München – Der süßliche Duft von Marihuana dürfte schon bald deutlich öfter in der Münchner Luft zu schnuppern sein. Ab 1. April ist Cannabis nach jahrelangem Streit legal – zumindest für Erwachsene. Für Kiffer wird ein Traum wahr. Brechen damit in Bayern paradiesische Zustände für Konsumenten von Cannabis an? Die AZ erklärt die wichtigsten Neuerungen, was man Zuhause oder im Ausland unbedingt beachten sollte.

Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig wird das höchst umstrittene Gesetz unterschreiben, in Vertretung von Bundespräsident von Frank-Walter Steinmeier, der im Urlaub ist. Sobald das Gesetz auch noch im Bundesgesetzblatt amtlich veröffentlicht wurde, ist Cannabis in Deutschland legal. Besitz und Anbau der Droge sind dann für Volljährige ab dem 1. April erlaubt – allerdings mit zahlreichen Einschränkungen und nur zum Eigenkonsum.

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Andere Länder, andere Regeln: Kein Gras mit ins Ausland nehmen, bei Verstößen kann man im Knast landen

Legal darf man als Erwachsener ab 18 Jahren ab Ostermontag bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum besitzen und damit sogar raus ins Freie gehen und in aller Öffentlichkeit kiffen, solange keine Kinder in der Nähe sind. Wer nächste Woche ins Ausland in die Ferien startet, sollte sein “Gras” aber lieber Zuhause lassen. In Österreich beispielsweise ist der Besitz verboten, in Italien ist der Cannabiskonsum nicht illegal. Besitz und Verkauf sind es aber schon. In Kroatien ist Besitz, Verkauf und Konsum von Cannabis illegal.

Man kann als Tourist im Ausland ganz schnell gewaltigen Ärger mit den dortigen Sicherheitsbehörden bekommen, Geldstrafen drohen, schlimmstenfalls kann es sogar passieren, dass man im Gefängnis landet.

Zuhause, in der eigenen Wohnung sind ab Ostermontag drei lebende Cannabispflanzen erlaubt und bis zu 50 Gramm getrocknetes Cannabis. Allerdings darf man nicht überall im Freien kiffen. Cannabiskonsum ist im Umkreis von 100 Metern um Schulen, Kindergärten, Spielplätzen und Sportstätten weiterhin verboten.

Aufklärung über Drogen wird für Jugendliche ein Stück weit glaubwürdiger 

Siegfried Gift ist bei Condrobs der Abteilungsleiter für Jugendsucht- und Familienhilfen. Er sieht beim Thema Legalisierung Licht als auch Schatten: “An Schulen wird das Gesetz die Drogenaufklärung von Jugendlichen erleichtern. Man kann dann auch über die positiven Aspekte von Cannabis sprechen und nicht nur über die negativen.” Das mache Aufklärung glaubwürdiger.

Nicht erfüllen werden sich Hoffnungen, sagen Fachleute, dass es mehr Geld für Prävention geben wird. Die öffentlichen Kassen sind leer. Das Gesetz gebe die Chance, so betont Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), durch eine Entkriminalisierung, bessere Aufklärung und besseren Jugendschutz – insbesondere die nächste Generation vor dem Konsum und vor dem Schwarzmarkt zu schützen.

Legal produziertes Cannabis wird die ersten Monate Mangelware bleiben

Genau das dürfte zumindest in der Anfangsphase schwierig werden. Um legal an Cannabis heranzukommen gibt es vorerst nur zwei Möglichkeiten: Zum einen können Erwachsene selbst anbauen, aber eben nur drei Pflanzen. Zum anderen kann Cannabis legal über Anbauvereine, sogenannte Cannabis-Clubs, in begrenzten Mengen bezogen werden. Man muss allerdings Mitglied in so einem Club sein.

Doch das alles ist erst im Entstehen begriffen, was zur Folge haben könnte, so fürchten Fachleute, dass zumindest in der ersten Zeit legales Cannabis Mangelware bleibt. Abgeben dürfen die Clubs ihr Cannabis an Mitglieder sowieso erst von Juli an. Viele könnten deshalb weiter illegales Cannabis kaufen. Den Schwarzmarkt, den man eigentlich mit der Legalisierung zurückdrängen will, könnte der “Gras-Mangel” in den kommenden Monaten noch viel mehr Geld als früher einbringen.

Cannabis-Light für junge Menschen zwischen 18 und 21 Jahren

Für junge Mitglieder von Cannabis-Clubs zwischen 18 und 21 Jahren gelten zudem spezielle Regeln. Sie erhalten höchstens 30 Gramm im Monat. Bei ihnen gibt es auch eine Begrenzung für den Gehalt des Rauschmittelns Tetrahydrocannabinol (THC) – dieser darf nicht über zehn Prozent liegen.

Eltern müssen ihr Gras vor den Kindern wegsperren

Erwachsen, die erwischt werden, Cannabis an Minderjährige weiter zu geben, drohen strenge Strafen, betonen Condrobs und auch die Polizei. Für manche Eltern könnte es zudem heikel werden, denn die müssen sicherstellen, dass der drogenaffine Nachwuchs Zuhause weder an die Pflanzen noch an geerntetes Cannabis herankommt.

