Es raschelt leise im goldglänzenden Gras, dann hebt sich ein langer Hals nach oben. Die Thornicroft-Giraffe, die mich an diesem frühen Morgen anschaut, wirkt so überrascht wie ich. Das Tier, das zu einer Art gehört, die es nur in Sambia gibt, steht in einer wahren Bilderbuchkulisse ganz nah vor mir. Ich bin zu Fuß unterwegs. Und hier im Land auch noch eine Seltenheit – statistisch gesehen.
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Thornicroft-Giraffen gehören zu den endemischen Tierarten in Sambia.
Quelle: Maria Dohmen
Denn bevor die großen Lodges in die weite Wildnis gesetzt werden, Kleinbuskolonnen voller Koffer dorthin gelangen und vielleicht Birdwatcher-Trupps an die Ufer der entlegensten Lagunen dieses mit Wasser gesegneten Landes bringen, kurzum: bevor also richtig Geld kommt nach Sambia, das bisher noch größtenteils vom Kupferbergbau abhängt, müsste man damit anfangen, hier die Pisten zu asphaltieren.
Nur wenige Reisende entscheiden sich für Sambia
Sambia ist weder etwas für Eilige noch für unerfahrene Selbstfahrerinnen und -fahrer. Dafür aber eine Naturverheißung. Die abgelegenen Schätze zu entdecken, fordert Aufwände, auch finanziell. Während Millionen Menschen jedes Jahr für Safaris nach Kenia oder Namibia reisen, haben sich von allen Deutschen mit Ziel südliches Afrika 2023 immerhin 7000 für Sambia entschieden – trotz der rumpeligen Straßen. Die Kurve soll aber nach oben. Tourismus als Wirtschaftszweig steht schon auf Rang drei hinter Bergbau und Landwirtschaft – und muss natürlich wachsen. Die Regierung will bis 2026 drei Millionen internationale Reisende jährlich ins Land bringen.
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Sambia plant bessere Straßen und neue Flughäfen
Dazu sollen die Straßen besser werden und zehn Inlandsflughäfen an Nationalparks entstehen, kündigt Matongo Matawandi, CEO der Zambia Tourism Agency, an. Er betont aber zugleich, dass bei aller strategischen Entwicklung der bereits geschützte Naturraum so unberührt wie möglich bleiben solle.
„30 Prozent der Landesfläche stehen bereits unter Schutz. Unsere Nationalparks sind unser Reichtum, deshalb wollen wir alles dafür tun, ihn möglichst unberührt zu halten und sanft für Besucher zugänglich zu machen“, sagt Matawandi und grenzt seine Strategie freundlich, aber deutlich auch gegen die von populären Nachbarländern ab.
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Selbsfahrertourismus steht nicht im Fokus
„Selbstfahrertourismus ist nicht so sehr in unserem Fokus; eher gut organisierte Touren mit Veranstaltern. Wenn bei Safaris viele Autos um ein Tier herumstehen, ist das Stress für das Tier und für die Reisenden nicht befriedigend.“ Wer bei diesem Statement an den Kruger-Park in Südafrika oder die Hotspots von Kenia denkt, liegt sicher nicht verkehrt. Alles zusammengedacht will Sambia also eher die Richtung Luxustourismus halten. Aber ob das so kommt, oder nicht doch irgendwann Richtung Masse gebaut wird?
Mehr Reisende heißt mehr Hotels, heißt mehr Arbeitsplätze, heißt mehr Entwicklung. Wer wollte dagegen sein? Sambia ist ein armes Land, und der Schlüssel zu Wachstum liegt in der Infrastruktur. Sie werden also kommen, die Asphaltbahnen. Und mit ihnen freilich auch mehr Menschen mit allem, was dazugehört.
Man könnte also auf die Straßen warten. Aus Sicht von Scott Leslie sind zwei Gegebenheiten aber jetzt schon Grund genug für eine Reise: „Die unglaublich freundlichen Menschen hier und die Sicherheit“, sagt der Manager der Lilayi-Lodge, auf deren 650 Hektar großem Bush-Ground, einer ehemaligen Ranch in der Nähe der Hauptstadt Lusaka, eben noch die Giraffe stand.
Scott Leslie ist Manager der Lilayi-Lodge in in der Nähe der Hauptstadt Lusaka in Sambia.
