Bad Segeberg. Konzerte und Lesungen hat es schon viele in der Kalkberg Oase gegeben. Eine so besondere Lesung wie am 1. Juni aber noch nicht: Lutz van Dijk hat die Überlebensgeschichte von Rozette Kats während des dunkelsten Kapitels der deutschen Geschichte mit Illustrationen von Francis Kaiser in dem Kinderbuch „Damals hieß ich Rita“ aufbereitet. Am Tag der Lesung werden alle drei in der Kalkberg Oase zu Gast sein. Rozette Kats wird zuvor einen Stolperstein für die Segebergerin Recha Saalfeld vor der Oase verlegen.

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Um ihr Leben zu retten, wurde Rozette Kats als Baby von ihren leiblichen Eltern mitten im Holocaust einem nicht-jüdischen Paar übergeben, das es als sein leibliches Kind ausgab und dem kleinen Mädchen den Namen Rita gab. Ihre Eltern und ihr jüngerer, nach ihr im niederländischen Durchgangslager Westerbork geborener Bruder, haben den Holocaust nicht überlebt. Sie wurden in Auschwitz ermordet.

Einziges Erinnerungsstück: Ein Ring der Eltern

Aber Rita hat überlebt. Mit sechs Jahren erfuhr sie, dass ihr eigentlicher Name Rozette war und dass die Menschen, die sie Papa und Mama nannte, nicht ihre leiblichen Eltern waren. Ein Onkel von ihr überlebte ebenfalls. Er konnte einen Ring retten, der ihren Eltern gehörte. Dieser Ring ist das einzige Erinnerungsstück an ihre leiblichen Eltern.

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Am 27. Januar 2023 hielt sie zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus eine Rede vor dem Deutschen Bundestag. Da der Kampf gegen das Vergessen nicht früh genug beginnen kann, ist Rozette Kats in Deutschland und den Niederlanden auch in Schulen und anderen Institutionen unterwegs, um von sich, ihrer Familie und dem Naziterror zu erzählen.

Behutsame Sprache und ansprechende Illustrationen

Aber kann man mit einem solchen Thema Kinder belasten? Rozette Kats langjährigem Freund, dem deutsch-niederländischen Historiker, Autor und Pädagogen Lutz van Dijk, ist dieser Spagat in dem Kinderbuch „Damals hieß ich Rita“ gelungen. Nicht nur die behutsame Sprache van Dijks, sondern auch die Illustrationen von Francis Kaiser schaffen es, dieses grausame Thema begreifbar zu machen.

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Rozette Kats ist inzwischen 83 Jahre alt und lebt in Amsterdam. Sie hat zwei Kinder und zwei Enkelsöhne. Die Lesung in der Kalkberg Oase wird auch für sie eine besondere sein, denn nur dort werden alle drei Beteiligten des Kinderbuches „Damals hieß ich Rita“ vereint sein. Die Illustratorin Francis Kaiser kommt aus dem nordrhein-westfälischen Detmold an. Den weitesten Weg nimmt Lutz van Dijk auf sich: Er reist aus Südafrika an.

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Eintrag ins Goldene Buch der Stadt

Rozette Kats wird bereits einen Tag vor der Lesung in Bad Segeberg sein, um sich auf Einladung von Bürgermeister Toni Köppen in das Goldene Buch einzutragen. Toni Köppen ist es auch, der aus eigener Tasche die Kosten in Höhe von 120 Euro für eine Stolperstein-Verlegung übernimmt.

Dieser Stolperstein soll an die Segebergerin Recha Saalfeld, geborene Levy, erinnern. Geboren wurde sie 1853 als Tochter von Rahel Oljeniek und Abraham Levy in Bad Segeberg. Damals gab es in Bad Segeberg eine aufstrebende jüdische Gemeinde, die sich schräg gegenüber des Rathauses ein Wohnhaus zu einer Synagoge umgebaut hatte, an die das heutige Mahnmal erinnert. Gewohnt hat sie unweit der Kalkberg Oase in der Mühlenstraße, die es heute nicht mehr gibt.

Ältestes Opfer mit 88 Jahren

In jungen Jahren besuchte Recha Saalfeld den Religionsunterricht in der Synagoge und die Mädchenschule an der Ostseite der Marienkirche. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird sie in Bad Segeberg noch ihren Schulabschluss gemacht haben, bevor die Familie 1868 nach Lübeck verzog. 1881 heiratete sie den Maler und Lackierer Salomon Selig Saalfeld und brachte ein Jahr später ihr einziges Kind, Sohn Albert, zur Welt.

Recha Saalfeld lebte bis zu ihrer Deportation in einem jüdischen Altenheim in Lübeck. In der Annahme, ein größeres jüdisches Altenheim besichtigen zu können, wurde Recha Saalfeld zusammen mit 800 anderen Juden nach Theresienstadt gebracht. Sie starb wenige Wochen nach ihrer Ankunft mit 88 Jahren am 10. September 1942. Sie ist damit das älteste Opfer der in Bad Segeberg geborenen Juden. Ihr Todesjahr ist das Geburtsjahr von Rozette Kats.

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Initiiert wurde der Tag der Erinnerung von dem Fachmann für Bad Segebergs jüdischer Geschichte Axel Winkler sowie von Ralf Schaffer, Chef der Kalkberg Oase und der engagierten Segebergerin Lina Bröckling. Sie alle hoffen sehr, dass auch Kinder und Jugendliche trotz des düsteren Themas zur Lesung kommen. Die Stolpersteinverlegung erfolgt am 1. Juni um 17.30 Uhr, die Lesung mit anschließender Diskussionsrunde um 19 Uhr. Der Eintritt ist frei.

LN



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