München – Es ist Anfang März, der kalendarische Frühlingsanfang noch mehr als zwei Wochen entfernt. Zweifel und Krisen schießen beim FC Bayern den gesamten Winter über schon ins Kraut. Spekulationen und Gerüchte blühen wie an der Säbener Straße. Und die Träume? Von Titeln und Erfolgen? Unrealistisch, unter der Grasnarbe. Aber noch vorhanden. Wunder soll es ja immer wieder geben.

Für den FC Bayern und Thomas Tuchel geht es um die gesamte Saison

Ein Weiterkommen im Achtelfinale der Champions League gegen Lazio Rom, den Tabellenneunten der italienischen Serie A, der zuletzt drei von vier Partien verlor, soll ein Wunder sein? Nicht auf dem Papier, nicht einmal nach dem 0:1 vor drei Wochen im Hinspiel in Rom. Thomas Müller, der Vize-Kapitän, spricht von einer “machbaren Aufgabe”. Doch diese Bayern, mit nur einem Erfolg in den letzten fünf Pflichtspielen, Status verunsichert bis taumelnd? Diese Konstellation mit Team und Trainer Thomas Tuchel, die explosive, ja teils toxische Züge trägt?

Das Erreichen des Viertelfinales wäre unter diesen Gesichtspunkten ein Wunder. Am Dienstagabend (21 Uhr, Prime Video und im AZ-Liveticker) steigt in der Allianz Arena ein K.o.-Spiel im wahrsten Sinne des Begriffes. Es geht einerseits um eine zweistellige Millionen-Summe an Uefa-Prämien und TV-Einnahmen, aber noch wichtiger: Um Ziele und Träume, um den letzten realistischen Titel, im Grunde um die gesamte Saison – und um den Trainer.

Tuchel: “Wir brauchen ein emotionalisiertes Stadion”

Die Zündschnur ist gelegt. Fragt sich nur, ob es zu einer Explosion, zu einer ungeahnten Leistungssteigerung im rechten Moment oder zu einer Implosion kommt. Dem Verein würde bei einer Pleite bereits im Achtelfinale (nach drei Viertelfinal-Ausscheiden hintereinander) die Zerreißprobe drohen. Soll, ja muss man dann den zuletzt trotzigen, teils zynischen Chefcoach sofort entlassen, um das Binnenklima im Klub wie in der Kabine zu retten? Trotz der getroffenen Vereinbarung, den Weg bis zum Saisonende weiterzugehen? Aber eben nicht auf Biegen und Brechen.

Doch noch lebt sie, die Chance für den FC Bayern auf das 15. Königsklassen-Viertelfinale in den vergangenen 18 Jahren. Ein großes Spiel gegen Lazio, ein Festtag in der Champions League soll den Umschwung bringen – getragen von den Fans. “Wir brauchen ein emotionalisiertes Stadion, dafür müssen wir sorgen”, sagt Tuchel.

Thomas Müller peitscht ein: “Am Dienstag geht’s rund, mit Herz und Hirn”

Urbayer Müller, der Chef-Optimist der zuletzt bröckelnden Mia-san-mia-Tradition, ist “davon überzeugt, dass wir marschieren werden wie die Feuerwehr. Am Dienstag geht’s rund, mit Herz und Hirn”, schrieb er in seinem Newsletter und rief seinen Mitspielern und den Fans “Pack ma’s!” zu. Das erhoffte “Knistern in der Luft” (Müller) liegt auch an der Besonderheit des Moments, der Fallhöhe.

“Es geht um Energie, Mentalität und den Hunger, wie sehr wir es wollen. Wir haben die Qualität, die Situation umzudrehen”, sagte Alphonso Davies. “Wir sind zusammen in dieser Phase, stecken aktuell ein wenig in der Sch… und müssen zusammen da rauskommen”, so Matthijs de Ligt über die komplizierte Situation des Teams mit Tuchel als Trainer auf Zeit.

Thomas Tuchel weiß: “Die Zeit ist auf der Seite von Lazio”

Der Chefcoach selbst gab sich nach außen hin gelassen, sprach auf der Pressekonferenz am Montagnachmittag gefasst und entschlossen über den Tag X: “Zu einer Top-Leistung gehört auch ein gewisser Druck. Wir sollten aber nicht erwarten, dass sich alles superleicht anfühlt.” Sein Auftrag an die Mannschaft: “Wir haben keine Zeit zu verlieren, können nicht warten, bis wir angreifen, den Ball in die Spitze spielen. Die Zeit ist auf der Seite von Lazio. Wir brauchen einen Mix aus einem kühlen Kopf und Emotionalität.” Und rein ergebnistechnisch “einen Sieg mit zwei Toren Unterschied gegen eine italienische Mannschaft, das ist eine große Herausforderung”, weiß Tuchel. Ob in 90 Minuten plus x oder samt Verlängerung.

Und wie sehr spürt er den Druck vor seinem möglicherweise letzten Spiel in der nicht einmal einjährigen Amtszeit? Tuchel: “Es kann sich jeder sicher sein, dass es niemanden gibt, der mehr Ehrgeiz hat, das Spiel zu gewinnen als ich.” Na dann. Forza, Thomas!





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