Quelle: Lilayi-Lodge
Sambia bietet jede Menge Highlights
Leslie hat in Südafrika, Botswana und Simbabwe Hotellerie, Leute, Land gesehen und wirbt jetzt glaubhaft begeistert für seine neue Heimat: Den Nordluanga-Nationalpark im Osten – noch so ursprünglich, dass es auch ihn umzuhauen scheint. Wasserfälle im Norden, „mindestens genauso schön wie die Victoria Falls“, nennt er seine Favoriten.
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Die Victoriafälle ganz im Süden sind ein Muss. Die gigantische Wasserwelt rund um Livingstone ist im Gegensatz zu den abgelegenen Parks unkompliziert zugänglich, dennoch jenseits von Overtourism. Selbst im straffen Zeitkorsett „findet man hier schon so vieles, was für mich dieses Land ausmacht“, sagt Michael Voack. Voack kam vor Jahren aus Nürnberg mit einer ertragreichen Heimwerkervergangenheit hier an und „blieb hängen“.
Ob per Helikopter, per Boot oder zu Fuß: Die Victoriafälle lassen sich auf viele Arten erkunden – und bieten immer spektakuläre Aussichten.
Quelle: Maria Dohmen
Als Besucherin oder Besucher würde man in der von ihm geführten Waterberry Lodge direkt am Sambesi auch gern länger bleiben. Es ist ein vollendeter Ort der stilvollen Gastlichkeit mit Blick auf das simbabwische Flussufer gleich gegenüber, auf dem sich schon frühmorgens zwei Löwen zeigen.
Schöne Lodges mag es so manche geben; was Waterberry aber lebt, ist die soziale Verantwortung der ausländischen Investoren für die umliegenden Gemeinden. Sie wird von Staatsseite nicht vorgeschrieben. Das Engagement kann also mal mehr, mal weniger, mal echt, mal vorgegeben sein. Voack hat etwas vorzuzeigen.
Lodge investiert in Schulprojekt
Unweit der Lodge haben er und die Miteigner eine Schulanlage samt naturnaher Gärtnerei für das Schulessen aufgebaut. „Die ausgewogene Ernährung der Kinder steht bei uns im Mittelpunkt. Manche, die in unsere Vorschule kommen, kennen bis dahin praktisch nur Nchima, das Hauptnahrungsmittel aus weißem Mais oder Hirse“, sagt Voack. Alles scheint so tipptopp in Schuss, voller Kinder und Lebendigkeit, als sei die Anlage für eine „Traumschiff“-Folge hergerichtet worden.
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Die Waterberry Lodge betreibt eine Schule für Kinder der Region.
Quelle: Maria Dohmen
Auch das ist eine kleine Sensation am großen Sambesi – dem eigentlichen Star hier. Man muss den Fluss intensiv erleben, mit Boot Tiere im Sonnenuntergang beobachten, auf einem Pferd am Ufer entlangreiten, man kann über den Victoriafällen angeln, darunter raften und sich am Rand des Abgrunds auf Livingstone Island im Fluss fotografieren lassen. Man kann mit dem Hubschrauber darüber fliegen – die vielen Flüge nerven unheimlich, wenn man nicht selbst im Heli sitzt. Aber schlicht umwerfend ist der schiere Anblick der tobenden Wassermassen im Tiefensturz. Kein Bild kann den unvergleichlichen Eindruck wiedergeben, den man bei einem Spaziergang unterhalb der Fälle gewinnt.
Sambia: Das Ursprungsland der Walking Safaris
Zu Fuß unterwegs zu sein, ist in diesem Land ein eigenes Ding. Tatsächlich befindet man sich in Sambia im Ursprungsland der Walking Safari. Jetzt ist es freilich so eine Sache, die Natur zu durchstreifen als Erfindung zu bezeichnen. Aber das hat hier eine Geschichte.
Rund 1200 Kilometer nordöstlich von Livingstone liegt das Nsefu Camp im Südluanga-Nationalpark. Es war das erste überhaupt in Sambia. Hier, am östlichen Ufer des Luangwa-Flusses, entstand Mitte des 20. Jahrhunderts diese Form der touristischen Tierbeobachtung.
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Besonders viele Tiere im Südluanga-Nationalpark
Dieser Ort ist – nicht nur wegen des Luxuscamps – von atemberaubender Schönheit. Ebenholzhaine und Auwälder wirken märchenhaft, Regenbäume, riesige Tamarinden, Mopane, Schirmakazien – ein Anblick in absoluter Stille, es sei denn, eines von den Tausenden Flusspferden am Luangwa lässt sein durchdringendes Hupen hören. Die Tierdichte in dieser Region nennen Expertinnen und Experten extrem, und sie ist besonders artenreich mit Büffeln, Wildhunden, Leoparden und Löwen auf der Sichtungsliste.
