„Was bisher geschah“ zählt zum Glück keine Jahreszahlen auf, sondern erzählt lebendig. Und so wird Geschichte spannend, ekelhaft und gruselig.

Ältere Herren stehen an einem Schreibtisch und schauen zu US-Präsident Lyndon B. Johnson

Vergangenes spannend erzählt: US-Präsident Lyndon B. Johnson mit einer Kommission zum Thema Rassenunruhen 1967 in den USA Foto: Yoichi Okamoto/ljb library

Einer meiner Geschichtslehrer versuchte stets, möglichst cool zu wirken. Dafür erzählte er auch mal, wie seine WG von der Polizei gestürmt wurde. Das war die einzige Stunde, in der ich nicht eingeschlafen bin.

Denn ansonsten las er einfach nur aus dem Geschichtsbuch vor. Das war’s. Große Erklärungen gab es nicht, Kontextualisierung, Gespräche über das Leben der Menschen zu diesem Zeitpunkt. Wir mussten – dafür ist Geschichte ja da! – Jahreszahlen kennen. Fertig.

Eigentlich war ich ein Geschichts-Geek; in diesem Schuljahr verlernte ich das. Es kam erst Jahre später wieder mit einer Lehrerin, die Kolonialpolitik anhand von Bahnstrecken erklärte. Großartig! Ich machte bei ihr Abi und bereitete mich – auf ihr Anraten – mit Hörbüchern auf die Prüfungen vor. Sebastian Haffner, „Von Bismarck bis Hitler“. Die CDs habe ich bei einem meiner Umzüge genauso vergessen wie die Jahreszahlen, die ich dann doch in der Prüfung hätte brauchen können.

CDs braucht man aber auch nicht mehr, es gibt ja Internet und Podcasts und da gibt es zum Glück jetzt auch „Was bisher geschah“. Geschichtsjournalist Joachim Telgenbüscher (auf dem damaligen Twitter bekanntgeworden als @drguidoknapp) und Historiker Nils Minkmar erzählen darin einmal die Woche Geschichte.

Für manches, wie den eher erfolglosen Kaiser Commodus, brauchen sie nur eine Folge. Andere haben hart übertrieben (Dschingis Khan) und fordern dann auch mal drei.

So kann ich beim Sport von Dr. Best lernen (dem Theoretiker der Nazis, nicht dem Werbezahnarzt!), beim Einkaufen wird mir erläutert, was eigentlich wirklich bei Pocahontas passiert ist. Ich räume auf mit einer mörderischen Sekte aus dem Münster des 16. Jahrhunderts im Ohr.

Es ist spannend, ekelhaft, gruselig! Weil Geschichte das eben ist. Und weil die Hosts sie so hervorragend erzählen. Mit Begeisterung, mit Zitaten von Zeitzeug*innen, mit Anspielungen aus der Popkultur und mit ganz wenig Jahreszahlen.



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