Nach der Machtübernahme krimineller Banden ist Haitis Ministerpräsident zurückgetreten. Das Land braucht einen Neuanfang, finanziert vom globalen Norden.
Die Banden in Haiti haben gesiegt. Der Ministerpräsident Ariel Henry ist, mit der kleinen Einschränkung, er werde sein Amt erst an einen neuen Ministerpräsidenten übergeben, zurückgetreten.
Der Sieg schwer bewaffneter Gangs über einen vor fast drei Jahren durch die USA und die internationale Gemeinschaft per Twitter ernannten und seither gestützten Ministerpräsidenten ist keine politische Kleinigkeit. Man kann das Ereignis durchaus mit dem Sieg der Taliban in Afghanistan vergleichen. Die Großmacht USA musste gegenüber wild gewordenen Gangstern klein beigeben.
Denn nun wird mit einer Eile gehandelt, die eher ohnmächtig wirkt und vor allen Dingen von einem Interesse getrieben ist: Haiti so zu beruhigen, dass von dort keine Fluchtbewegungen kommen. Deshalb will man das entstandene Machtvakuum so schnell wie möglich füllen.
In einer Nacht-und-Nebel-Sitzung haben die Karibikstaaten in Anwesenheit von US-Außenminister Blinken einen Notfallplan erarbeitet, der die Einsetzung eines Präsidialrates vorsieht, der eine neue Regierung bilden soll. In 24 Stunden sollen die benannten haitianischen Gruppierungen ihren Vertreter benennen, sonst sind sie raus.
Das alles dient dazu, einen politischen Rahmen für die kenianische Polizeimission zu bauen, die die Gangs mit finanzieller Unterstützung der USA bekämpfen soll.
Die wesentliche Lektion der haitianischen Katastrophe besteht jedoch darin, dass es keine militärische Lösung für das Gangproblem gibt. Denn schon eine wesentlich besser ausgestattete Militärmission der UNO, die nach 13 Jahren 2017 zu Ende ging, ist an dieser Aufgabe gescheitert. Sie hatte nur zwei Banden zu bekämpfen, jetzt reden wir von 200.
Es braucht glaubwürdige haitianische Vertreter, die nicht in die Ganggewalt verstrickt sind und die ein Projekt zur Stärkung der Autonomie durchführen können, das von außen finanziert werden muss. Es wäre eine Reparation für all den Schaden, den die internationalen Interventionen und die Kolonialgeschichte angerichtet haben.