Am Luangwa-Fluss leben besonders viele Flusspferde.
Quelle: Maria Dohmen
Viele endemische Arten
Endemische Arten wie die Pukus und Moorantilopen, die Thornicroft-Giraffe und das Crawshay-Zebra sind besondere Attraktionen in großartiger Kulisse. Die Vogelwelt ist ein Ornithologen-Traum: An den sumpfartigen Feuchtwiesen gibt es Kraniche, Ibisse, Störche, Marabus, Schuhschnabel und Reiher aller Art. Drumherum sausen Kingfisher, Rosenpapageien, Bienenfresser, alle möglichen Webervögel hängen ihre faszinierenden Bauten in die Bäume. Ein Naturexzess, nichts weniger.
Birderinnen und Birder kommen im Nsefu-Sector auf ihre Kosten.
Quelle: Maria Dohmen
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Keine Panik in gefährlichen Situationen
Und jetzt steht Nwambe Musialela vor unserer kleinen Gruppe von Walking-Safari-Neulingen und sagt: „Wenn es zu einer gefährlichen Situation kommt, keine Panik.“ Nwambe Musialela zeigt auf einen weiteren Begleiter, der in Tarnkleidung und mit Gewehr vorangehen wird – unseren Scout. „Er kümmert sich dann um das Problem“, sagt Musialela und meint das wohl beruhigend. Aber warum das Schlimmste erwarten? „Eine Walking Safari zielt nicht nur darauf ab, Großkatzen oder Büffeln möglichst nahe zu kommen, wie in einem Geländewagen beim Game Drive. Wir wollen auch Dinge sehen, riechen und hören, die im Auto unbemerkt bleiben.“
Nwambe Musialela führt bei Walking Safaris durch den Südluangwa-Nationalpark.
Quelle: Maria Dohmen
Guide findet auch die unscheinbarsten Tierspuren
Musialela ist ein Guide-Urgestein, führt seit 23 Jahren Sambia-Reisende durch die Wildnis. Bei unserem gemeinsamen Gang durch Buschland und über knochigen Lehmboden findet sich Verblüffendes: ein kleiner Trichter im Sand – die Falle des Ameisenlöwen; Giraffen-Hinterlassenschaften, die poliert als Schmuck getragen werden; und die Spur eines Löwen. Er zeigt sich heute aber nicht. Dafür scheuchen wir hinter einem Strauch einen Schlangenadler auf. Er erschreckt sich genauso wie wir und entschwindet blitzschnell zu einer weit entfernten Baumkrone.
Zurück bleibt seine Beute; ein scheußlicher Anblick, denn die Puffotter ist noch nicht tot und windet ihren blutigen Kopf und Körper. Wir gehen weiter ans Flussufer, wo uns unzählige Flusspferdaugenpaare betrachten. Weiter entfernt liegen Krokodile auf einer Sandbank. Hinter gelbem Gras stehen Kaffernbüffel, wir halten Abstand und lernen, dass man sich zur Not auf einen Baum flüchten sollte – ein hartnäckiger Bulle dort dann aber auch drei Stunden ausharren kann.
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Intensive Art Umgebung wahrzunehmen
Sich an diesem Ort zu Fuß auf den Weg zu machen, ist die intensivste Art, die Umgebung wahrzunehmen. Walking Safaris erlebten eine Renaissance, sagt Keyala Phiri, Senior-Guide und Manager der Robin Pope Camps, zu dem auch Nsefu gehört. Sie sind ein nachhaltiges und echtes Naturerlebnis – ohne den knatternden Dieselverbrenner der Safarifahrzeuge; leise, näher dran, sanfter. Man ist bewusster unterwegs, anstatt die Big Five so schnell wie möglich abzuarbeiten.
Bei Walking Safaris in Sambia sind Reisende besonders bewusst unterwegs.
Quelle: Robin Pope Safaris
Nsefu war 1950 das erste Camp für Besucherinnen und Besucher, die in dieser Region nicht auf Trophäenjagd aus waren, sondern Tiere nur sehen und fotografieren wollten, erzählt Phiri. Gründer war Norman Carr, eine Legende des Tourismus in Luangwa – auch wegen seiner Wandlung vom Elefantenjäger zum Naturbewahrer.
Carr etablierte weitere Camps in der Nähe von Nsefu auch am Westufer des Flusses und holte seine Besucherinnen und Besucher dort ab zu den Bush Walks entlang des Flusslaufs; Robin Pope wurde sein Mitstreiter.