Cannabisbesitz ist keine Straftat mehr – für Jugendliche macht das vieles leichter

Wer mit unter 18 Jahren mit Cannabis von der Polizei erwischt wird, muss nicht mehr fürchten, dass der Vorfall sofort an die Staatsanwaltschaft und ans Gericht weitergeht. Die Folgen waren oft Hausdurchsuchungen, Führerscheinverbote, die Lehrbetriebe von Auszubildenden wurden informiert. Mancher flog raus, oder wurde von der Schule verwiesen. Stattdessen werden jetzt die Eltern informiert. Zudem gibt es eine Meldung ans Jugendamt, das dann eigene Angebote macht. Siegfried Gift: “Cannabisbesitz ist ab kommenden Montag eben keine Straftat mehr.”

Michael Hubmann, Chef des Bundesverbands der Kinder- und Jugendärzte, warnt vor den negativen Folgen der Legalisierung für den Jugendschutz. “Wir sehen schon bei Alkohol und Nikotin, dass das in der Lebensrealität nicht gelingt”, sagte er. Der Konsum sei problemlos an den gesetzlichen Regeln vorbei möglich. “Schutz und Kontrolle werden nicht leichter, wenn mit der Cannabis-Legalisierung jetzt eine dritte Substanz dazu kommt.”

Dope für Menschen unter 18 Jahren bleibt tabu

Auch Condrobs warnt vor den gesundheitlichen Folgen der Kifferei vor allem bei jungen Menschen. “Jeder Drogenkonsum birgt Gefahren, besonders in jungen Jahren”, betont Siegfried Gift. Gemeint sind damit Psychosen aber auch neuronale Schäden des Gehirns. Allerfrühestens mit 21 Jahren sollte man Cannabis konsumieren, sagt der Suchtexperte. Wobei manche Jugendliche viel früher anfangen, heimlich mit Drogen zu experimentieren. Wer unter 18 Jahren ist, darf aber weiterhin Cannabis nicht legal erwerben, folglich wird zu Stoff aus illegalen Quellen gegriffen, befürchtet man nicht nur bei Beratungsstellen wie Condrobs.

Wie hoch der Wirkstoffgehalt ist, ob gefährliche oder giftige chemische Zusätze beigemischt wurden, können Käufer bei Schwarzmarktware nicht erkennen. Das würde eigentlich dafür sprechen legalen Zugriff auf Cannabis auch für Menschen unter 18 Jahren zu erlauben. Doch bei Condrobs lehnt man das strikt ab, weil die gesundheitlichen Folgen von Cannabis bei jungen Menschen deutlich schlimmer ausfallen können als bei älteren. “Jedem muss klar sein, Drogenpsychosen können in jedem Alter auftreten”, warnt Siegfried Gift.

Monatlich 50 Gramm, das sind drei Joints am Tag

Die Menge von 50 Gramm pro Monat reichen rein rechnerisch für mehr als drei Joints am Tag. “Gerade für Anfänger ist ein Gramm wirklich viel”, warnt Siegfried Gift. Oft setzt die Wirkung nicht sofort ein, weshalb Anfänger aus Ungeduld nachlegen, was gefährlich werden kann, weil man dann die Kontrolle über seine Handlungen verliert.

Je nach persönlicher Konstitution kann die Wirkung eines Joints vier Tage und auch noch länger anhalten, betont Siegfried Gift. Problematisch: Wie bei allen Drogen stellt sich auch bei Cannabis ein Gewöhnungseffekt ein. Wer bekifft am Steuer eines Autos, auf einem Motorrad oder E-Scooters erwischt wird, riskiert seinen Führerschein. Denn im Straßenverkehr gilt vorerst noch ein 0,0 THC-Grenzwert.

Regelmäßig einen Pause vom Joint einlegen

“Cannabis ist eine starke Droge, deshalb ist es wichtig, dass die meisten Tage konsumfrei sind”, betont Siegfried Gift. Fachleute raten, sich an Cannabis langsam und vorsichtig heranzutasten. Auch bei Alkohol ist inzwischen klar, dass jeder Konsum schädlich ist.

Cannabis ist eine der am weitesten verbreiteten Drogen. In München wurden laut aktuellem Sicherheitsreport im vergangenen Jahr 6022 Cannabis-Verstöße bei der Polizei registriert. 315 Fälle mehr als in 2022, ein Plus von 5,5 Prozent. Beim Konsum liegt Cannabis (8376 Delikte in 2023) mit einem Anteil von fast 72 Prozent klar an der Spitze, mit großem Abstand zu Kokain.

Das sagen Polizei, Richter und Ärzte zur Teillegalisierung

Die Gewerkschaft der Polizei warnt, Polizei, Justizbehörden und Jugendämter stünden vor unnötigen Herausforderungen. “Ab dem 1. April werden unsere Kolleginnen und Kollegen in zahlreiche Konfliktsituationen mit Bürgerinnen und Bürgern geratet”, sagte der Vize-Vorsitzende Alexander Poitz. Die Verunsicherung auf beiden Seiten sei groß. Auch Münchens Polizeipräsident Thomas Hampel ist skeptisch. “Die Legalisierung wird uns massiv beschäftigen”, warnte er bei der Vorstellung des Sicherheitsreports vergangene Woche.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung mahnte, man dürfe Cannabiskonsum nicht das “Mäntelchen der Ungefährlichkeit” umhängen. Der Deutsche Richterbund monierte, dass die Legalisierung gegen alle Bedenken “mit der Brechstange” ins Gesetzblatt gedrückt werde.





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