Die Amadeu Antonio Stiftung befürchtet eine Zunahme rechter Straftaten gerade auch mit Blick auf die bevorstehenden Kommunal- und Landtagswahlen in mehreren Bundesländern im Osten. Die Koordinatorin des Kompetenznetzwerks Rechtsextremismusprävention bei der Stiftung, Lisa Geffken, sagte der dpa: «Die Beratungsstellen schlagen Alarm.» Die Stiftung bekomme bereits mehr Anfragen zu Sicherheitsaspekten, etwa weil Veranstaltungen von Rechtsextremen bedroht worden seien. Daher blicke sie mit Sorge auch auf die bevorstehenden Wahlen.

Angriffe auf ein Wohnhaus und mehrere Wahlkreisbüros teils prominenter Politiker in Thüringen haben Besorgnis ausgelöst. Auch in Brandenburg beklagen zivilgesellschaftliche Organisationen Einschüchterungsversuche und Bedrohungen aus der rechten Szene. Es sei eine gezielte Taktik Rechtsextremer, die Zivilgesellschaft einzuschüchtern, gerade in Gegenden mit geringer Bevölkerungsdichte. «In kleinen Städten erfordert es deshalb mehr Mut, gegen rechts auf die Straße zu gehen», sagte Geffken.

Es seien bereits mehr Fälle gemeldet worden, bei denen Menschen auf der Straße bedroht worden seien, etwa mit Sätzen wie «Wir wissen, wo du wohnst und wo du arbeitest». Sogar Kinder seien auf dem Weg zur Schule angesprochen worden.

Angesichts der Bedrohungslage sei zu befürchten, dass Menschen ihr Engagement aufgeben, sich aus der Kommunalpolitik zurückziehen und öffentliche Ämter scheuen, sage Geffken. «Das ist ein großer Schaden für die Demokratie.» Es könne zu den Wahlen auch dazu kommen, dass Parteien nicht genügend Kandidaten finden.

Es sei wichtig, dass die Polizei mit genügend Kräften die Sicherheit von Demonstrationen und anderen Veranstaltungen gewährleiste und Anzeigen ernst nehme. Schon jetzt benötigten Veranstaltungen im Zusammenhang mit dem Thema Rechtsextremismus teils private Security. «Die Kosten sind eine Mehrbelastung für die Träger.» Vor den Kommunalwahlen im Frühsommer forderte auch der Ostbeauftragte Carsten Schneider mehr Schutz für Lokalpolitikerinnen und Lokalpolitiker.

Die Amadeu Antonio Stiftung hatte im vergangenen Sommer mit Blick auf die rechte Szene im Spreewald ein düsteres Bild gezeichnet: «Um die Hoheit zu gewinnen und zu behalten, schrecken Rechtsextreme hier nicht vor Gewalt zurück. Wer hier über Rechtsextremismus spricht und diesen als Problem benennt, macht sich selbst zum Ziel von Anfeindungen, Drohungen und Gewalt.» Es ging dabei auch um rechte Vorfälle an einer Schule in dem Spreewald-Ort Burg.

Die Stiftung ist eine bundesweite Einrichtung, die seit ihrer Gründung 1998 Rechtsextremismus und Rassismus entgegentritt. Im Jahr 1990 hatten Neonazis in Eberswalde den jungen Angolaner Amadeu Antonio KIowa zu Tode gehetzt. Er war eines der ersten Opfer rechter Gewalt im wiedervereinigten Deutschland.

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