Nachdem die Crew der »Vault« die Menschen nicht an Bord nahm, fielen mehrere Menschen aus dem Boot ins Wasser und ertranken.

Nachdem die Crew der »Vault« die Menschen nicht an Bord nahm, fielen mehrere Menschen aus dem Boot ins Wasser und ertranken.

Foto: Manuel Lossau/ Seabird

Seit 2017 hat Frontex im zentralen Mittelmeer einen Luftüberwachungsdienst aus gecharterten Flugzeugen und Drohnen aufgebaut. Einige davon sind inzwischen auch mit Rettungsmitteln ausgerüstet. Das belegt ein Einsatz vom 24. März im zentralen Mittelmeer, bei dem ein Flugzeug im Auftrag der EU-Grenzagentur eine Rettungsinsel abgeworfen hat. Der in Panama registrierte Tanker »Vault« hatte zuvor 138 Menschen an Bord genommen, deren Boot mit beschädigtem Motor im Meer trieb. Mindestens drei Männer ertranken jedoch bei der missglückten Aktion, diese sollen aus Syrien, Äthiopien und Bangladesch stammen.

Über den Vorfall in der maltesischen Rettungszone hatten zuerst das Alarm Phone und die Seenotrettungsorganisation Sea-Watch berichtet. Die »Vault« war auf dem Weg nach Tunesien und erhielt am Nachmittag eine Meldung des Sea-Watch-Flugzeugs »Seabird« über das Boot. Laut einem »nd« vorliegenden Ereignisbericht hat der Kapitän daraufhin entschieden, sofort die Position der Schiffbrüchigen anzusteuern. Nach einer Stunde habe die »Vault« das Boot erreicht und nach eigenen Angaben Essen, Wasser und Decken an die Insassen verteilt.

Zwei Stunden später sei das Boot jedoch plötzlich in Schieflage geraten, heißt es in dem Bericht, einige der Insassen daraufhin in Panik ins Wasser gesprungen. Erst zu diesem Zeitpunkt will die Besatzung der »Vault« begonnen haben, die Menschen an Bord zu nehmen. Weitere zwei Stunden später traf schließlich das Frontex-Flugzeug mit der Kennung »Eagle 1« ein. Die »Vault« war zu diesem Zeitpunkt bereits auf dem Weg nach Lampedusa, um die Geretteten von Bord gehen zu lassen. Weil die Besatzung jedoch weitere drei Menschen im Meer treiben sah, warf die »Eagle 1« die Rettungsinsel ab – allerdings erfolglos.

Neben der »Eagle 1« hat Frontex mit einer zweimotorigen Dornier ein noch größeres Flugzeug in Betrieb, das ebenfalls Rettungsausrüstung abwerfen kann. Das bestätigte vergangene Woche ein Sprecher auf Anfrage der linken EU-Abgeordneten Özlem Demirel. Diese als »Eagle 3« oder »Osprey 4« bezeichnete Maschine fliegt neben dem Mittelmeer auch über dem Ärmelkanal. Dort sind bei Abfahrten von Frankreich und Belgien bereits Hunderte Menschen auf ihrem Weg nach Großbritannien ertrunken. Ein Abwurf von Rettungsmitteln wurde über dem Ärmelkanal aber bislang nicht bekannt.

Laut Frontex hat die »Eagle 1« im Mittelmeer zwei Rettungsinseln für je sechs Personen an Bord, die Dornier drei Rettungsinseln für je elf Personen. Hersteller ist die Firma Survitec aus Großbritannien.

Den Rahmenvertrag für seine Luftüberwachungsdienste erneuert Frontex regelmäßig, in einer Ausschreibung für das kommende Jahr sind allein für die Langstreckenflugzeuge 169 Millionen Euro vorgesehen. Der Abwurf von Rettungsausrüstung »im Bedarfsfall« ist auch in diesen Verträgen vorgesehen.

»Frontex’ Einsatz von abwerfbaren Rettungsbooten ist für mich reine Fassade und dient der Selbstinszenierung als hilfsbereite Organisation«, kritisiert Paul Wagner von der Crew des zivilen Rettungsflugzeugs »Seabird« auf Anfrage des »nd«. Die Rettungsmittel aus der Luft hält er für eine PR-Maßnahme. »Wenn die EU Leben retten wollte, dann würde es ein ziviles Seenotrettungsprogramm mit Schiffen geben«, sagt die Linke-Abgeordnete Demirel.

Während Frontex für die gemeinsame Migrationsabwehr der 27 EU-Staaten zuständig ist, soll die Agentur für die maritime Sicherheit (EMSA) deren Küstenwachen koordinieren. Im EMSA-Auftrag sind seit 2021 vier Drohnen unterwegs, die ebenfalls eine Rettungsinsel für jeweils acht Personen abwerfen können. Den Rahmenvertrag dieser »AR5« von Tekever aus Portugal hat die Agentur bis 2025 verlängert. Über einen Einsatz wurde bisher noch nicht berichtet.

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