Nashörner fehlen bis heute in Südluangwa
Der Blick aus der Lodge dürfte heute kaum anders sein als vor 70 Jahren. Nachmittags durchqueren Elefantenfamilien mit Jungtieren gemächlich den Fluss – direkt vor der Holzveranda. Der Ausrottung der Nashörner durch Wilderei in Südluangwa mussten Carr und Pope zu ihrer Zeit indes hilflos zusehen; bis heute fehlt den Big Five in Südluangwa diese besondere Art.
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Schaffen die Tiere es wieder hierher? Im Nationalpark Mosi-oa-Tunya in der Nähe der Victoriafälle ist die Sichtung von Breitmaulnashörnern fast garantiert. Neun Tiere leben derzeit in dem eher als zoologische Anlage zu verstehenden Park. Dorthin gibt es auch schon gute Straßen.
Im Mosi-oa-Tunya-Nationalpark bei Livingstone leben neun der seltenen Breitmaulnashörner.
Quelle: Maria Dohmen
Sehnsüchtige versuchen es aber im Nordluanga-Nationalpark, einem der wohl wildesten und unberührtesten Plätze Afrikas und Scott Leslies Herzensort in Sambia. Dorthin kehren seit 20 Jahren – übrigens mithilfe der Frankfurter Zoologischen Gesellschaft – wieder Spitzmaulnashörner in ihr früheres Habitat zurück. Und auch dort hat noch keiner begonnen, die Piste zu asphaltieren.
Tipps für deine Reise nach Sambia
Anreise: Direktflüge nach Sambia gibt es aus Deutschland nicht. Flüge nach Lusaka sind nur mit Umstieg möglich.
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Beste Reisezeit: Sambia hat eine kurze Saison, die im Mai beginnt und schon im November endet. Sehr angenehm, weil noch kühler, ist Juni, der Auftakt der Hochsaison. Während der Trockenzeit ab August ist die Chance, viele Tiere zu sehen, am höchsten, da sie sich an den wenigen Wasserstellen sammeln.
Unterkünfte: Die Lilayi Lodge in Lusaka liegt in einem 650 Hektar umfassenden natürlichen Gelände mit vielen Wildtieren und gibt einen ersten Eindruck für Safaris. Auf Trails kann man Spaziergänge durch Wälder und Grasland unternehmen, es werden aber auch geführte Game Drives angeboten.
Eine preiswertere Alternative ist die Wild Dogs Lodge in der Stadt. Die deutsche Managerin Sophia R. Mwale ist ausgesprochen landeskundig und hilft mit Tipps und Organisation.
Die Waterberry Zambezi Lodge liegt etwas flussaufwärts der Victoriafälle. Die Lodge veranstaltet Flusskreuzfahrten und andere Aktivitäten.
Das Nsefu Camp im Südluangwa-Nationalpark, das als Geburtsort der Walking Safari gilt, liegt im exklusiven Nsefu-Sektor. Das Gebiet gilt als besonders artenreich und hat einen hohen Wildtierbestand. Die Lodge bietet alle Aktivitäten rund um Safari. Robin Pope veranstaltet auch mehrtägige Walking Safaris im Busch.
Attraktionen: Die Victoriafälle bei Livingstone sind ein Muss für Sambia-Reisende. Wer schwindelfrei ist, bucht einen Helikopterflug (etwa bei Batoka Sky 15-minütiger Rundflug etwa 175 Euro pro Person).
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Bootsausflüge nach Livingstone Island mit kurzem Fotoshooting in einem der Naturpools an der Wasserfallkante kann man bei Green Safaris buchen. Wenn der Wasserstand hoch ist, kann man im Angel‘s Pool baden; bei niedrigem Wasserstand ist der Devil‘s Pool populär.
Der Nationalpark Mosi-oa-Tunya bei Livingstone gehört zum Weltnaturerbe der Unesco; bei einer Walking Safari kann man fast garantiert Nashörner sehen. Geführte Touren bietet beispielsweise die deutschstämmige Inhaberin Nina Siavwapa von Savannah Southern Safaris.
Reitausflüge am Ufer des Sambesi und mehrtägige Reitsafaris veranstaltet Zambian Horseback Safaris von der Chundukwa River Lodge aus.
Die Reise wurde unterstützt von der Sambia Tourism Agency. Über Auswahl und Ausrichtung der Inhalte entscheidet allein die Redaktion.
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