Berlin. Der Geschäftsführer der Flüchtlingsschutzorganisation Pro Asyl, Karl Kopp, hat gefordert, Georgien angesichts der aktuellen Entwicklung in dem Land wieder von der Liste der sicheren Herkunftsstaaten zu streichen. „Die Verabschiedung des Anti-NGO-Gesetzes nach Wladimir Putins Vorbild ist ein weiterer dramatischer Schritt“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Dieses Gesetz und das Niederknüppeln der proeuropäischen Jugend machen klar: Georgien erfüllt aktuell nicht die Kriterien eines Beitrittskandidaten, und es ist kein sicheres Herkunftsland für Asylsuchende.“

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Kopp fügte hinzu: „In Belgien wurde Georgien im Juli 2023 nach nicht einmal drei Monaten wieder von der Liste der sicheren Herkunftsländer genommen, insbesondere wegen der gefährlichen Situation für LGTBQIA+-Personen. Den Schritt muss Deutschland jetzt auch gehen. Es muss Georgien von der Liste der sicheren Herkunftsländer streichen.“

Erst seit Dezember: Georgien gilt als sicherer Herkunftsstaat

Georgien und die Republik Moldau waren im Dezember vorigen Jahres in die Liste der sicheren Herkunftsstaaten aufgenommen worden. Damit können Asylverfahren von Staatsangehörigen beider Länder schneller bearbeitet werden. Rechtsmittel werden beschnitten. Im Anschluss an eine negative Entscheidung über den Asylantrag können Betroffene rascher abgeschoben werden. Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte damals, die Einstufung sei ein weiterer Schritt zur Begrenzung irregulärer Migration. „Beide Staaten wollen Mitglieder der Europäischen Union werden. In beiden Staaten droht Menschen in aller Regel keine politische Verfolgung. Mehr als jeder zehnte abgelehnte Asylantrag kommt aus diesen beiden Ländern. Hier können wir also sehr schnell irreguläre Migration wirksam reduzieren“, betonte die SPD-Politikerin. Die Anerkennungsquote betrug zu der Zeit 0,3 Prozent.

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Etwa zeitgleich mit dem Inkrafttreten des Gesetzes unterzeichnete sie in der georgischen Hauptstadt Tiflis ein Migrationsabkommen. Ziel des Abkommens ist es, „irreguläre Migration zu reduzieren, die freiwillige Rückkehr und Reintegration zu fördern und gezielte reguläre Migration im gegenseitigen Interesse zu stärken“, sagte Faeser. Die Georgier machen in dem Abkommen Zugeständnisse bei der Rücknahme von Geflüchteten und zeigten sich nicht abgeneigt, ihre eigenen Landsleute über geringe Erfolgsaussichten von Asylanträgen in Deutschland zu informieren. Die Deutschen demonstrierten die Bereitschaft, Saisonarbeiter ins Land zu lassen und im Bildungssektor zusammenzuwirken.

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Zahl der Asylanträge geht deutlich zurück

Tatsächlich ist die Zahl der Asylanträge von Menschen aus Georgien zuletzt deutlich zurückgegangen. In den ersten vier Monaten dieses Jahres lag sie bei 1332. Das teilte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) dem RND mit. Im vorigen Jahr waren es insgesamt 9399.

Das kürzlich vom georgischen Parlament verabschiedete „Agenten-Gesetz“ sieht jetzt allerdings vor, dass sich Organisationen, die mehr als 20 Prozent ihrer Finanzmittel aus dem Ausland erhalten, als „Agenten ausländischer Einflussnahme“ registrieren lassen müssen. Kritiker sehen darin eine Bedrohung für die Medienfreiheit und die EU-Beitrittsbestrebungen, die von einer großen Mehrheit getragen werden. Georgien wurde der Status eines Beitrittskandidaten im Dezember 2023 verliehen.

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Sicherheitskräfte setzten bei Demonstrationen gegen das Gesetz außerdem Tränengas, Wasserwerfer und Schlagstöcke ein. Manche halten diese Entwicklung für den Auftakt einer grundlegenden Hinwendung zu Russland, das mit Abchasien und Südossetien längst Teile Georgiens kontrolliert.



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