Der Barkley Marathon ist brutal, über steile Felsen und dichtes Unterholz. Jasmin Paris hat ihn als erste Frau innerhalb des Zeitlimits beendet.

Jasmin Paris beim Borrowdale-Rennen im Jahr 2018

Jasmin Paris beim Borrowdale-Rennen im Jahr 2018 Foto: Paul Dobson/cc-by-2.0

„Das war das Schwerste, was ich je gemacht habe“, stöhnte die Britin Jasmin ­Paris, als sie es letztes Wochenende als erste Frau geschafft hatte, das berüchtigte „Barkley Marathons“-Rennen zu beenden. Sie sei kurz davor gewesen, ohnmächtig zu werden, sagte die 40-Jährige dem Guar­dian. Immer wieder seien natürliche Hindernisse nur bäuchlings überwindbar gewesen, und ein Teil war so mit Brombeersträuchern zugewuchert, „dass die Beine fast zerschnitten wurden“.

Nun ist es nicht so, dass Jasmin Paris nicht gewusst hatte, was auf sie zukam. Gleich nach ihrer ersten Barkley-Teilnahme 2022 war sie restlos begeistert gewesen, obwohl sie damals die leichtere 60-Kilometer-Distanz nicht zu Ende laufen konnte. Sie schrieb in ihrem Blog: „Tatsächlich vermute ich, dass ich bereits fest im Bann des Rennens bin.“

Barkley ist schließlich nicht irgendein Rennen: Am 10. Juni 1977 war der Mörder des Bürgerrechtsaktivisten Dr. Martin Luther King jr., James Earl Ray, gemeinsam mit anderen Inhaftierten aus dem „Brushy Mountain“-Gefängnis in Petros, Tennessee, ausgebrochen. 54,5 Stunden später wurde Ray als Vorletzter gefasst. Rund 13,7 Kilometer hatte Ray während seiner Flucht in dem mit schwierig nur unzureichend beschriebenen Terrain zurückgelegt. Doch sportlich sei das keine beeindruckende Leistung gewesen, befanden der damals 26 Jahre alte Ultrarunner Gary „Lazarus Lake“ Cantrell und sein Freund Karl „Raw Dog“ Henn, die in der Gegend wohnten; 100 Meilen seien problemlos zu schaffen.

Sie kreierten 1986 den ersten Barkley Marathon. Lediglich 35 Menschen dürfen daran teilnehmen. Die weglose Strecke ist nicht markiert, vor dem Start darf die Route auf Karten angeschaut werden, unterwegs sind die Läufer jedoch auf sich allein gestellt. Das Rennen, bei dem es steile Felsen und dichtes Unterholz zu bewältigen gilt, wird von Lazarus Lake gestartet, indem er sich eine Zigarette anzündet.

Jasmin Paris, Tierärztin an der Universität von Edinburgh, ist eine von insgesamt nur 20 Personen, die das Barkley seit 1989 innerhalb des Zeitlimits von 60 Stunden absolvieren konnten. Nur um 99 Sekunden blieb sie drin. Acht Minuten vor Ende sei ihr klargeworden, dass sie es vielleicht schaffen könne. „Eigentlich wollte ich aufgeben“, aber ihr Verstand habe ihr gesagt, dass sie dann später das Rennen noch einmal laufen müsse.

Die Sache mit der Mutter und dem Töpfchen

Paris hatte 2019 bereits das 429 Kilometer lange britische Spine Race gewonnen – und an den Checkpoints immer Milch für ihre kleine Tochter abgepumpt. Dass es nicht so viele Frauen in der Ultrarunning-Szene gibt, findet sie schade. Sie sei im Bewusstsein aufgewachsen, dass es keine Unterschiede zwischen ihr und ihren Brüdern gebe, sagte sie dem Magazin Trail. Sie könne Frauen nur raten, „es einfach zu versuchen und sich nicht so viele Sorgen zu machen“. Im Übrigen sei es ihr völlig egal, welches Geschlecht ihre Mitstreiter hätten, „ich gebe immer mein Bestes“.

Ganz besonders dankte Jasmin Paris nach dem Barkley-Gewinn übrigens ihrer Mutter, die während des Rennens auf die beiden Kinder aufgepasst und dem Jüngsten beigebracht hatte, aufs Töpfchen zu gehen: „Ich wette, es gibt nicht viele Barkley-Konkurrenten, die zwischen den einzelnen Runden Informationen über den Stand des Töpfchentrainings erhalten haben.“



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