Vorurteile geben Sicherheit. Und nach dem mehr oder weniger subtilen Rassismus der Franzosen, der in den drei “Monsieur Claude”-Filmen verhandelt wurde, geht es jetzt um das, was man “Klassismus” nennt: die Abwertung und Diskriminierung von Leuten aufgrund ihres vermeintlich niedereren sozialen Status’.

Wer Monsieur Claude liebte, wird jetzt den aristokratischen Monsieur Bouvier-Sauvage wunderbar finden. Denn natürlich hat Christian Clavier hier wieder die Rolle des selbstverliebten Bornierten und selbstgerechten Patrioten nur eben eine Klasse höher – als aristokratischer Weingut- und Familienschlossbesitzer. Monsieur Bouvier-Sauvage lässt andere spüren, dass er sich für etwas Besseres hält und für den wahren Franzosen. Und um diese Frage kreist auch “Oh la la”.

Im Französischen heißt der Film “Cocorico” – das französische “Kikeriki”. Denn hier gehen vor allem die Männer wie französische Nationalhähne aufeinander los – in einem wahnwitzigen Ping-Pong-Spiel. Was an ein auf liebenswürdige Weise sanft entschärftes “Gott des Gemetzels” erinnert – das berühmte Theaterstück von Yasmina Reza. Denn Monsieur Bouvier-Sauvages Tochter will ausgerechnet den Sohn eines Autohändlers heiraten, was den gesamten “tausendjährigen” Stammbaum durcheinanderbringen würde.

Außerdem verkauft dieser Monsieur Martin (Didier Bourdon) auch noch französische Autos, während die Bouvier-Sauvages natürlich Mercedes fahren – trotz allem Patriotismus. Und das ist nur einer der vielen deutschen Aspekte des Films, die bis zu heimlichen Deutschland-Devotionalien in einer Garage führen. Unter Tränen werden dann Merkel-, Derrick- und Klinsmann-Poster offenbart, was sogar zu einer Versöhnung mit der deutsch-französischen Vergangenheit führt.

Die Idee des wahren Franzosen zerlegt “Oh la la” ohnehin lässig als Illusion, an die man sich per DNA-Test klammert, der nachweist, wieviel “fremdes” Blut man in sich trägt. Und hier – für uns Kinogänger besonders witzig zeigt das Ergebnis einen deutschen Einfluss. “Oh la la” bedient alle Klischees über Franzosen aus französischer Sicht – vom Weinexperten bis zur Fremdsprachniete. So ist diese satirische Selbstbetrachtung der Franzosen durch den Film von Julien Hervé auch für uns Deutsche witzig. Chauvinismus ist ja keine alleinige französische Krankheit.

Die perverse Frage, was ein “Bio-Deutscher” ist und wer das sein darf, geistert auch durch unser Land. Da ist die sich um politische Korrektheit wenig scherende Komödie mit dem nicht sehr einfallsreichen deutschen Titel “Oh la la” eine wunderbar witzige Auflockerung. Und am Ende fühlt man doch auch: Vive la France! Trotz aller französischen Macken, die hier witzig modernisiert und vor allem geistreich korrigiert werden.





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