Greifswald. Laras Tag beginnt um 4.30 Uhr, sie zieht sich an, macht sich für die Arbeit fertig und frühstückt. Um kurz vor sieben Uhr holt sie der Fahrdienst an ihrer Wohnung in Greifswald ab.
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Warum sie nicht selbst fährt? Lara (Name von der Redaktion geändert) sitzt im Rollstuhl und arbeitet in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM). Sie ist Ende 20 und arbeitet hier, seitdem sie 18 ist. Doch ihr Traum ist es, eines Tages auf den regulären Arbeitsmarkt zu wechseln.
Vielfältige Arbeitsbereiche in Werkstätten für Menschen mit Behinderung
Derzeit arbeiten circa 7800 Menschen in Werkstätten in Mecklenburg-Vorpommern. In Vorpommern-Rügen etwa gibt es insgesamt fünf Einrichtungen. Die Werkstätten sind für Personen gedacht, die sich im Erwerbsalter befinden, aber aufgrund ihrer Beeinträchtigung nicht auf dem regulären Arbeitsmarkt arbeiten können.
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Nico Ernst, Leiter der Geschäftsstelle, der Landesarbeitsgemeinschaft der WfbM, erklärt: „Der Arbeitsbereich orientiert sich bei seinen Angeboten an der Vielfalt des allgemeinen Arbeitsmarktes, vom Montagebereich, in dem Kugelschreiber verschraubt werden, bis zur Strandkorbfertigung oder Grünpflege ist alles denkbar.“
Lara erzählt, dass sie gerne in der Verwaltung oder dem administrativen Bereich arbeiten würde. „Ich habe schon einmal ein Praktikum in einem Hotel gemacht, das war toll, weil ich mit Menschen arbeiten konnte. Außerdem bekomme ich auf dem regulären Arbeitsmarkt mehr Geld.“
Greifswalder Rollstuhlfahrerin arbeitet für weniger Geld als Mindestlohn
Laut ihren Angaben arbeitet sie 35 Stunden pro Woche und bekommt 111 Euro im Monat. Zusätzlich kriegt sie 917 Euro Grundsicherung vom Sozialamt. Davon bezahlt sie ihre Miete von 475 Euro. Mindestlohn wird in den Werkstätten nicht bezahlt, das ist zulässig. Grund hierfür ist eine arbeitsrechtliche Sonderstellung, denn bei Werkstattbeschäftigten liege nur ein arbeitnehmerähnliches Rechtsverhältnis vor.
Die 111 Euro findet sie trotzdem nicht angemessen: „Das ist Ausbeutung – wir wollen uns ja auch mal was Schönes leisten können, ich bin auch nur ein Mensch und kann nichts dafür.“
Mobilität als Problem bei der Jobsuche in MV
Lara fühlt sich in der Werkstatt oft nicht wertgeschätzt und kann nicht den Job machen, auf den sie Lust hat. In der Werkstatt sitzt sie derzeit vor einem Computer und muss Waren in ein System tippen. Sie sagt: „Das ist superlangweilig, dabei bin ich auch schon mal eingeschlafen.“
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Nico Ernst erläutert, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, um den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu schaffen. „Beispielsweise durch Außenarbeitsplätze oder ausgelagerte Arbeitsgruppen. Hier sollen Beschäftigte direkt im Unternehmen arbeiten und das Umfeld des Unternehmens kennenlernen. In einigen Fällen gelingt die Übernahme durch das jeweilige Unternehmen.“
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Ein Problem bei der Jobsuche ist für Lara die Mobilität, denn sie ist meistens auf den Fahrdienst angewiesen, wenn es nicht in der Nähe ist und sie mit ihrem Handbike oder dem Bus fahren kann.
Alleine wohnen bedeutet Selbstständigkeit
Eine große Auswahl an Tätigkeiten, die nach dem Abschluss für Lara infrage kamen, gab es nicht. Sie hat von Geburt an eine seltene Krankheit und kann deshalb nicht laufen. Bis zur 9. Klasse ging sie auf eine Förderschule in Neubrandenburg. Sie erklärt: „Eine reguläre Schule war damals für mich ausgeschlossen, weil ich auch noch langsamer denken konnte.“ Nachdem die Förderschule vorbei war, machte sie ihren Hauptschulabschluss auf einer Berufsschule nach. „Mit 18 hieß es dann, du kommst in die Werkstatt.“
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Auf eine Sache ist Lara besonders stolz – ihre eigene Wohnung. Sie erklärt: „Ich bin froh, selbstständig zu sein und alleine wohnen zu können. Ich brauche nur bei wenigen Dingen noch die Hilfe von meiner Mutter.“ Das nächste Ziel, das sie sich gesetzt hat, ist, ein Praktikum zu finden. Danach hofft sie, vielleicht eine Ausbildung machen zu können.
OZ