Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime tritt vorzeitig ab. Die deutschen Islamverbände verlieren damit ihr bekanntestes Gesicht.

Portrait von Aiman Mazyek

Will seinen Posten im kommenden Juni aufgeben: der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime Aiman Mazyek Foto: Metodi Popow/imago

BERLIN taz | Nach mehr als 13 Jahren an der Spitze des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD) zieht sich Aiman Mazyek vom Vorsitz des religiösen Dachverbands zurück. Mazyek will seinen Posten im kommenden Juni – zur Halbzeit seiner Amtsperiode – aufgeben und einem Interimsvorsitz übergeben. Dieser werde dann später zu einer Vertreterversammlung einladen, um einen neuen Vorsitzenden zu bestimmen. Das teilte der Zentralrat am Montag in einer Pressemitteilung mit.

Mazyek ist der prominenteste Vertreter der Islamverbände in Deutschland und eines der bekanntesten Gesichter des deutschen Islams. Vor seiner Tätigkeit als Vorsitzender war er bis 2010 Generalsekretär des Zentralrats, davor von 2001 bis 2004 bis dessen Pressesprecher. Insgesamt stand er damit 22 Jahre an der Spitze des Zentralrats. „Es ist nun an der Zeit, dass andere das Ruder übernehmen“, erklärt er nun. Weitere Gründe für seinen Rückzug nannte er nicht.

Mazyek engagiert sich seit langer Zeit für den interreligiösen Dialog und war für die deutsche Politik viele Jahre lang ein bevorzugter Ansprechpartner. Bei der Islamkonferenz 2018 teilte er sich ein Podium mit dem damaligen Innenminister Horst Seehofer (CSU), mit dem er über die Ausbildung von Imamen in Deutschland sprach. Unter anderem mit dem damaligen Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) rief er 2015 nach den Anschlägen von Paris zu einer religions- und parteiübergreifenden Mahnwache gegen den Terror am Brandenburger Tor in Berlin auf.

Für den Zentralrat der Muslime war Mazyek über etliche Jahre immer wieder regelmäßig bei der Deutschen Islam Konferenz (DIK) dabei. Zuletzt schien die Politik aber wieder auf Distanz zu ihm zu gehen. Zu einem Gespräch mit Vertretern muslimischer Verbände über Folgen des Hamas-Angriffs auf Israel und des darauf folgenden Kriegs in Gaza lud das Bundesinnenministerium im November vergangenen Jahres zwar Vertreter von verschiedenen islamischen Verbänden ein, nicht aber den Zentralrat der Muslime.

Verfassungsschutz hat Vorbehalt

Ein Grund für die distanzierte Haltung der Bundesregierung war die Rolle der Deutschen Muslimischen Gemeinschaft (DMG) in dem Verband. Der Verfassungsschutz wirft der DMG vor, Teil des weltweiten Netzwerks der Muslimbruderschaft und „deren zentrale Organisation in Deutschland“ zu sein. Die Muslimbruderschaft wolle eine „islamische Herrschaftsordnung“ errichten, die nicht mit demokratischen Prinzipien wie der Meinungsfreiheit, der Volkssouveränität und der Gleichberechtigung vereinbar sei. Strukturell und personell sei man eng verflochten.

Umstritten ist aber auch ein weiterer Verband, der dem Zentralrat angehört. Die „Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa“, kurz Atib, wird den türkischen Rechtsextremisten der Grauen Wölfe zugerechnet. Sie ist der größte türkeistämmige Verband in dem ansonsten eher arabisch geprägten Zentralrat.

Dennoch ist der Zentralrat der Muslime für öffentlichkeitswirksame und integrative Aktionen bekannt. Im Januar 2024 rief er Muslime in Deutschland dazu auf, an den landesweiten Kundgebungen gegen Rechtsextremismus teilzunehmen. Bereits im Oktober 2018 beteiligte er sich als Islam-Verband am zivilgesellschaftlichen Bündnis #unteilbar, Aiman Mazyek hielt auf dem Berliner Alexanderplatz auch eine Rede.

Bekannt ist aber vor allem der „Tag der offenen Moschee“, den der Zentralrat im Jahr 1997 initiierte. Seitdem öffnen Moscheen bundesweit jedes Jahr am 3. Oktober ihre Türen für Gäste. Fast alle wichtigen Moscheen in Deutschland beteiligen sich inzwischen verbandsübergreifend und regelmäßig an dieser Aktion.



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