Sie betreiben Geldwäsche, befehlen Folter oder Morde, manchmal stehen sie sogar an der Spitze krimineller Clans. Frauen haben im Bereich der organisierten Kriminalität längst wichtige Rollen inne.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) mit dem Titel „Understanding the role of women in organized crime“.

Für die Studie wurden Daten aus 14 Ländern in Europa, Nordamerika und Zentralasien analysiert. Darunter Italien, Großbritannien, Schweden, aber auch Italien und Serbien.

Eine zentrale Rolle spielten Aussagen von Ermittlern, Kriminalstatistiken, Unterlagen aus Gerichtsprozessen und Erfahrungen aus Aussteigerprogrammen, wie aus einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) hervorgeht.

Frauen stärker in der organisierten Kriminalität vertreten, als mancher denkt

Die Studie ist die erste tiefgreifendere Erhebung zum Thema „Frauen in der organisierten Kriminalität“. Sie zeigt, dass Frauen in der Welt der kriminellen Clans und anderer Organisationen stärker vertreten sind, als man denkt.

„Ippen.Media“, eine Plattform, zu der unter anderem der „merkur.de“ gehört, sprach mit Mara Garavini Seisselberg, Beraterin für Strafjustiz bei der OSZE, über die Egebnisse. Sie ist die Autorin der Studie.

Frauen seien bei Clans oder anderen kriminellen Organisationen wie der Mafia durchaus aktiv an Gewalt beteiligt, „viel mehr, als man glaubt“, sagte Garavini Seisselberg dem Portal.

Wie sie in die organisierte Kriminalität rutschen, ist laut der Expertin unterschiedlich. Manche stammen aus prekären sozioökonomischen Verhältnissen, andere werden in die kriminellen Strukturen hineingeboren.

„Frauen entscheiden sich zunehmend freiwillig, in der organisierten Kriminalität aktiv zu werden“

Wieder andere geraten ganz bewusst auf die schiefe Bahn, weil es sie reizt. „Was wir wahrnehmen: Frauen entscheiden sich zunehmend freiwillig und sehr bewusst, in der organisierten Kriminalität aktiv zu werden“, so Garavini Seisselberg.

Sie sieht auch einen Zusammenhang mit den sozialen Netzwerken. Der Gangster-Lifestyle werden dort „als glamourös dargestellt, es gibt falsche Versprechungen von Geld und Status“. Die Realität sieht laut der Expertin anders aus.

„Was nicht gezeigt wird, ist die absolute Unfreiheit, die Gewalt, Tod und Gefängnis. Es gilt das Gesetz der Omertà und der unbedingten Loyalität. Wenn sich Frauen daran nicht halten, drohen ihnen und ihren Familien Vergeltungsmaßnahmen.“

Frauen sind oft “Schlüsselträger der Clan-Werte”

Dass Behörden bisher kaum Daten über weibliche Clan-Kriminelle sammeln, ist in Garavini Seisselbergs Augen problematisch.

Der „Welt“ sagte sie Ende 2023, dass Clan-Frauen auf diese Weise als „unsichtbare Täterinnen“ handeln könnten. Kriminellen Netzwerken hat das laut der Expertin „einen beträchtlichen Vorteil verschafft“.

Außerdem fungieren Frauen oft als „Schlüsselträger der Clan-Werte“, wie Autorin der OSZE-Studie erklärte. Sie geben Codes und Vorstellungen an neue Generationen weiter.

Sie sind es meist, die ihren Söhnen martialische Weltbilder vermitteln und sie zu gewaltbereiten Männern erziehen. Oder wie Garavini Seisselberg es fromuliert: Frauen sorgen oft für „die kulturelle Kontinuität“ der kriminellen Familienverbände.

Gerade Mütter versuchen oft, umzusteuern

Die OSZE-Studie beschäftigt sich aber nicht nur mit weiblichen Clan-Kriminellen und delinquenten Mitgliedern anderer Strukturen. Sondern auch mit Frauen, die zwar in der Welt der organisierten Kriminalität leben, aber dort keine aktive Rolle einnehmen.

Geht es um den Ausstieg Angehöriger aus dem kriminellen Milieu, wurde ihre Bedeutung lange unterschätzt. Wie der Islamwissenschaflter Matthias Rohe der „Welt“ sagte, sind es „gerade Mütter, die die Familie umzusteuern versuchen“.

Wollen Frauen der organisierten Kriminalität selbst den Rücken kehren, haben sie es oft schwer. Wie Garavini Sesselberg „Ippen.Media“ erklärte, erhalten sie von den Behörden weniger Unterstützung als Männer.

„Denn sie bleiben unentdeckt innerhalb der organisierten Kriminalität und sind […] unsichtbar, weil sie nicht als wichtige kriminelle Akteurinnen wahrgenommen werden.“ Kriminelle Organisationen zu verlassen, ist für Frauen also fast unmöglich. Umso wichtiger findet es Gavarini Seisselberg, sie stärker in den Fokus zu rücken.





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