Die Journalistin Beke Rieper hat schon viel erlebt. Weltpolitik, Großstadtgeflüster, „New York Times“. Selbst Superstars wie Bono hat sie getroffen. Doch was ihr in der norddeutschen Einöde als Breaking News angekündigt wird, ist der Reporterin neu. „Wo jetzt“?!, fragt sie den Autobahnwart am vermeintlichen Unfallort vor einer unversehrten Leitplanke, und ihr Gesicht zwischen Mitleid, Skepsis, Entsetzen – das kann vielleicht nur Felicitas Woll machen.
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Auch die Managerin Saskia Blankenstein hat viel erlebt. Überwachungssysteme, Milliardendeals, Global Player. Selbst arabische Prinzen sind dabei. Doch dass ihr nur drei Tage Zeit zur Präsentation bleiben, ist der Kauffrau neu. „Wir könnten das Dänemark-Projekt anpassen, paar Eingrenzungen, dass der Scheich unsere Technik nur für zivile Zwecke nutzen kann“, schlägt sie im Frankfurter Wolkenkratzer vor, und ihr Gesicht zwischen Empathie, Skrupeln, Kompetenz – auch das beherrscht die Schauspielerin perfekt.
Die facettenreiche Felicitas Woll
Es sind nur einige vieler Facetten, mit denen Felicitas Woll zwei ZDF-Formate ziert. Als Hauptfigur der Herzkino-Reihe „Neuer Wind im Alten Land“ kehrt sie von der „Times“ zum Lokalblatt ihrer Jugend zurück und wird beruflich unterfordert, aber privat überfordert. Als Nebenfigur im Thriller „Blindspot“ gerät sie auf dem Hightechschlachtfeld in Machenschaften ihrer Teamkollegen Patrick (Marcus Mittermeier) und Max (Andreas Steinbacher), dessen Frau nach einem dubiosen Unfall im Koma liegt.
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Hoch im Norden also Esther Gronenborns erdige Landkomödien nach Büchern von Kirsten Peters und Gerlind Becker, die darin allerlei dörfliche Klischees verwursten. Hoch über Hessen Marc O. Sengs aseptischer Wirtschaftskrimi, den Regisseur Hannu Salonen als Intrigantenstadl im Sichtbetonambiente dreht. Beides keine allzu originellen Stoffe. Dank Felicitas Woll entfalten sie dennoch einigen Charme.
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Vor fast 25 Jahren wurde Felicitas Woll populär
Fast 25 Jahre also, nachdem sie mit „Mädchen, Mädchen“ oder „Berlin, Berlin“ populär wurde, ist die Mittvierzigerin auf angenehm gewöhnliche Art eigensinniger geblieben, als Blockbuster wie „Dresden“ und „Carl & Bertha“ befürchten ließen. Mehrteiliger Mainstream, der ihre Optik aus Kindchenschema und Junggesellinnenabschied kontern sollte. Ins Alte Land fährt sie daher im bonbonbunten Cabrio und kommentiert provinzielle Stereotypen mit urbaner Hochnäsigkeit.
Was kein Wunder ist: Statt den U2-Sänger zu interviewen, berichtet ihr ein Bauer von verliebten Kühen vor kaputten Gattern. Und als Beke über neue Trikots der Jugendfußballer berichten soll, fragt sie indigniert: „Neuer Sponsor? Neue Farben? Regen sich die Leute darüber auf, oder was?“ Nee, verneint ihr Lokalchef, „die sind halt neu…“ Das Hinterland eben. Schön, öde. Schön öde? Eher selten!
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Felicitas Woll verdient bessere Bücher
Denn Woll schafft es buchstäblich spielend, trockenen Fußes durch Gronenborns Klischeegewitter zu gehen. Dass ihr eine Scheidung mit zwei Kindern angedichtet wird, die Bekes sexy Ex-Schwarm Paul (Steve Windolf) lindert, ist wie ein paar Knallchargen vom drolligen Dorf-Cop bis zum kiffenden Dorfschrat zwar aufgekochte Heimatkomödiensoße. In Europas größtem Obstanbaugebiet aber kommt das externe Staunen darüber ohne die branchenübliche Respektlosigkeit aus.
Elf Jahre, nachdem Ole Puppes Starreporter der ARD-Serie „Zwischen den Zeilen“ in einer Lokalredaktion stranden und seinen Zynismus pflegen musste, ist das echter Fortschritt. Den hatte auch Salonen im Sinn, als er Felicitas Woll in die härteste Bettszene ihrer Laufbahn schickte. Leider können weder Sex & Crime noch ihre Authentizität an der Oberflächlichkeit von „Blindspot“ viel ändern. Dafür ist die Eifersuchtsstory im Techmilieu viel zu spürbar auf Effekte gebürstet. Schade eigentlich. Felicitas Woll verdient bessere Bücher.
„Neuer Wind im Alten Land“ und „Blindspot“ laufen am Sonntag, 21. April, und Montag, 22. April, jeweils ab 20.15 Uhr im ZDF oder sind in der Mediathek streambar.