intelligenz kann man diese Praktiken aber nicht stellen. Um mit KI gut umgehen zu können, braucht man einige Skills. Diese im Laufe des Studiums zu lehren, wäre vielleicht auch keine schlechte Idee, werden uns ChatGPT und Co. doch wohl noch länger begleiten.

Man könnte sich also zumindest ernsthaft überlegen, in welchen Studienbereichen die Verfassung einer Bachelorarbeit überhaupt Sinn ergibt. Die Zeit, die zum Beispiel eine zukünftige Englischlehrerin damit verbringt, die Zitierpraktik der zuständigen Universität haargenau auswendig zu lernen, könnte auch gut dafür genutzt werden, andere und vielleicht wichtigere Dinge zu lernen.

Bevor Bachelorarbeiten zu einer reinen Formalität ohne Mehrwert für Studierende und Universität verkommen, könnte man sie also auch gleich ersetzen. Es ist Zeit, darüber zu sprechen, wie ein Hochschulbetrieb, der Studierende wirklich auf ihre berufliche Zukunft vorbereitet, aussehen kann. Ob Bachelorarbeiten zwingend Teil eines solchen Hochschulbetriebes sein müssen, bezweifle ich.



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