Die Spitzen von SPD, Grünen und FDP haben sich nach monatelangem Streit auf die Reform des Klimaschutzgesetzes geeinigt. Das wurde am Montag aus Fraktionskreisen bekannt. Demnach soll das bisherige Gesetz abgeschwächt werden. Anders als bisher sollen Ministerien nicht mehr zu Sofortprogrammen verpflichtet werden, wenn die Klimaziele in ihrem Bereich gerissen werden. Stattdessen soll die Einhaltung der Klimaziele künftig “sektorübergreifend” geprüft werden. Sprich: Verfehlt ein Sektor – aktuell Verkehr und Gebäude – seine Ziele, kann ein anderer Bereich, in dem bereits weniger CO₂ emittiert wird als geplant, dies ausgleichen.

Das Bundeskabinett hatte eine entsprechende Reform bereits im Juni 2023 beschlossen. Die Ampel-Fraktionen konnten sich aber lange nicht darauf verständigen. Vor allem die Grünen hatten Sorgen, die Novelle könne den Klimaschutz aufweichen. So soll künftig nicht mehr der Blick zurück – also die Bilanz des jeweiligen Vorjahres – im Zentrum stehen, sondern eine Vorausschau: Sie soll prüfen, inwieweit die geltenden Maßnahmen ausreichen, um die Klimaziele einzuhalten.

Der Kompromiss sieht nun vor, dass die Bundesregierung darlegen muss, wie genau sie ihre Klimaziele bis 2040 erreichen will – und nicht nur bis 2030. Damit würde klarer, in welchen Bereichen die Emissionen dauerhaft hoch liegen und in welchem Maße sich dies durch Klimaschutz-Erfolge an anderer Stelle ausgleichen lässt. Die zuständigen Minister werden also erstmals verpflichtet, den Blick noch weiter in die Zukunft zu richten – dann, wenn es aufgrund des immer geringer werdenden gesamtdeutschen CO₂-Budgets auch immer schwieriger wird, die Rückstände eines Sektors in anderen Bereichen auszugleichen. Die neue Fassung des Gesetzes soll schon in der kommenden Sitzungswoche in die zweite Lesung im Bundestag gehen.

Das geltende Gesetz ist erst fünf Jahre alt und galt als größter klimapolitischer Erfolg der Vorgängerregierung. Umweltverbände kämpfen seit Monaten für seinen Erhalt. Sie fürchten eine Aufweichung des Klimaschutzes, wenn die Ministerien keine Sofortprogramme mehr vorlegen müssen. Auch bei Grünen und in Teilen der SPD gab es von Beginn der Beratungen an große Vorbehalte gegen die Aufhebung der Sektorziele. Die SPD hatte das Gesetz einst in der großen Koalition durchgesetzt.

Wissing kann aufatmen

Die Einigung verschafft nun vor allem Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) Luft. Sein Bereich liegt am weitesten hinter dem Plan. Die Emissionen aus dem Pkw-Verkehr stagnieren seit vier Jahren, statt zu sinken. Erst am Donnerstag hatte Wissing mit einer Warnung vor möglichen Fahrverboten am Wochenende massiven Druck auf die Verhandler der drei Fraktionen ausgeübt. Sollte das neue Klimaschutzgesetz nicht vor dem 15. Juli in Kraft treten, drohten “restriktive und der Bevölkerung kaum vermittelbare Maßnahmen”, hatte der Minister in einem Brief an die Spitzen der Ampelfraktionen von SPD, Grünen und FDP geschrieben, etwa “flächendeckende und unbefristete Fahrverbote an Samstagen und Sonntagen”. Aus Fraktionskreisen war am Montag zu hören, dass der Brief und die darauffolgende Debatte jedoch keinerlei beschleunigenden Einfluss auf die Einigung beim Klimaschutzgesetz gehabt habe.

Erst am Montag hatte der von der Regierung eingesetzte Expertenrat für Klimafragen gewarnt, dass viele andere Klimaschutz-Vorhaben der Bundesregierung weniger Emissionen mindern als gedacht. Dies liegt auch daran, dass für einige Programme die Mittel gekürzt wurden. Die Bundesregierung selbst sieht sich dagegen im Plan. Eine Vorausschau, die das Umweltbundesamt nach den Regeln des neuen Gesetzes angefertigt hatte, sieht das Klimaziel für 2030 in Reichweite – weil Bereiche wie etwa die Energiewirtschaft die Defizite im Verkehr ausgleichen.

Mit der Einigung beim Klimaschutzgesetz löst sich ein weiterer Ampel-Knoten, und zwar beim Solarpaket. Hier war zuletzt noch strittig, ob es einen sogenannten Resilienzbonus zugunsten der heimischen Solarindustrie geben solle. Der Knackpunkt war jedoch kein inhaltlicher: Weil sich die Grünen monatelang nicht auf die Novelle des Klimaschutzgesetzes einlassen wollten, blockierte die FDP im Gegenzug dieses Gesetzesvorhaben. Zwar haben die beiden Themen im Grunde nichts miteinander zu tun, sie wurden aber aneinander “gekoppelt”. Und jetzt, da die Novelle des Klimaschutzgesetzes kommt, ist die Bahn frei auch für das Solarpaket.



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