„Zwischen Kremlnähe und Rechtsextremismus – wofür steht die AfD, Herr Chrupalla?“, war das Thema bei Caren Miosga am Sonntagabend im Ersten. Eingeladen war mit dem Fraktionsvorsitzenden Tino Chrupalla erstmals ein AfD-Politiker, außerdem noch die Deutschlandradio-Journalistin Nadine Lindner und der frühere Siemens-Chef und heutige Aufsichtsratsvorsitzende der Siemens Energy AG, Joe Kaeser.
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Interessant wurde es vor allem nach 20 Minuten mit der Reaktion Chrupallas auf einen Instagram-Post des AfD-Politikers Jonas Dünzel aus Zwickau. Dünzel postete ein Plakat der AfD, auf dem eine „traditionelle Frau“ mit einer „modernen Feministin“ verglichen wird. Letzterer wird dabei etwa unterstellt, bereits drei Abtreibungen mit 22 Jahren gehabt zu haben und stolz drauf zu sein. „Das ist nicht mein Geschmack“, sagte Chrupalla dazu, woraufhin Miosga ihn ungläubig anschaute und fragte: „Ist das Geschmackssache oder ist das Frauenverachtung?“
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Dabei hatten sich die beiden die ersten 20 Minuten entspannt unterhalten. Zu entspannt und freundlich, meinten manche in den Sozialen Medien, die sich offenbar mehr Konfrontation wünschten. Die ersten Minuten der Sendung drehten sich vor allem um die Vorfälle von AfD-Politiker Petr Bystron und Maximilian Krah. Beiden wird aktuell vorgeworfen, mit der prorussischen Internetplattform „Voice of Europe“ (VoE) zusammengearbeitet zu haben. Krah ist außerdem der Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl, Bystron steht auf der Kandidatenliste auf Platz zwei.
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Doch auf dieses Thema war Chrupalla vorbereitet. Solange noch nichts bewiesen sei, stehe die AfD hinter den beiden Politikern, betonte er gegenüber Miosga immer wieder. Man blieb also bei dem bereits bekannten Statement.
Wie frauenfeindlich ist die AfD?
Unvorbereitet traf Chrupalla allerdings der von Miosga zitierte Satz aus einem Buch von Maximilian Krah. „Der durchschnittliche Intelligenzquotient von Frauen ist dem der Männer nahe, wenngleich anders verteilt: Die Glockenkurve der IQ-Verteilung bei Frauen ist schmaler, es gibt also weniger Gering- aber auch weniger Hochbegabte als bei den Männern, weshalb es keine Frauendiskriminierung ist, dass es weniger Frauen unter Nobelpreisträgern, Mathematikprofessoren oder DAX-Vorständen gibt“, las die Moderatorin vor und aus dem Publikum waren vereinzelnd Lacher zu hören. „Da steht: Frauen sind von Natur aus für Spitzenpositionen nicht geeignet“, fasste Miosga das lange Zitat zusammen.
Und Chrupalla? Der reagierte ausweichend. Wie er das genau meine, müsse Miosga Herrn Krah selbst fragen. „Sein Buch ist nicht das Europaprogramm der AfD“, betonte er. Doch da ließ Miosga nicht locker. „Es ist Ihr Spitzenkandidat für die Europawahl und das ist seine tiefste Überzeugung“, sagte die Moderatorin und Chrupalla betonte erneut, dass man solche Dinge Krah und nicht ihn fragen müsse.
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„Wir haben ein Monster erschaffen“: Lindner zitiert ehemaligen AfD-Vize
Laut der Journalistin Nadine Lindner präsentierte der AfD-Politiker mit solchen Antworten ein bekanntes Muster der Partei. „Bei der AfD kann man oft beobachten, dass dann gesagt wird: ‚Damit habe ich gar nichts zu tun. Fragen Sie doch die betreffende Person‘“, erklärte Lindner.
Es war auch die Journalistin, die während der Sendung eine Analyse über die Entwicklung der AfD lieferte. Die Partei sei ursprünglich von Ökonomen gegründet worden, die sich mittlerweile von der Partei abgewendet hätten. „Wir haben ein Monster erschaffen“, zitierte Lindner den ehemaligen AfD-Parteivize und ehemaligen Vorsitzenden des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Hans-Olaf Henkel, bei seinem Austritt aus der Partei. Beim Publikum schien dieser Punkt gut anzukommen. Lindners Satz wurde mit Applaus belohnt.
Ex-Siemens-Chef Kaeser: „Das Ausland guckt auf uns“
Während Lindner eher sachlich argumentierte, wandte sich der ehemalige Siemens-Chef Joe Kaeser persönlicher an Chrupalla. Als es um den Fachkräftemangel ging und dass die AfD diesen durch eine Erhöhung der Geburtenrate lösen will, schaute Kaeser Chrupalla direkt an und fragte: „Wäre es nicht viel besser, dass unser Land offen ist? Dass unser Land Menschen einlädt?“ Denn Deutschland sei durch Weltoffenheit wohlhabend geworden, so Kaeser.
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Das Thema Weltoffenheit bestimmte ab Minute vierzig auch den Rest der Sendung. Vor allem Kaeser suchte noch mal das Gespräch mit Chrupalla. Die AfD unterschätze die Wichtigkeit der Exportgüter für die deutsche Wirtschaft und wie das Land international wahrgenommen werde. „Das Ausland guckt auf uns“, so Kaeser. „Ich kann Sie nur herzlich bitten, Weltoffenheit zu zeigen“, sagte er direkt an Chrupalla gewandt und wurde mit diesen eindringlichen Worten mit Applaus belohnt.
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Chrupalla wehrte sich gegen diese Bitte aber direkt. „Niemand von unserer Partei hat etwas gegen diese Weltoffenheit“, sagte er. Seiner Meinung nach würden aber doch „alle“ wissen, dass diese Weltoffenheit „maßlos ausgenutzt wird“ durch viele Migranten, die nur herkommen würden, um in das Sozialsystem und das Bürgergeld einzuwandern, so Chrupalla.
Damit lieferte der AfD-Politiker einmal mehr die Antwort auf die Frage des Abends: „Wofür steht die AfD?“ Offensichtlich dafür, dass (egal ob inner- oder außerhalb der Partei) immer die anderen Schuld sind.