Lübeck. Sein Name ist einprägsam und eingängig – jedenfalls im Vergleich zu seinen großen Nachbarn, dem CBBM und dem BMBF an der Marie-Curie-Straße. Schlicht „LEMMI“ darf das neu geplante Forschungsgebäude der Lübecker Universität genannt werden. Sein Bau und seine Einrichtung sollen mit bis zu 63,6 Millionen Euro gefördert werden. Spätestens Ende des Jahrzehnts sollen rund 140 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Mitarbeitende einziehen können – ein erneuter Ritterschlag für die Uni.

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Der Wissenschaftsrat, das gemeinsame wissenschaftliche Gremium von Bund und Ländern, hat das Lübecker Vorhaben als „sehr gut bis herausragend“ zur Unterstützung empfohlen. Somit können nun die weiteren Planungen durch Land, Hochschule und Hansestadt starten. Auf einer Nutzfläche von circa 3000 Quadratmetern soll der Neuzugang auf dem Campus südlich des Informatikgebäudes, des Hauses 64, entstehen. „LEMMI“ ist übrigens die Abkürzung für „Lübeck Environment For Minds And Machines In Interaction“.

Wie werden Menschen und KI im Team kooperieren

Unter seinem Dach werden Uni-Expertinnen und -Experten aus den Bereichen Psychologie, Neurowissenschaften, Informatik und Robotik daran forschen, wie Menschen die immer enger und wichtiger werdende Zusammenarbeit mit künstlicher Intelligenz (KI) erleben und gestalten. Was bedeutet es also für unsere zukünftige Arbeitswelt, wenn in Teams – neben menschlichen Fachleuten – sowohl intelligente lernende Systeme wie zum Beispiel ChatGPT als auch robotische, menschlich anmutende Akteure eng kooperieren? Dies wird in vielen Bereichen der Gesundheit, der Arbeitswelt oder auch der Verwaltung zunehmend der Fall sein.

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Unweit des Informatik-Gebäudes (l.) soll das neue „LEMMI“ in den nächsten Jahren entstehen.

Unweit des Informatik-Gebäudes (l.) soll das neue „LEMMI“ in den nächsten Jahren entstehen.

Prof. Jonas Obleser, der als Psychologe und Hirnforscher die Idee des Gebäudes federführend mitgestaltet hat, freut sich sehr über die jetzige Förderempfehlung. Von dem wegweisenden Forschungsschwerpunkt ist er felsenfest überzeugt. „In unserer heutigen Welt sind wir immer enger und immer mehr mit technischen Systemen verbunden. Das verändert auch, wie wir uns fühlen und uns verhalten“, erklärt er. KI, also technische Systeme, die sehr gut Muster erkennen und selbst lernen können, prägten den Alltag und den Blick auf Arbeit, Gesundheit und Sicherheit.

KI-Anwendungen sollen besser verstanden werden können

„Wir erleben gerade die Entstehung von sogenannter hybrider Intelligenz“, sagt der Professor vom Institut für Psychologie I. „Ein modernes Hörgerät beispielsweise steckt voller Algorithmen und trifft – vereinfacht gesagt – auch heute schon Entscheidungen für mich, was mein Gehirn eigentlich zu hören bekommt. Oder eine Ärztin trifft Diagnose-Entscheidungen mithilfe einer Vielzahl ihrerseits sehr komplexer technischer Systeme, die mitunter bereits Empfehlungen geben. Aber bevor wir diese hybride Intelligenz sinnvoll und sicher nutzen können, sollten wir sie besser verstehen, erklären und vorhersagen können. Das soll gezielt im neuen Forschungsgebäude passieren“, erläutert der Experte.

Prof. Jonas Obleser von der Uni Lübeck war der wesentliche Ideengeber für das neue Forschungsgebäude.

Prof. Jonas Obleser von der Uni Lübeck war der wesentliche Ideengeber für das neue Forschungsgebäude.

Für Prof. Gabriele Gillessen-Kaesbach, kommissarische Uni-Präsidentin, passt „LEMMI“ perfekt auf den Lübecker Campus. „Unser Standort bietet sich besonders an, da er bereits stark von der Vernetzung von Mensch und Technik geprägt ist“, betont sie. Ihr Präsidiumskollege, Vize Prof. Enno Hartmann und Uni-Bau-Beauftragter, kann dies nur ausdrücklich bejahen: „Es ist schon sehr bemerkenswert: Der Wissenschaftsrat hat uns in der Vergangenheit zwei Forschungsgebäude beschert, das CBBM und das CRIS. Bei beiden Vorhaben mussten wir stets einen zweiten Anlauf nehmen und im Antrag nachbessern. Jetzt bei ,LEMMI’ kam das ,Okay’ quasi sofort. Der thematische Schwerpunkt muss entsprechend unmittelbar überzeugt haben.“

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Der Uni-Neuzugang wurde – neben nur zwei anderen Forschungsgebäuden der Universität Hamburg und der Technischen Universität Berlin – in der diesjährigen Ausschreibungsrunde vom Wissenschaftsrat zur Förderung empfohlen. Die Gelder kommen zu gleichen Teilen vom Bund und vom Land. Wie in diesem Verfahren üblich, steht die jetzt verkündete Empfehlung unter dem Vorbehalt der endgültigen Entscheidung durch die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern, die im Juni 2024 das nächste Mal tagen wird.

Bisher wurde von der Empfehlung nicht abgewichen

Doch Uni-Sprecherin Vivian Upmann bemerkt dazu: „Bisher ist man meiner Kenntnis nach noch nie von der Empfehlung abgewichen.“ Entsprechend freut sich ebenfalls Kiels Wissenschaftsministerin Karin Prien (CDU), dass der Bund dem Land erneut unter die Arme greift. „Es ist ein toller Erfolg für die Forschungsinfrastruktur Schleswig-Holsteins, dass es – gerade in Zeiten knapper Haushaltsmittel – gelungen ist, einen weiteren, überregional bedeutsamen Forschungsbau nach Lübeck zu holen“, sagt Prien.

LN



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