Der Krieg in Gaza macht vor der Kunstbiennale in Venedig nicht Halt. Reaktionen auf die vorläufige Schließung des israelischen Pavillons.

Der israelische Pavillion.

Der geschlossene israelische Pavillion bei der Biennale in Venedig Foto: Colleen Barry/ap

Die Türen zu, das Licht aus: Während am Dienstag auf der Kunstbiennale in Venedig die ersten Pavillons für die Presse eröffneten, blieb der israelische in den Giardini geschlossen. Und das soll er bleiben, zumindest so lange, bis „ein Abkommen über Waffenstillstand und eine Freilassung der Geiseln“ erreicht ist.

Das verkünden die israelische Künstlerin Ruth Patir und die beiden Kuratorinnen Tamar Margalit und Mira Lapidot auf einem Plakat, das am frühen Dienstagmorgen an der Eingangstür des Pavillons prangt. Zusammen haben sie entschieden, anstatt der geplanten Ausstellung „(M)otherland“ ein Zeichen des Protests zu setzen. Die israelische Regierung, die den Pavillon zur Hälfte finanziert, wurde zuvor nicht informiert.

Vorangegangen war dieser Entscheidung der wochenlange Kampf pro-palästinensischer Aktivisten, die Teilnahme Israels an der internationalen Kunstbiennale zu verhindern. Zum Boykott aufgerufen hatte im Februar die „Art Not Genocide Alliance“ (ANGA), ein bislang anonymer Zusammenschluss von Künstlern, Kuratoren und Autoren.

In einem Offenen Brief werfen sie Israel „Apartheid“ und „Genozid“ vor. Folglich sei die Ausstellung einer israelischen Künstlerin im „Genozid-Pavillon“ nur ein politisches Feigenblatt. Die Präsenz autoritärer Regime wie das der Türkei oder des Irans in Venedig erwähnte ANGA indes nicht. Die Organisatoren der Biennale wehrten den Boykottaufruf ab.

20.000 Unterschriften

Unter dem Aufruf sammeln sich über 20.000 Unterschriften, renommierte Namen des Kunstbetriebs sind darunter. Ebenso haben dort Künstler aus 14 der 90 Pavillons der Biennale unterschrieben. Die Entscheidung, den israelischen Pavillon zu schließen, feiert ANGA auf Instagram als „direkte Konsequenz des weitreichenden Drucks unserer gemeinsamen Kampagne“ – als ihren Erfolg.

Ruth Patirs Rückzug wertet sie hingegen als „leere und opportunistische Geste“ – eine Videoarbeit der Künstlerin ist durch das Fenster des Pavillons weiterhin zu sehen. ANGA fordert: Auch sie muss verschwinden.

Weitaus zaghafter fielen die Reaktionen der Kunstwelt aus. Mit Interesse näherten sich am Dienstag Medienvertreter dem polizeilich gesicherten Pavillon. Künstler, Kuratoren und Galerien teilten erste Artikel wie den der New York Times. Dessen Schlagzeile unterschlug zunächst, dass die Macherinnen des israelischen Pavillons nicht nur einen Waffenstillstand in Gaza fordern, sondern auch die Befreiung der Geiseln.

Klaus Biesenbach, Direktor der Neuen Nationalgalerie Berlin, teilte ein Foto von dem Plakat an der Glaswand des Pavillons und titelte: „Comments Please“. Die Kommentarspalten füllten sich dann auch rasch mit den gängigen Streitpunkten. Das Publikum scheint geradezu angespitzt, wenn es um den israelischen Biennale-Beitrag geht. Auch das mag ein Grund sein, warum der Pavillon in diesem Jahr geschlossen bleibt.

Update: Am Mittwoch zogen propalästinensische De­mons­tran­t:in­nen durch die Giardini und machten halt vor verschiedenen Länderpavillons auf der Kunstbiennale in Venedig. So hielt die Menschenmasse, ausgerüstet mit Palästina-Flaggen und rote, von der Art Not Genocide Alliance (ANGA) in Umlauf gebrachte Flugblätter werfend, etwa vor dem ohnehin geschlossenen israelischen und dem deutschen Pavillon. Auf dem Instragram-Kanal von ANGA ist ein Video der Aktion zu sehen, auf dem Protestierende „Shut it down!“ skandieren.



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