Kapitän Gündoğan (l.) brauchte zuletzt viel Zuspruch von Trainer Nagelsmann.

Kapitän Gündoğan (l.) brauchte zuletzt viel Zuspruch von Trainer Nagelsmann.

Foto: imago/Laci Perenyi

Eine gute Ausrede haben die deutschen Fußballer schon mal, wenn mit der an diesem Freitag beginnenden Europameisterschaft auch das vierte Turnier in Folge misslingen sollte. Alle wollen etwas von ihnen. Turnierdirektor Philipp Lahm wünscht sich als Ergebnis der EM »mehr Solidarität und einen größeren Zusammenhalt« in Deutschland. Und Präsident Bernd Neuendorf erhofft sich vom »Leuchtturmprojekt« des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) »die Rückkehr des Optimismus« im Land.

Können Sportler das leisten? Erstaunlicherweise ja, das zeigt der Blick in die Geschichte von Großereignissen, nicht zuletzt bei der Fußball-WM 2006. Die beste Voraussetzung dafür wäre ein gelungener Auftakt an diesem Freitag im Eröffnungsspiel gegen die Schotten in der Münchner Arena. Sollte es anders kommen, weiß Rechtsverteidiger Joshua Kimmich, »ist der Druck und auch der Gedanke an die vergangenen Turniere sofort wieder da«.

Scheitern an zu hohen Ansprüchen

Unnötigen Druck hat Julian Nagelsmann gemacht. »Wenn wir an einem Turnier teilnehmen, sollten wir es auch gewinnen wollen«, meint der Bundestrainer. Die Voraussetzungen sind zwar besser als in den Jahren zuvor. Und daran hat Nagelsmann mit seinem radikalen Kaderumbau großen Anteil. Doch auch an zu hohen Ansprüchen ist das DFB-Team zuletzt gescheitert.

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Testspiele haben oft wenig Aussagekraft, so wie die letzten Auftritte von Turnierfavoriten wie Frankreich oder England. Aber wenn auch die ganz große Aufbruchstimmung schon wieder verflogen ist, das Gefühl der Befreiung nach Jahren der Lethargie durch die Länderspiele der DFB-Elf im März mit Siegen gegen Frankreich und die Niederlande trägt noch immer. Wird nun über die deutsche Nationalmannschaft diskutiert, dann weniger über den Kader, das Spielsystem oder fehlende Leidenschaft. Selbst nach den letzten, wenig überzeugenden Auftritten gegen die Ukraine und Griechenland, lobte Nagelsmann zu Recht den sichtbaren Siegeswillen seines Teams.

Kapitän als Fremdkörper

Analysiert und diskutiert wird natürlich immer noch. Und dabei fällt auf: Der Kapitän ist das Problem. İlkay Gündoğan wurde vor neun Monaten von Bundestrainer Hansi Flick die Binde übergestreift. Da saß die DFB-Elf noch am Tiefpunkt fest, der Champions-League-Sieger sollte das ändern. Trotz Nagelsmanns Neuordnung, blieb der 33-Jährige Kapitän. Ein Fehler: Seine eigentliche Position im defensiven Mittelfeld ist mit Toni Kroos und Robert Andrich stark besetzt. Gündoğan hat auf der 10 kaum Zugriff auf das Spiel und steht fast im Weg, wenn Jamal Musiala und Florian Wirtz so wunderbar wirbeln. Zuletzt wurde er zweimal früh ausgewechselt, mit etwas mehr Mut könnte Nagelsmann die Startelf ohne ihn noch besser machen. Es ist also nur noch Detailarbeit im DFB-Team nötig, aber auch daran hängen der eigene Erfolg und die Erwartungen anderer.





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