Nach den Kommunalwahlen in der Türkei wird in der internationalen Berichterstattung vor allem betont, dass die säkular-nationalistische CHP die religiöse AKP von Präsident Erdoğan landesweit als stärkste Kraft abgelöst hat. Doch das eigentliche Wunder ereignete sich, wieder einmal, im kurdischen Südosten. Obwohl das Erdoğan-Regime alle Hebel in Bewegung setzte, um die Linke aus den Institutionen zu verdrängen, gewann die Partei für Emanzipation und Demokratie der Völker (DEM) in zehn Provinzen und 65 Landkreisen. In der Millionenstadt Amed/Diyarbakir eroberte sie mit deutlich über 60 Prozent das Rathaus zurück.
Dabei schien die Ausgangslage für die Linke aussichtslos. Seit die Kurd*innen im Norden Syriens eine faktische Autonomie errichtet haben, setzt Ankara ganz auf Repression. Der syrische Kanton Afrin wurde militärisch besetzt, fast täglich werden Ziele im Nachbarland bombardiert. Innerhalb der eigenen Landesgrenzen geht Erdoğan nicht weniger zimperlich vor. Die Linkspartei HDP hat er faktisch verbieten, ganze Stadtviertel nach Aufständen dem Erdboden gleichmachen lassen. Zudem wurden fast alle 100 kurdische Bürgermeister*innen durch eine Zwangsverwaltung ersetzt.
Auch wenn Erdoğan daran anknüpft und kurdischen Bürgermeister*innen gestern die Ernennung verweigert wurde, geht die linke DEM gestärkt aus den Wahlen hervor. »Dieser Sieg ist ein Sieg der Frauen«, erklärte Neslihan Şedal, frisch gewählte Ko-Bürgermeisterin von Van. Tatsächlich hat das Ergebnis der DEM nicht zuletzt mit ihrem feministischen Programm zu tun. Die Partei tritt stets mit einer gemischtgeschlechtlichen Doppelspitze an. Auf diese Weise stellt sie nun 75 Bürgermeisterinnen – mehr als die beiden großen türkischen Parteien CHP und AKP zusammen.
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